Wie sicher sind Booster-Impfungen?
In einer neuen Studie wurde untersucht, wie sicher und effektiv verschiedene COVID-19-Booster-Impfungen nach einer vorherigen Impfung mit zwei Dosen AstraZeneca oder BioNTech sind. Bisher gab es nur wenig Daten über die vergleichbare Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen und die von ihnen ausgelösten Immunreaktionen, wenn sie als dritte Dosis verabreicht werden.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Fachleuten des University Hospital Southampton NHS Foundation Trust wurde festgestellt, dass sechs verschiedene COVID-19-Auffrischungsimpfstoffe starke Immunreaktionen bei Personen auslösen, die zuvor zwei Dosen ChAdOx1-nCov19 (Oxford-AstraZeneca [ChAd]) oder BNT162b2 (Pfizer-BioNTech [BNT]) erhalten haben. Die Studienergebnisse können in dem englischsprachigen Fachblatt „The Lancet“ nachgelesen werden.
Schutzwirkung von AstraZeneca und BioNTech
ChAd wird mittlerweile in mehr als 180 Ländern verwendet und BNT in mehr als 145 Ländern, so die Fachleute. Es habe sich in verschiedenen Studien bereits gezeigt, dass zwei Dosen ChAd und BNT für sechs Monate einen Schutz von 79 Prozent bzw. 90 Prozent vor Krankenhausaufenthalten und Todesfällen aufgrund von COVID-19 bieten.
Warum gibt es Booster-Impfungen?
Allerdings lasse der Schutz vor einer COVID-19-Infektion mit der Zeit nach. Aus diesem Grund werden Auffrischungsimpfungen erwogen, um die am stärksten gefährdeten Personen zu schützen, den Druck auf die Gesundheitsdienste zu verringern und die wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern, erläutern die Forschenden. Bisher gab es jedoch nur wenig Daten über die vergleichbare Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen als verabreichte dritte Dosis und die von ihnen ausgelösten Immunreaktionen gibt. Hier sollte die aktuelle Untersuchung nun Licht ins Dunkel bringen.
Welche Impfstoffe wurden untersucht?
Die Studie untersuchte die Sicherheit, die Immunreaktion (Immunogenität) und die Nebenwirkungen (Reaktogenität) von sieben Impfstoffen, welche als dritte Booster-Impfung verabreicht wurden. Bei diesen untersuchten Impfstoffen handelte es sich um ChAd, BNT, NVX-CoV2373 (Novavax [NVX]), Ad26.COV2.S (Janssen [Ad26]), Moderna [mRNA1273], VLA2001 (Valneva [VLA]) und CVnCov (Curevac [Cvn]), berichten die Fachleute.
Booster-Impfungen sind sicher
„Die Daten zu den Nebenwirkungen zeigen, dass alle sieben Impfstoffe in der dritten Dosis sicher angewendet werden können, mit akzeptablen Werten bei entzündlichen Nebenwirkungen wie Schmerzen an der Injektionsstelle, Muskelkater und Müdigkeit. Während bei allen die Immunogenität des Spike-Proteins nach zwei Dosen von AstraZeneca erhöht war, war dies nach zwei Dosen von Pfizer-BioNTech nur bei AstraZeneca, Pfizer-BioNTech, Moderna, Novavax, Janssen und Curevac der Fall”, erläutert Studienautor Professor Saul Faust vom University Hospital Southampton NHS Foundation Trust in einer Pressemitteilung.
Es sei ermutigend, dass eine breite Palette von Impfstoffen, welche unterschiedliche Technologien verwenden, als dritte Dosis Vorteile bei Impfungen mit AstraZeneca oder Pfizer-BioNTech zeigen, so der Experte weiter. Der Mediziner weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass sich die Ergebnisse nur auf diese Impfstoffe als Booster-Impfungen zu den beiden Erstimpfungen und auf die von ihnen ausgelöste Immunreaktion nach 28 Tagen beziehen.
Langzeitwirkung von Booster-Impfungen?
„Weitere Arbeiten werden Daten drei Monate und ein Jahr nach der Auffrischungsimpfung liefern, die Aufschluss über die Auswirkungen auf den Langzeitschutz und das immunologische Gedächtnis geben werden“, berichtet Professor Faust. Es seien auch zwei der Impfstoffe bei Personen untersucht worden, welche erst eine spätere dritte Dosis nach sieben bis acht Monaten erhalten haben. Die zugehörigen Ergebnisse werden aber erst im nächsten Jahr vorliegen.
An der aktuellen Studie nahmen 2.878 gesunde Menschen teil. Alle Teilnehmenden waren im Alter von 30 Jahren oder älter und die Hälfte dieser Personen war im Alter von mindestens 70 Jahren. Die Teilnehmenden hatten ihre erste Dosis ChAd oder BNT im Dezember 2020, Januar oder Februar 2021 erhalten und die zweite Dosis bei ChAd mindestens 70 Tage und bei BNT mindestens 84 Tage vor der Aufnahme in die Studie, so die Forschenden.
In der randomisierten Phase-2-Studie mit sieben Booster-Impfstoffen erhielten sie die dritte Impfung dann zehn bis zwölf Wochen nach den ersten beiden Dosen von ChAd oder BNT.
Dreizehn Versuchs- und Kontrollarme der Studie (sieben Impfstoffe plus drei mit halber Dosis und drei Kontrollarme) wurden in drei Gruppen von Teilnehmenden aufgeteilt. Gruppe A erhielt NVX, eine halbe Dosis NVX, ChAd oder die Teilnehmenden gehörten zu einer Kontrollgruppe. Gruppe B erhielt BNT, VLA, eine halbe Dosis VLA, Ad26 oder die Teilnehmenden waren Teil einer Kontrollgruppe. Gruppe C erhielt Moderna, CVn, welches im Oktober des Jahres 2021 von der weiteren klinischen Entwicklung zurückgezogen wurde, eine halbe Dosis BNT oder die teilnehmenden Personen gehörten zur Kontrollgruppe.
Welches Ziel hatte die Untersuchung?
Ziel der Untersuchung war es, die unerwünschten Auswirkungen sieben Tage nach Erhalt einer Auffrischungsimpfung und die Konzentration von Antikörpern gegen das Spike-Protein auf der Oberfläche von COVID-19-Viruszellen nach 28 Tagen im Vergleich zur Kontrollgruppe zu bestimmten, berichten die Forschenden.
Zu den sekundären Ergebnissen gehörte die Reaktion der T-Zellen auf Wildtyp-, Alpha-, Beta- und Delta-Varianten von SARS-CoV-2. Diese Reaktion spielt laut den Forschenden eine Schlüsselrolle bei der Immunantwort auf die Virusinfektion und sei wichtig für die Kontrolle des Schweregrads der Erkrankung. Es ist bekannt, dass sowohl die antikörpervermittelte Immunität als auch die T-Zell-Reaktion für die Wirksamkeit des Impfstoffs relevant sind, so das Team.
Signifikante T-Zell-Antworten festgestellt
Der Anstieg der Antikörperspiegel gegen das Spike-Protein nach 28 Tagen fiel bei den verschiedenen Impfstoffen unterschiedlich aus. Nach zwei Dosen ChAd reichten sie vom 1,8-fachen bis zum 32,3-fachen, je nach verwendetem Auffrischungsimpfstoff, berichten die Fachleute. Nach zwei Dosen BNT lag die Spanne zwischen dem 1,3-fachen und dem 11,5-fachen. Signifikante T-Zell-Antworten wurden in mehreren Kombinationen festgestellt.
Nach 28 Tagen waren die Ergebnisse aller Auffrischungsimpfungen bei Teilnehmenden im Alter von 30 bis 69 Jahren und bei Teilnehmenden im Alter von 70 Jahren oder älter ähnlich, so die Forschenden. Trotzdem seien die Auffrischungsdaten mit Vorsicht zu interpretieren, da sie sich eher auf die Immunogenität als auf den Schutz vor Krankheiten beziehen und die Beziehung zwischen den Antikörperspiegeln am Tag 28 und dem langfristigen Schutz sowie dem immunologischen Gedächtnis unbekannt sei.
Nebenwirkungen der Impfung
Die Reaktionen auf alle sieben Impfstoffe fielen ähnlich aus, wobei am häufigsten über Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schmerzen an der Injektionsstelle berichtet wurde. Am meisten waren solche Nebenwirkungen bei Personen im Alter von 30 bis 69 Jahren festzustellen. Bei 912 der 2.878 Teilnehmenden traten insgesamt 1.036 unerwünschte Ereignisse auf, von denen 24 schwerwiegend waren, berichten die Fachleute.
Vorteile von längerem Zeitraum zwischen Impfungen
Die Studie weist laut dem Team durchaus einige Einschränkungen auf. So sei der Abstand zwischen der zweiten und dritten Dosis aufgrund des Zeitdrucks in der Pandemie und der Notwendigkeit, Daten für die Entscheidungen im September 2021 zu generieren, bei einigen Teilnehmenden kürzer als zwischen den ersten beiden Dosen gewesen.
Mehrere Studien hätten jedoch gezeigt, dass ein längerer Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten Dosis die Immunogenität verbessern kann, einschließlich verbesserter Antikörperreaktionen, wenn die ersten BNT-Dosen im Abstand von zwölf Wochen statt von drei Wochen verabreicht werden. Dies könne bedeuten, dass der Anstieg der Immunität geringer ist als bei längeren Dosisabständen, was nach Aussage der Fachleute bereits untersucht wird.
Stärkere Immunreaktion bei jüngeren Menschen
Die Tatsache, dass nur Personen über 30 Jahre an der Studie teilnahmen, schränke zudem die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse auf jüngere Altersgruppen ein, da Studien im Allgemeinen gezeigt hätten, dass die Impfstoffe bei jüngeren Menschen tendenziell eine stärkere Immunreaktion hervorrufen und etwas häufiger zu unerwünschten Wirkungen führen, ergänzt das Team. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Alasdair P. S. Munro, Leila Janani, Victoria Cornelius, Parvinder K Aley, Gavin Babbage, et al.: Safety and immunogenicity of seven COVID-19 vaccines as a third dose (booster) following two doses of ChAdOx1 nCov-19 or BNT162b2 in the UK (COV-BOOST): a blinded, multicentre, randomised, controlled, phase 2 trial; in: The Lancet (veröffentlicht 02.12.2021), The Lancet
- The Lancet: THE LANCET: Six different COVID-19 boosters are safe and increase immunity when given after two doses of AstraZeneca or Pfizer-BioNTech, with large variations in immune responses, UK trial shows (veröffentlicht 02.12.2021), The Lancet
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.