Schlaflos durch COVID-19
Schon vor COVID-19 litten viele Menschen unter Schlafstörungen und im Zuge der Pandemie ist der Anteil der Betroffenen weiter gestiegen. Dabei sind die Schlafprobleme einerseits durch die psychisch belastende Gesamtsituation bedingt, anderseits können sie auch direkte Folge von COVID-19 sein. So kann es während und infolge der Erkrankung zu Schlafstörungen kommen, erläutert die Schlafforscherin Dr. Anna Heidbreder von der Medizinischen Universität Innsbruck.
Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat sich das Schlafverhalten vieler Menschen verändert, wobei Stress, Sorgen und Ängste sowie der veränderte Tagesablauf eine wesentliche Rolle spielen. Zudem zeigen viele während der Erkrankung und in der Zeit danach erhebliche Beeinträchtigungen ihres Schlafs, berichtet die Expertin. Dies könne die Betroffenen in ihrem Alltag zusätzlich belasten.
Schlafstörung als Folge von COVID-19
Schon relativ früh im Pandemie-Verlauf wurden erste Studien veröffentlicht, die Schlafstörungen als eine Folge von COVID-19 identifizierten. Dies hat sich mittlerweile vielfach bestätigt, betont Dr. Anna Heidbreder. Weltweit sei in einer ganzen Reihe von Arbeiten nachgewiesen worden, dass es während und infolge von COVID-19 zu Schlafstörungen kommen kann.
„Auch an unserer Ambulanz melden sich immer noch Patientinnen und Patienten, die in Folge einer COVID-Erkrankung schlaflos geworden sind“, so die Schlafforscherin. Die Insomnie zeige sich dabei vorwiegend als Einschlafstörung, zu frühes Aufwachen oder als nicht erholsamer Schlaf.
Traumatische Erfahrung
Zwar sind die Ursachen der Schlafstörungen vielfältig, doch könne in vielen Fällen ein Zusammenhang mit der SARS-Cov-2-Infektion beobachtet werden. Beispielsweise bilde die Erkrankung an COVID-19 für viele Betroffene eine sehr traumatische Erfahrung. „Dies betrifft natürlich Patientinnen und Patienten, die auf einer Intensivstation gelegen haben, aber auch andere mit vermeintlich minder schweren Verläufen“, erläutert Dr. Heidbreder.
Die Stressbelastung könne zu einem Zustand von vermehrten sogenannten Arousals (intrinsische Mikro-Weckreaktionen) führen, so die Expertin. Hier seien die Schlafstörungen demnach als Trauma-Folge zu sehen. Oft würden die Betroffenen begleitend auch von Albträume geplagt.
Grundsätzlich werden Schlafstörungen oft durch Stress ausgelöst und Ausnahmesituationen wie die Erkrankung an COVID-19 können unterschiedliche Gefühle wie zum Beispiel Besorgnis, Verunsicherung oder Angst auslösen, was Betroffene in einen Stresszustand versetzt, erläutert die Schlafforscherin.
Zentrales Nervensystem beteiligt?
Neben der Traumatisierung und dem Stress können jedoch auch andere Faktoren die Schlafstörungen bei COVID-19 bedingen. So haben sich in Studien zum Beispiel Hinweise darauf ergeben, dass eine Beteiligung des zentralen Nervensystems eine Rolle spielen könnte.
„Unsere Gruppe in der Neurologie konnte eine kleine Anzahl von Patientinnen und Patienten im Schlaflabor untersuchen“ und „ein unerwarteter Befund war hier, dass ein Teil eine Auffälligkeit im REM-Schlaf aufgewiesen hat“, berichtet Dr. Heidbreder. Im REM-Schlaf sei bei diesen Patientinnen und Patienten der Muskeltonus nicht aufgehoben gewesen (wie es normalerweise der Fall ist), sondern eine vermehrte muskuläre Aktivität vorhanden geblieben.
„Dies könnte ein möglicher Hinweis darauf sein, dass die SARS-Cov-2-Erkrankung bei diesen tatsächlich das zentrale Nervensystem mit betrifft. Ob dies auf Dauer so bleibt, kann man naturgemäß noch nicht sagen, da Langzeitbeobachtungen fehlen“, erläutert die Expertin.
Pandemie-Situation beeinträchtigt den Schlaf
Neben den direkt durch COVID-19 bedingten Schlafstörungen sind laut Dr. Heidbreder auch Schlafstörungen aufgrund der „oft existenzbedrohenden beruflichen und wirtschaftlichen Konsequenzen“ eine Folge der Pandemie. Zudem hätten neue wissenschaftliche Untersuchungen aus Singapur gezeigt, dass die Mobilitätsrestriktionen Auswirkungen auf den Schlaf und die zirkadianen Rhythmen haben und vergleichbare Effekte seien durch verminderte Tageslichtexposition festzustellen.
Auch Verbesserungen beim Schlaf feststellbar
Es sind jedoch nicht bei allen Menschen negative Effekte der Pandemie auf den Schlaf festzustellen und manche schlafen tatsächlich mehr, da sie durch die COVID-19-bedingten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und das Homeoffice mehr Zeit zum Schlafen haben, erläutert die Expertin. „Eine Umfrage von Brigitte Holzinger vom Wiener Institut für Bewusstseins- und Traumforschung und ihrem Team hat genau dies gezeigt: Manche Patientinnen und Patienten konnten endlich besser ausschlafen“, so Dr. Heidbreder.
Was tun gegen die Schlafstörungen?
Wer nicht an COVID-19 erkrankt ist, aber Schlafstörungen im Zuge der Pandemie entwickelt hat, kann mit verschiedenen Maßnahmen versuchen dagegen anzugehen. „Einige einfache Gewohnheiten können Ihnen helfen, einen guten Schlaf zu bekommen“, betont Dr. Rébecca Robillard, Co-Direktorin des Schlaflabors der School of Psychology an der University of Ottawa, die mit ihrem Team bereits im vergangenen Jahr die Veränderungen des Schlafverhaltens im Zuge der Pandemie an mehr als 5.000 Freiwilligen untersucht hatte.
Die Schlafforscherin empfiehlt unter anderem:
- täglich zur gleichen Zeit aufstehen – auch am Wochenende,
- sechs Stunden vor dem Schlafengehen kein Koffein, Nikotin oder Alkohol mehr,
- regelmäßige Bewegung, aber Sport eher morgens oder nachmittags,
- zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen einen Spaziergang.
(fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Innsbruck: „Während und in Folge einer COVID-19-Erkrankung kann es zu Schlafstörungen kommen.“ (veröffentlicht 16.03.2021), i-med.ac.at
Wichtiger Hinweis:
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