Risiko tödlicher COVID-19 Verläufe leicht zuhause kontrollierbar?
Das Risiko tödlicher COVID-19-Verläufe lässt sich laut einer aktuellen Studie an zwei Faktoren, die leicht zu Hause gemessen werden können, relativ gut eingrenzen. Abnormale Blutsauerstoffwerte und die Atemfrequenz sind starke Prädiktoren für die COVID-19-Mortalität, berichtet das Forschungsteam der University of Washington School of Medicine von seinen aktuellen Studienergebnisse.
Das Risiko schwerer oder gar tödlicher COVID-19-Verläufe wird durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst wie beispielsweise ein hohes Alter, bestehende Adipositas oder Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens. Allerdings sind diese nicht geeignet, um im Verlauf der Infektion das Mortalitätsrisiko zu überwachen. Die Forschenden haben in ihrer Studie nun nachgewiesen, dass die Kontrolle der Atemfrequenz und der Blutsauerstoffsättigung hier jedoch einen möglichen Ansatz bieten können. Veröffentlicht wurden ihre Studienergebnisse in dem Fachmagazin „Influenza and Other Respiratory Viruses“.
Prädiktoren für schwere COVID-19-Verläufe gesucht
In der Studie suchte das Forschungsteam bei 1.095 Patientinnen und Patienten im Alter von 18 Jahren und älter, die mit COVID-19 in Kliniken der UW Medicine in Seattle oder des Rush University Medical Center in Chicago eingeliefert wurden, nach möglichen Prädiktoren für die Schwere des Krankheitsverlaufs. Insbesondere wurde nach Zusammenhängen zwischen einzelnen Faktoren und den 197 verzeichneten Todesfällen gesucht.
Hypoxämie und Tachypnoe wichtige Hinweise
So stellten die Forschenden fest, dass Patientinnen und Patienten mit einem Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxämie) im Vergleich zu Betroffenen mit normalem Blutsauerstoffgehalt ein 1,8- bis vierfach höheres Sterberisiko aufwiesen, abhängig von den Blutsauerstoffwerten. In ähnlicher Weise sei das Sterberisiko bei Betroffenen mit Tachypnoe (schnelle Atemfrequenz) im Vergleich zu Betroffenen mit normaler Atemfrequenz erhöht gewesen (1,9- bis 3,2-fach höheres Mortalitätsrisiko), berichtet das Forschungsteam.
Andere klinische Symptome einschließlich der Körpertemperatur, der Herzfrequenz und des Blutdrucks, waren laut Aussage der Forschenden indes nicht mit der Sterblichkeit verbunden. Auffällig sei zudem gewesen, dass viele der Betroffenen mit Hypoxämie oder Tachypnoe bei ihrer Einlieferung ins Krankenhaus nicht über Kurzatmigkeit oder Atemnot berichteten. Die Messung der Sauerstoffsättigung und der Atemfrequenz zu Hause könne hier eine lebensrettende Maßnahme sein, betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Zusammenhang in COVID-19-Richtlinien berücksichtigen
Bisher ist der Zusammenhang zwischen dem Blutsauerstoff, der Atemfrequenz und der COVID-19-Mortalität allerdings in den Richtlinien der Centers for Disease Control and Prevention (CDC, US-Gesundheitsbehörde) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht berücksichtigt, erläutern die Forschenden weite. Dies müsse dringend geändert werden.
„Anfänglich haben die meisten Patienten mit COVID-19 keine Atembeschwerden. Sie können eine recht niedrige Sauerstoffsättigung haben und trotzdem asymptomatisch sein”, betont die Studienautorin Dr. Nona Sotoodehnia University of Washington Medical Center. So verstreiche oft wichtige Zeit, die für eine lebensrettende Behandlung genutzt werden könnte.
„Wir empfehlen, dass die CDC und [die Weltgesundheitsorganisation] eine Neufassung ihrer Richtlinien in Betracht ziehen, um diese Population von asymptomatischen Menschen zu berücksichtigen, die tatsächlich eine Krankenhauseinweisung und -versorgung benötigen”, ergänzt Dr. Neal Chatterjee von der University of Washington School of Medicine. Hier könne auch eine Messung des Blutsauerstoffs zuhause mittels eines Pulsoximeter angeraten werden.
Blutsauerstoff mit Pulsoximeter erfassen
Insbesondere Menschen mit positiven COVID-19-Testergebnissen und mit bekannten Risikofaktoren für einen schweren Verlauf könne schon jetzt der Kauf oder das Ausleihen eines Pulsoximeters angeraten werden, um den Blutsauerstoff zu überwachen. Dieser sollte nicht unter 92 Prozent fallen, erläutern die Forschenden.
Atemzüge zählen
Noch einfacher sei die Messung der Atemfrequenz. „Bitten Sie einen Freund oder ein Familienmitglied, Sie eine Minute lang zu beobachten, während Sie nicht auf Ihre Atmung achten, und wenn Sie 23 Atemzüge pro Minute erreichen, sollten Sie Ihren Arzt kontaktieren“, rät Dr. Sotoodehnia. Für die Betroffenen seien diese beiden Methoden ein guter Ansatz, um die Schwere des Krankheitsverlaufs und den Bedarf einer Behandlung zuhause abzuschätzen, auch wenn zunächst keine offenkundig gravierenden Beschwerden vorliegen. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Washington School of Medicine: COVID-19 mortality associated with 2 signs easily measured at home (veröffentlich 24.05.2021), eurekalert.org
- Neal A. Chatterjee, Paul N. Jensen, Andrew W. Harris, Daniel D. Nguyen, Henry D. Huang, Richard K. Cheng, Jainy J. Savla, Timothy R. Larsen, Joanne Michelle D. Gomez, Jeanne M. Du-Fay-de-Lavallaz, Rozenn N. Lemaitre, Barbara McKnight, Sina A. Gharib, Nona Sotoodehnia: Admission respiratory status predicts mortality in COVID-19; in: Influenza and Other Respiratory Viruses (veröffentlicht 24.05.2021), onlinelibrary.wiley.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.