Warum nach COVID-19 der Geruch beeinträchtigt werden kann
Geruchsverlust oder eine Beeinträchtigung des Geruchssinns sind typische Symptome von COVID-19. Bei manchen Personen halten diese Beschwerden an, obwohl die Krankheit längst überstanden ist. Ein amerikanisches Forschungsteam fand nun die Ursache für diese Langzeitbeschwerden.
Forschende des Duke University Medical Center in Durham, North Carolina (USA) haben einen Mechanismus entschlüsselt, der erklärt, warum es nach COVID-19 zu einer lange anhaltenden Beeinträchtigung des Geruchs kommen kann. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommieren Fachjournal „Science Translational Medicine“ vorgestellt.
Autoimmun-artige Reaktion in der Nase nach COVID-19
Demnach ist der Grund, warum manche Menschen ihren Geruchssinn nach COVID-19 nicht sofort wiedererlangen, ein lange anhaltender Immunangriff auf die Nervenzellen des Geruchsinns. Während dieser autoimmun-artigen Reaktion schrumpft die Anzahl der Zellen, die für den Geruchssinn verantwortlich sind.
Die Arbeitsgruppe untersuchte zwar nur die Immunangriffe in der Nase, die entdeckten Mechanismen legen jedoch nahe, dass auch andere Long-COVID-Symptome wie Müdigkeit, Kurzatmigkeit und Konzentrationsschwäche auf eine ähnliche Ursache zurückzuführen sind.
Verlust des Geruchssinns zählt zu den ersten Symptomen
„Eines der ersten Symptome, das typischerweise mit einer COVID-19-Infektion in Verbindung gebracht wird, ist der Verlust des Geruchssinns“, betont Studienerstautor Professor Dr. Bradley John Goldstein.
Geruchssinn erholt sich meistens innerhalb von zwei Wochen
„Glücklicherweise erholen sich viele Menschen, deren Geruchssinn in der akuten Phase einer Virusinfektion beeinträchtigt ist, innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen wieder, aber manche nicht“, berichtet der Wissenschaftler.
Bei manchen Personen hält der Geruchsverlust an
Um herauszufinden, warum der Geruchsverlust bei manchen Personen so langwierig ist, analysierte das Team 24 Biopsie-Proben. Neun dieser Proben stammten von Personen, die nach COVID-19 einen lange anhaltenden Geruchsverlust entwickelten.
Entzündungsreaktion im Nasengewebe
Dabei entdeckten die Forschenden in den Proben der Teilnehmenden mit Geruchsverlust eine weit verbreitete Infiltration von T-Zellen, die eine Entzündungsreaktion in dem Riechepithel auslösten. Das Riechepithel ist ein spezialisiertes Gewebe in der Nase für die Wahrnehmung von Gerüchen. Der entdeckte Entzündungsprozess hielt an, obwohl keine Coronaviren mehr nachweisbar waren.
„Es ähnelt fast einem autoimmunähnlichen Prozess in der Nase“, bestätigt Goldstein.
Grundlage für Behandlungen geschaffen
Die Arbeitsgruppe konnte dokumentieren, welche Zellen in der Nase geschädigt werden und welche Zelltypen an der Reaktion beteiligt sind. Das sei ein wichtiger Schritt für die Entwicklung geeigneter Behandlungsmethoden.
Nasenzellen scheinen sich zu erholen
Ermutigend sei zudem, dass die Neuronen in der Nase trotz der lange anhaltenden Angriffe eine gewisse Reparaturfähigkeit zu behalten scheinen. Dies deute darauf hin, dass die Geruchsverluste in den allermeisten Fällen nicht permanent sind.
„Wir hoffen, dass die Reparaturprozesse in der Nase dazu beitragen, den Geruchssinn zumindest teilweise wiederherzustellen“, so Goldstein.
Gleicher Mechanismus bei anderen Langzeitbeschwerden?
Die Ergebnisse der Studie könnten darüber hinaus auch von Bedeutung für andere Long-COVID-Symptome sein. Die Arbeitsgruppe hält es für wahrscheinlich, dass ähnliche Entzündungsreaktionen für die Langzeitbeschwerden verantwortlich sind. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bradley Goldstein, et al.: Persistent post–COVID-19 smell loss is associated with immune cell infiltration and altered gene expression in olfactory epithelium; in: Science Translational Medicine (2022), science.org
- Duke University Medical Center: Scientists Find Key Reason Why Loss of Smell Occurs in Long COVID-19 (veröffentlicht: 21.12.2022), headnecksurgery.duke.edu
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.