Neuer Ansatz zur Therapie von chronischen Darmentzündungen
Entzündliche Darmerkrankungen gehen in der Regel mit einer Reihe von Veränderungen im Darm einher, wie beispielsweise eine veränderte Zusammensetzung der Darmflora (Darmmikrobiom). Gesundheitsfördernde Darmbakterien könnten laut aktueller Studie gezielt eingesetzt werden, um diesen Veränderungen entgegenzuwirken.
Forschende der Universität Groningen (Niederlande) konnten die Kausalkette entschlüsseln, die im Darm zu chronischen Entzündungen führt. Die Erkenntnisse liefern neue Ansätze, wie Darmbakterien therapeutisch eingesetzt werden könnten, um Darmentzündungen entgegenzuwirken. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Gut Microbes“ präsentiert.
Die Aufgabe von Catestatin im Darm
Catestatin ist ein bioaktives Peptid, dass von der Darmschleimhaut ausgeschieden wird. Bereits in einer Studie aus dem Jahr 2018 wurde das Peptid als mögliches Ziel für die Behandlung von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten identifiziert.
Catestatin tötet schädliche Darmbakterien ab
Die Arbeitsgruppe um Mikrobiologie-Professorin Sahar El Aidy konnte nun erstmals im Mausmodell belegen, dass Catestatin Bakterienstämme abtötet, die wiederum mit der Entstehung von Entzündungen im Darm verbunden sind.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine Gruppe von Mäusen genetisch so verändert, dass sie kein Catestatin produzieren können. Die Mäuse entwickelten ohne das Peprid Anzeichen von Darmentzündungen.
Austausch der Darmflora
In weiteren Versuchen wurde von den Mäusen ohne Catestatin ein Großteil der Darmflora durch ein Abführmittel entfernt. Im Anschluss erhielten die Tiere mittels Stuhltransplantation das Mikrobiom von gesunden Wildmäusen.
„Wir haben ein Abführmittel und keine Antibiotika verwendet, weil diese Medikamente die Neubesiedlung nach der Fäkaltransplantation behindern könnten“, erklärt Mikrobiologin El Aidy.
Nach zwei Wochen wurden Stuhlproben entnommen, um die mikrobielle Zusammensetzung der Darmflora zu untersuchen. Die Analyse des Kots bestätigte, dass sich das Mikrobiom in Richtung des Spenders verschoben hatte – die Stuhltransplantation war also erfolgreich.
Entzündungsreaktionen verringerten sich
Durch eine Analyse der Stoffwechselprodukte im Darm konnten die Forschenden dokumentieren, dass die Entzündungen bei den Mäusen ohne Catestatin durch die Darmbakterien der gesunden Mäuse verringert wurden.
Die Mäuse waren mithilfe der Darmflora der gesunden Tiere in der Lage, kurzkettige Fettsäuren zu produzieren, die die Funktion des Darms positiv beeinflussen. Auf diese Weise konnte das Ausmaß der entzündungsbedingten Fibrosen eingedämmt werden.
Catestatin als wichtigen Regulator identifiziert
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Veränderungen in der mikrobiellen Zusammensetzung durch das Fehlen von Catestatin verursacht und so eine Entzündungsreaktion begünstigt wurde. Die Forschenden konnten darüber hinaus eine Reihe von mikrobiellen Spezies identifizieren, die durch Catestatin reguliert werden.
Neuer Ansatz zur Behandlung von entzündlichen Darmkrankheiten
Stuhltransplantationen bei Menschen haben in der Vergangenheit zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt. „Das könnte daran liegen, dass wir nicht wussten, was eine gesunde mikrobielle Zusammensetzung beim Menschen ausmacht“, folgert Professorin El Aidy.
Vor allem die Bakterienarten, die durch das Peptid Catestatin eingedämmt werden, scheinen im Darm an entzündlichen Prozessen beteiligt zu sein. „Das war es, was bei früheren Versuchen zur Wiederherstellung einer gesunden mikrobiellen Gemeinschaft im Darm fehlte“, resümiert die Forschungsleiterin. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Groningen: Fecal transplant throws new light on inflammatory bowel disease (veröffentlicht: 03.06.2022), rug.nl
- Pamela González-Dávila, Markus Schwalbe, Arpit Danewalia, et al.: Gut microbiota transplantation drives the adoptive transfer of colonic genotype-phenotype characteristics between mice lacking catestatin and their wild type counterparts; in: Gut Microbes (2022), tandfonline.com
- Elke M. Muntjewerff, Gina Dunkel, Mara J. T. Nicolasen, et al.: Catestatin as a Target for Treatment of Inflammatory Diseases; in: Frontiers in Immunology (2018), frontiersin.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.