Gründe für vermehrte schwere COVID-19-Verläufe bei Herzerkrankungen
Unter den schweren COVID-19-Verläufen, die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst werden, findet man besonders häufig Menschen mit Herzerkrankungen. Bislang wurde dieser Zusammenhang nur beobachtet. Ein amerikanisches Forschungsteam fand nun die ersten Gründe für diese Verbindung.
Ein Forschungsteam der renommierten Mayo Clinic in den USA liefert wichtige Hinweise über den Zusammenhang zwischen Herzerkrankungen und schweren COVID-19-Verläufen und warum herzkrankte Personen ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe aufweisen. Die Studie wurde als Pre-Proof in dem Fachjournal „Mayo Clinic Proceedings“ veröffentlicht.
Mehr ACE-2-Rezeptoren bei bestimmten Herzerkrankungen
Mehrere Auswertungen zeigten bereits, dass unter den schweren COVID-19-Verläufen häufig Menschen mit bestimmten Herzkrankheiten zu finden sind. Das Team der Mayo Clinic fand nun eine mögliche Erklärung für diesen Zusammenhang. Die neusten Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass bei Patientinnen und Patienten mit einer obstruktiven hypertrophen Kardiomyopathie die Produktion des ACE2-Proteins im Herzen erhöht ist. Genau dieses Protein benötigt SARS-CoV-2, um in die Zellen zu gelangen.
Doppelt negativer Effekt
Im Normalfall versucht das Herz, durch die erhöhte Produktion krankheitsbedingte Veränderungen zu kompensieren. Die erhöhte Anzahl der ACE2-Rezeptoren bietet dem Virus aber gleichzeitig mehr Angriffspunkte. Das habe laut den Fachleuten der Mayo Clinic gleich zwei negative Folgen. Denn das Virus kann zum einen häufiger in die Zellen eindringen und belegt gleichzeitig einen schützenden Signalweg, der normalerweise dem negativen Einfluss des Hormons Angiotensin II entgegenwirkt. Dieses Hormon erhöht den Blutdruck und führt zu Flüssigkeitsansammlungen.
Die Forschenden analysierten Proben von Herzmuskelgeweben von 106 Betroffenen, die wegen obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie (HCM) operiert wurden. Zudem wurden als Kontrollgruppe 39 gesunde Spenderherzen untersucht. „Von allen RNA-Transkripten im gesamten menschlichen Genom zeigte unsere Forschung, dass das am stärksten hochregulierte RNA-Transkript im Herzmuskel ACE2 war“, fasst der Kardiologe Dr. Michael Ackerman zusammen.
Fünffacher Anstieg des ACE2-Proteinspiegels
„Tatsächlich bestätigten wir bei diesen Patienten mit obstruktiver HCM einen fünffachen Anstieg des ACE2-Proteinspiegels im Herzmuskel“, so der Herzexperte. Dies sei eine mögliche Erklärung dafür, warum COVID-19-Erkrankte mit bestimmten Herzerkrankungen ein höheres Risiko für schwere Verläufe haben.
Gilt dies für alle Herzerkrankungen?
Der Effekt wurde bislang nur bei obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie bestätigt. Im nächsten Schritt plant das Team diesen Zusammenhang bei anderen Herzkrankheiten wie beispielsweise bei Bluthochdruck zu überprüfen. Die Forschenden schlagen zudem vor, den ACE2-Spiegel im Lungengewebe von COIVD-19-Verstorbenen zu überprüfen, um festzustellen, ob dieser höher als bei gesunden Personen ist. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Mayo Clinic: Physicians, scientists and physician-scientists connect dots between heart disease, potential for worse COVID-19 outcomes (27.04.2020), newsnetwork.mayoclinic.org
- J. Martijn Bos, Virginia B. Hebl, Ann L. Oberg, u.a.: Marked Up-Regulation of ACE2 in Hearts of Patients with Obstructive Hypertrophic Cardiomyopathy: Implications for SARS-CoV-2-Mediated COVID-19; in: Mayo Clinic Proceedings, 2020, mayoclinicproceedings.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.