Die Darmflora hat weitreichenden Einfluss auf unsere Gesundheit und eine Modulation des Darmmikrobioms bietet vielversprechende therapeutische Ansätze bei unterschiedlichsten Gesundheitsbeschwerden – von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten bis hin zu Krebs.
In einer aktuellen Übersichtsarbeit hat ein Forschungsteam um Dr. Connor Prosty von der McGill University die bisherigen Erkenntnisse zu den Zusammenhängen zwischen der Darmflora und zahlreichen Erkrankungen zusammengefasst. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „eGastroenterology“ veröffentlicht.
Darmflora beeinflusst Erkrankungsrisiko
Zahlreiche frühere Forschungsarbeiten zeigen, dass die Mikroorganismen in unserem Darm wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben und auch das Risiko für unterschiedlichste Erkrankungen beeinflussen, von Magen-Darm-Krankheiten bis hin zu immunbedingten und psychiatrischen Störungen, erläutert das Forschungsteam.
In der neuen Übersichtsarbeit haben die Fachleute daher die Belege für eine kausale Beziehung zwischen dem Darmmikrobiom und auftretenden chronischen Erkrankungen anhand der verfügbaren randomisierten klinischen Studien und Beobachtungsstudien analysiert.
Insbesondere überprüften die Forschenden die Belege für einen kausalen Zusammenhang der Zusammensetzung der Darmflora mit:
- Clostridioides difficile-Infektionen (CDI),
- Fettleibigkeit (Adipositas),
- Colitis ulcerosa (UC)
- und Krebs-Immuntherapien.
- First Hospital of Jilin University: New evidence links gut microbiome to chronic disease outcomes (15.11.2024), eurekalert.org
- Connor Prosty, Khaled Katergi, Jesse Papenburg, Alexander Lawandi, Todd C. Lee, Hao Shi, Philip Burnham, Lee Swem, Bertrand Routy, Cedric P. Yansouni, Matthew P. Cheng: Causal role of the gut microbiome in certain human diseases: a narrative review; in: eGastroenterology (veröffentlicht 10.09.2024), egastroenterology.bmj.com
Dabei bewerteten die Fachleute auch das therapeutische Potenzial einer Modulation der Darmflora.
Clostridioides difficile-Infektionen
Die vielversprechendsten Ergebnisse stammen aus Studien zu Clostridioides difficile-Infektionen , einer schweren bakteriellen Infektion, die oft durch die Einnahme von Antibiotika ausgelöst wird und aufgrund ihrer hohen Rückfallrate nach wie vor schwer behandelbar ist, berichtet das Team.
Eine fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT; Stuhltransplantation) habe sich bei CDI als bahnbrechende Therapie herausgestellt und die ausgewerteten Studien zeigen, dass sie das mikrobielle Gleichgewicht des Darms wiederherstellen und die Wiederkehrrate um bis zu 93 Prozent senken kann, so die Forschenden weiter.
Colitis ulcerosa
Bei Colitis ulcerosa, einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit, seien FMT und andere Mikrobiom-Therapien vielversprechende Alternativen zu herkömmlichen, oft immunsupprimierenden Behandlungen.
Mehrere Studien zeigen, dass FMT die Symptome lindern, eine Remission herbeiführen und die mikrobielle Vielfalt im Darm von Personen mit UC erhöhen kann, berichtet das Team. Dies könne auch die Erforderlichkeit von Kortikosteroiden und anderen immunsupprimierenden Medikamenten reduzieren.
Einfluss auf die Krebstherapie
Weiterhin gehe aus neueren Studien hervor, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms Einfluss auf den Erfolg von Immuntherapien hat, insbesondere bei Krebsarten wie Melanomen und Nierenzellkarzinomen.
Personen mit spezifischen Darmmikrobiota-Profilen, einschließlich höherer Konzentrationen von Akkermansia muciniphila und Bifidobacterium, erzielen bessere Ergebnisse bei einer Immuntherapie, was wahrscheinlich auf die Rolle des Mikrobioms bei der Modulation von Immunreaktionen zurückzuführen ist, erläutern die Forschenden.
Eine entsprechende Modulation der Darmflora könne offenbar die natürliche Fähigkeit des Körpers zur Bekämpfung von Tumoren verbessern.
Einfluss bei Adipositas?
Bei Adipositas seien die therapeutischen Optionen einer Beeinflussung der Darmflora jedoch weniger eindeutig.
Klinische Studien, in denen Mikrobiomtherapien bei Personen mit Fettleibigkeit und Stoffwechselstörungen getestet wurden, konnten keinen signifikanten Gewichtsverlust oder Veränderungen des Body-Mass-Index (BMI) nachweisen, berichtet das Team.
Neue Therapieansätze
„Das Darmmikrobiom wird zunehmend nicht nur als Biomarker, sondern auch als Ziel für therapeutische Eingriffe anerkannt“, fasst Dr. Prosty zusammen. Die Studie bestätige die Bedeutung des Mikrobioms bei der Krankheitsentstehung und könne auch den Weg für sichere, nicht-invasive Behandlungen ebnen.
Nun seien weitere Forschungsarbeiten erforderlich ist, um die besten Formulierungen, Dosierungen und Verabreichungsmethoden für Mikrobiomtherapien sowie die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit dieser Behandlungen zu ermitteln. (fp)
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