COVID-19: Behandlung mit Blutverdünner
Schon seit dem Beginn der Pandemie wird mit hohem Tempo an Therapieoptionen gegen COVID-19 geforscht. Forschende berichten nun, dass ein Blutverdünner bei der Behandlung helfen kann. Demnach begrenzt Heparin, ein weit verbreitetes und kostengünstiges Medikament, Lungenschäden, wenn es von COVID-19-Erkrankten inhaliert wird.
Heparin ist ein gerinnungshemmendes Medikament (umgangssprachlich als Blutverdünner bezeichnet), das unter anderem zur Vorbeugung und Behandlung von Thrombosen verabreicht wird. Es kann auch bei der Behandlung von COVID-19 helfen, wie Forschende der Australian National University (ANU) nun in dem Fachmagazin „British Journal of Clinical Pharmacology“ berichten.
Atmung und Sauerstoffgehalt verbesserten sich
Die Forschenden koordinieren mehrere Studien zur Verfolgung von Krankenhauspatientinnen und -patienten in 13 Ländern, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind und die Heparin zum Inhalieren bekommen.
Wie der Leiter der ANU-Studie, Professor Frank van Haren, in einer Mitteilung erklärt, deuten erste Ergebnisse darauf hin, dass das Medikament „eine vielversprechende Behandlung“ und auch „eine mögliche Vorbeugung gegen das Virus“ sein könnte.
Atmung und Sauerstoffgehalt verbesserten sich bei 70 Prozent der Patientinnen und Patienten, nachdem sie eine Heparin-Kur bekommen hatten, und ihre Symptome verbesserten sich gemäß der COVID-Symptomskala der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
„Es besteht nach wie vor ein dringender Bedarf an einer wirksamen Behandlung von COVID-19, und die ersten Ergebnisse unserer Studien zeigen, dass inhaliertes Heparin sicher und wirksam ist“, so Professor van Haren.
„Dieses Medikament ist bereits in Krankenhäusern auf der ganzen Welt erhältlich und es ist ein sehr kostengünstiges Mittel. Wenn es so wirksam ist, wie unsere ersten Ergebnisse vermuten lassen, könnte es einen großen Einfluss auf unseren Kampf gegen COVID haben.“
Antiviral , entzündungshemmend und gerinnungshemmend
Heparin, das normalerweise per Injektion verabreicht wird, ist ein „Blutverdünner“, der weltweit zur Behandlung und Vorbeugung von Blutgerinnseln eingesetzt wird und weithin verfügbar ist.
Co-Autor Professor Clive Page vom King’s College London, der die globalen Studien mitleitet, erklärt in einer Mitteilung: „Inhaliertes Heparin hat antivirale Eigenschaften, die durch Bindung an die Spike-Proteine wirken, die das Coronavirus verwendet, um in die Körperzellen einzudringen. Eingeatmetes Heparin stoppt effektiv, dass das Virus Zellen in der Lunge infiziert, und könnte auch verhindern, dass Menschen das Virus von anderen bekommen.“
Er fügt hinzu, dass das Mittel auch entzündungshemmend wirkt und dass bekannt ist, dass Heparin Lungenschäden reduzieren kann, die durch Entzündungen verursacht werden, die durch eine übertriebene Immunantwort bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 entstehen.
„Es ist auch ein Blutverdünner. Wenn COVID-19-Patienten sehr krank werden, entwickeln sie Blutgerinnsel in der Lunge, die tödlich sein können. Heparin verhindert, dass sich diese Gerinnsel bilden. Es gibt kein anderes Medikament, das diese drei verschiedenen Wirkungen hat – antiviral , entzündungshemmend und gerinnungshemmend.“
Behandlung und Vorbeugung
Weil das Medikament antivirale Eigenschaften hat und das Immunsystem beruhigt, könnte es laut den Forschenden in verschiedenen Phasen der Behandlung eingesetzt werden. Heparin zum Inhalieren ist auch als Präventivmittel vielversprechend und könnte verwendet werden, um die Impfbemühungen zu verstärken.
„Die meisten COVID-Experten sind sich einig, dass die Impfung allein die Pandemie nicht stoppen wird. Heparin könnte in ärmeren Ländern, in denen die Impfung eine Herausforderung darstellt, wirklich hilfreich sein, und wir glauben, dass es den Mitarbeitern an vorderster Front helfen könnte, die sie als vorbeugende Maßnahme einsetzen könnten“, meint Professor van Haren .
„Inhaliertes Heparin ist eine vielversprechende neue Möglichkeit, eine kostengünstige, sichere und wirksame Behandlung von COVID-19 bereitzustellen, die für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf der ganzen Welt verfügbar und erschwinglich ist.“
Das Forschungsteam sammle jetzt weitere Beweise dafür, dass inhaliertes Heparin als Behandlung und Vorbeugung gegen COVID-19 wirkt. „Sobald wir diese Beweise haben, könnte Heparin per Inhalation eine Option sein, um COVID-19-Patienten überall innerhalb von Monaten zu behandeln“, sagt der Wissenschaftler. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Australian National University: The low-cost widely available drug that could fight COVID-19, (Abruf: 23.01.2022), Australian National University
- King’s College London: Low-cost drug Heparin effective and safe treatment for COVID-19, (Abruf: 23.01.2022), King’s College London
- Frank M. P. van Haren, Lex M. van Loon, Anne Steins, Thomas L. Smoot, Caitlin Sas, Sabrina Staas, Alicia B. Vilaseca, Ruben A. Barbera, Gustavo Vidmar, Hugo Beccari, Frida Popilevsky, Eleonora Daribayeva, Bhuvaneshwari Venkatesan, Susan Mozes, Rachel Postel, Natalie Popilevski, Andrew Webb, Quentin Nunes, John G. Laffey, Antonio Artigas, Roger Smith, Barry Dixon, Alice Richardson, Hwan-Jin Yoon, Clive Page: Inhaled nebulised unfractionated heparin for the treatment of hospitalised patients with COVID-19: A multicentre case series of 98 patients; in: British Journal of Clinical Pharmacology, (veröffentlicht: 04.01.2022), British Journal of Clinical Pharmacology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.