Welche Strecke können Viruspartikel zurücklegen?
Die Verbreitung von COVID-19 soll durch verschiedene Maßnahmen eingeschränkt werden, beispielsweise die Einhaltung von ausreichend Abstand und das Tragen von Masken. Aber wie sinnvoll sind solche Regelungen? Wie weit werden Viruspartikel durch die normale Atmung transportiert und wie stark reduziert das Tragen einer Maske die von den Partikeln zurückgelegte Strecke?
Mechanismus des Virustransports wurden untersucht
Zur Minimierung der COVID-19-Übertragung werden die Einhaltung von Abstand zu Mitmenschen und das Tragen von Schutzmasken angeraten, wobei der Effekt anhand der Ergebnisse verschiedener Untersuchungen abgeschätzt wurde. Eine aktuelle Studie unter Beteiligung von Forschenden der international hoch anerkannten Harvard University hat nun den genauen Mechanismus des Virustransports von einer Person zur anderen untersucht, um hier eindeutige Aussagen zu ermöglichen. Die entsprechenden Studienergebnisse wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Physics of Fluids“ publiziert.
Bewegung von Speicheltröpfchen durch normale Atmung?
Bei der neuen Untersuchung zeigte sich, dass in geschlossenen Räumen bereits durch normales Atmen ohne Maske Speicheltröpfchen innerhalb eines Zeitraums von lediglich 90 Sekunden eine Strecke von 2,2 Metern zurücklegen können. Diese Speicheltröpfchen können gefährliche Viruspartikel enthalten, durch die Menschen mit COVID-19 angesteckt werden, so das Team.
Reduzierung der zurückgelegten Strecke von Speicheltröpfchen
Wenn Menschen allerdings eine Gesichtsmaske tragen, reduziert sich die zurückgelegte Entfernung der Speicheltröpfchen deutlich. Nach einem Zeitraum von zwei Minuten legten die durch eine Maske eingeschränkten Speicheltröpfchen lediglich 0,72 Meter zurück, erläutern die Forschenden. Diese Stecke ist geringer, als der zum Schutz vor COVID-19 empfohlene Sicherheitsabstand zu anderen Personen.
Bei der Studie wurden Computersimulationen verwendet, die wesentlich realistischer waren, als die Computermodelle, welche in früheren Studien Anwendung fanden. Frühere Untersuchungen befassten sich vorrangig mit dem Aerosoltransport nach Husten oder Niesen, während diese Studie speziell die normale menschliche Atmung betrachtete, berichten die Fachleute.
Ein normaler Atemzug erzeugt eine Art periodischer Luftströme, welche Speicheltröpfchen enthalten, aber die Geschwindigkeit, mit der sich der Luftstrom bewegt, beträgt weniger als ein Zehntel der Geschwindigkeit eines Hustens oder Niesens, erklärt das Team. Die Forschenden stellten allerdings auch fest, dass auch normales Atmen ein komplexes Feld von Wirbeln erzeugt, welches Speicheltröpfchen vom Mund wegbewegen kann. Die Rolle dieser Wirbel sei in der Vergangenheit noch nicht auseichend berücksichtigt worden.
Gefahr durch Atmung ohne Maske
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die normale Atmung ohne Gesichtsmaske periodische nachlaufende Ströme und vorlaufende zirkuläre Wirbelringe erzeugt, welche sich vorwärts ausbreiten und mit den Wirbelströmungsstrukturen interagieren, die in den vorangegangenen Atemzyklen erzeugt wurden”, erklärt Studienautor Ali Khosronejad.
Wirbelfeld kann Aerosoltröpfchen weit transportieren
Dieses komplexe Wirbelfeld kann Aerosoltröpfchen über weite Strecken transportieren. Eine Gesichtsmaske zerstreut die kinetische Energie des vom ausgeatmeten Atem erzeugten Stroms, wodurch die Wirbel unterbrochen werden und die Bewegung der virusbeladenen Tröpfchen eingeschränkt wird, so das Team.
Speicheltröpfchen sanken tagelang nicht auf Boden
Die Forschenden analysierten bei ihrer Untersuchung auch den Effekt der Verdunstung von Speicheltröpfchen. Ohne Maske waren die Speicheltröpfchen nahe der Vorderseite der sogenannten Ausatmungsfahne teilweise verdampft. Die Speicheltröpfchen erreichten dabei eine Größe von lediglich einem Zehntel Mikrometer. Das Team erklärt hierzu, dass sich in stagnierender Raumluft Tröpfchen dieser Größe tagelang nicht auf dem Boden absetzen würden.
Vorteile des Tragens einer Maske
Durch die Verwendung einer Maske wird der ausgeatmete Atem teilweise nach unten umgeleitet und die Vorwärtsbewegung der Abluftfahne deutlich eingeschränkt, berichten die Fachleute. Dies reduziere das Risiko erheblich, dass schwebende Tröpfchen in der Luft verbleiben.
„Um den Atmungsprozess zu vereinfachen, haben wir den Fluss des Luft-Speichel-Gemisches durch die Nase nicht berücksichtigt und nur den Fluss durch den Mund berücksichtigt. In zukünftigen Studien werden wir den Effekt der normalen Atmung sowohl über die Nase als auch über den Mund untersuchen“, fügt Studienautor Khosronejad in einer Pressemitteilung hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ali Khosronejad, Seokkoo Kang, Fabian Wermelinger, Petros Koumoutsakos, Fotis Sotiropoulos: A computational study of expiratory particle transport and vortex dynamics during breathing with and without face masks, in Physics of Fluids (veröffentlicht 08.06.2021), Physics of Fluids
- American Institute of Physics: Normal breathing sends saliva droplets 7 feet; masks shorten this (veröffentlicht 09.06.2021), American Institute of Physics
Wichtiger Hinweis:
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