Geringeres Sterberisiko bei schwerem COVID-19 durch Fluoxetin?
Amerikanische Patientinnen und Patienten, die wegen einem schweren COVID-19-Verlauf in einer Klinik behandelt werden mussten, hatten laut einer aktuellen Studie höhere Überlebenschancen, wenn Antidepressiva des Typs selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) eingenommen wurden.
Forschende der Stanford University School of Medicine und der University of California (UC), San Francisco (USA) stellten im Rahmen einer aktuellen Studie fest, dass Betroffene mit schweren COVID-19-Verläufen gegenüber einer Kontrollgruppe bessere Überlebenschancen hatten, wenn sie SSRI-Antidepressiva, insbesondere Fluoxetin, einnahmen. Die Ergebnisse der Analyse von Krankenakten aus 87 Klinken in den USA wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „JAMA Network“ vorgestellt.
Können SSRI-Antidepressiva schwere COVID-19-Verläufe beeinflussen?
Menschen, die schwer an COVID-19 erkrankten und SSRI-Antidepressiva wie Fluoxetin oder Fluvoxamin erhielten, starben seltener an der SARS-CoV-2-Infektion als Menschen, die keine SSRI-Antidepressiva einnahmen, berichtet das Team. Die Ergebnisse der aktuellen Studie fügen sich laut der Arbeitsgruppe in eine Reihe von Belegen ein, die darauf hindeuten, dass selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eine positive Wirkung auf den Verlauf von schwerem COVID-19 haben könnten.
Ursache der positiven Wirkung unbekannt
„Wir können nicht sagen, ob die Medikamente diese Wirkungen verursachen, aber die statistische Analyse zeigt einen signifikanten Zusammenhang“, bestätigt Professorin Marina Sirota von der UC San Francisco.
Fast 30 Prozent reduziertes Sterberisiko bei Fluoxetin-Einnahme
Die Forschenden analysierten elektronische Gesundheitsakten von 83.584 erwachsene Patientinnen und Patienten, bei denen zwischen Januar und September 2020 COVID-19 diagnostiziert wurde. 3.401 Personen dieser Kohorte erhielten SSRI-Antidepressiva.
Die Ergebnisse zeigen, dass Betroffene, die Fluoxetin einnahmen, ein um 28 Prozent geringeres Sterberisiko hatten. Die Einnahme von Fluvoxamin war mit einem reduzierten Sterberisiko um 26 Prozent verbunden. Andere SSRI-Antidepressiva reduzierten das Sterberisko durch COVID-19 um durchschnittlich acht Prozent gegenüber der Kontrollgruppe, die keine SSRI einnahmen.
„Die Ergebnisse sind ermutigend“, betont Tomiko Oskotsky aus dem Forschungsteam. Es sei wichtig, so viele Optionen wie möglich für die Behandlung einer Krankheit wie COVID-19 zu finden, da es sein könne, dass bestimmte Medikamente nur von bestimmten Personen vertragen werden oder nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Krankheitsverlauf wirksam sind.
Elektronische Krankenakten beschleunigten die Analyse
Die Daten aus den elektronischen Krankenakten haben es der Arbeitsgruppe ermöglicht, schnell nach vorhandenen Medikamenten zu suchen, die für die Behandlung von COVID-19 oder anderen Erkrankungen umgewidmet werden könnten. Zudem ermöglichten die elektronischen Krankenakten einen schnellen Vergleich verschiedener Gruppen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Tomiko Oskotsky, Ivana Marić, Alice Tang, et al.: Mortality Risk Among Patients With COVID-19 Prescribed Selective Serotonin Reuptake Inhibitor Antidepressants; in: JAMA Network, 2021, jamanetwork.com
- The University of California: COVID Patients on SSRI Antidepressants Are Less Likely to Die, UCSF-Stanford Study Finds (veröffentlicht: 15.11.2021), ucsf.edu
- Deutsche Ärzteblatt: COVID-19: Auch Fluoxetin könnte vor schweren Verläufen schützen (veröffentlicht: 16.11.2021), aerzteblatt.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.