Bestimmte Bakterien der Darmflora stärken die Darmbarrierefunktion und könnten so vor Darmentzündungen und anderen entzündlichen Erkrankungen schützen. Ein einzigartiger Stamm von Bifidobacterium bifidum scheint die Durchlässigkeit der Darmbarriere deutlich zu verringern.
Forschende des Penn State College of Medicine haben in einer aktuellen Studie die Auswirkungen des Bifidobacterium-bifidum-Stamms „BB1“ auf die Funktion der Darmbarriere untersucht und dabei äußerst vorteilhafte Effekte des probiotischen Bakteriums festgestellt. Die Studienergebnisse sind in dem „American Journal Of Pathology“ veröffentlicht.
Zusammenspiel Darmflora & Darmbarriere
Die Zusammensetzung der Darmflora hat nachweislich weitreichenden Einfluss auf die Gesundheit, wobei die Funktion der Darmbarriere allerdings ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt.
Denn die Darmepithelzellen, welche die gesamte Oberfläche der Darmschleimhaut bedecken, dienen als physikalische und funktionelle Barriere gegen das Eindringen schädlicher Substanzen in den Darm, darunter bakterielle Antigene, Toxine, Verdauungsenzyme und Nahrungsmittelnebenprodukte, erläutert das Team.
Ist die Darmbarriere beeinträchtigt, können Bakterien und Noxen diese passieren und es drohen schwerwiegende Folgen. So bildet die defekte Darmbarriere laut den Forschenden einen wichtigen pathogenen Faktor, der zum Beispiel zur Entwicklung von chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa beiträgt.
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Bei Personen mit chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten sind proinflammatorische Zytokine, einschließlich des Tumornekrosefaktors-α (TNF-α) und des Interleukins-1β deutlich erhöht und insbesondere hohe TNF-α-Werte führen zu einer Steigerung der Durchlässigkeit der Darmbarriere, erklärt das Forschungsteam.
Der Tumornekrosefaktor-α spiele eine zentrale Rolle bei den chronischen Darmentzündungen und Anti-TNF-α-Antikörper seien daher bei der Behandlung der aktiven Krankheit äußerst wirksam.
Schutzwirkung von BB1
In früheren Studien am Penn State College of Medicine sei zudem deutlich geworden, dass der Bifidobacterium-bifidum-Stamm BB1 eine deutliche Verbesserung der Barrierefunktion des Darmepithels bewirkt und vor der Entwicklung einer durch Natrium-Dextransulfat induzierten Darmentzündung schützt.
Anhand von Untersuchungen an Zellkulturen und Mäusen konnten die Forschenden nun die Mechanismen entschlüsseln, über die BB1 die Funktion der Darmbarriere stärkt.
Es zeigte sich, dass BB1 dem durch TNF-α verursachten Anstieg der Durchlässigkeit der Darmbarriere entgegenwirkt. Dies geschieht „über eine Hemmung der NF-kB p50/p65-Aktivierung und des MLCK-Gens“ und durch „Verhinderung des Toll-like-Rezeptor (TLR)-2-Signalübertragungswegs“, erläutert Studienleiter Dr. Thomas Y. Ma.
Auch sei deutlich geworden, dass ein Protein namens PPAR-γ ein entscheidender Vermittler für die Darmzellen ist, der den Schutz der Darmbarriere reguliert. So habe die Behandlung von aktiver Colitis ulcerosa auf Basis eines PPAR-γ-Agonisten (Rosiglitazon) die Krankheitslast der Betroffenen signifikant reduziert und ihre Lebensqualität deutlich verbessert.
Probiotika zu Therapie?
Weiterhin bleiben ungiftige, patientenfreundliche, natürlich vorkommende Produkte wie Probiotika zur gezielten Behandlung chronisch-entzündlicher Darmkrankheiten dringend gesucht und die Untersuchungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass BB1 einen solches probiotisches Bakterium bilden kann, betont Dr. Ma.
Der Bakterienstamm zeige einzigartige biologische Aktivitäten, die eine Stärkung der Darmbarriere bewirken und gleichzeitig vor der Aktivierung von Entzündungen schützen. So könne BB1 auch zur Therapie von entzündlichen Darmerkrankungen und anderen entzündlichen Erkrankungen beitragen, die mit einer beeinträchtigten Darmbarriere verbunden sind.
„Diese Studien enthüllen neue intrazelluläre Mechanismen von BB1, einem einzigartigen probiotischen Bakterienstamm, und zeigen das Potenzial, die Gesundheit zu fördern und entzündliche Erkrankungen, einschließlich entzündlicher Darmerkrankungen, zu behandeln“, resümiert Dr. Ma. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Elsevier: A potential pathway may guide new therapies for inflammatory bowel disease and other inflammatory diseases (veröffentlicht 22.08.2024), eurekalert.org
- Raz Abdulqadir, Rana Al-Sadi, Mohammad Haque, Yash Gupta, Manmeet Rawat, Thomas Y. Ma: Bifidobacterium bifidum Strain BB1 Inhibits Tumor Necrosis Factor-α–Induced Increase in Intestinal Epithelial Tight Junction Permeability via Toll-Like Receptor-2/Toll-Like Receptor-6 Receptor Complex–Dependent Stimulation of Peroxisome Proliferator-Activated Receptor γ and Suppression of NF-κB p65; in: American Journal Of Pathology (veröffentlicht 15.06.2024), ajp.amjpathol.org
Wichtiger Hinweis:
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