Ist der Darmtyp entscheidend für das Auslösen von Übergewicht? Studienergebnis: Lediglich drei Darmtypen weltweit festzustellen.
21.04.2011
Weltweit bestehen lediglich drei verschiedenen Darmtypen. Zwar haben die Menschen unzählige verschiedene Mikroorganismen im Darm, doch die Darmflora lässt sich im wesentlichen drei verschiedene Darmtypen zuordnen, so das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung unter Federführung des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg.
Den aktuellen Studienergebnissen zufolge entscheidet der Darmtyp über die individuelle Nahrungsverwertung und bestimmt so auch, ob ein Mensch dazu tendiert, übergewichtig oder fettleibig (adipös) zu werden. Abhängig von den vorhandenen Bakterienarten lassen sich drei unterschiedliche Typen von Keimpopulationen bestimmen. „Man könnte auch von drei verschiedenen Ökosystemen sprechen“, erklärte Peer Bork vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie.
Forscher entdecken drei verschiedene Darmtypen
Im Rahmen ihrer Studie hatten die Forscher vorerst die Stuhlproben von 39 Menschen aus Europa, Asien und Amerika untersucht. Nach Auswertung der ersten Ergebnisse, wurde die Studie anschließend um etwa 300 zusätzliche Proben erweitert. Die Wissenschaftler unter Federführung des EMBL stellten dabei fest, dass jeder Mensch anhand der Keimpopulation in seinem Verdauungstrakt einem von drei unterschiedlichen Darmtypen zugeordnet werden kann. „Wir haben entdeckt, dass die Zusammensetzung von Mikroben im menschlichen Darm nicht zufällig ist“, betonte Peer Bork vom EMBL. Der Darmtyp bilde – ähnlich wie die Blutgruppe – ein individuell stabiles Merkmal, auch wenn die Abgrenzung untereinander laut Aussage der Wissenschaftler weniger eindeutig ist als bei den Blutgruppen. Die Forscher haben ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Nature“ veröffentlicht.
Darmtypen bestimmen die Nahrungsverwertung
Die Bakterienarten der drei unterschiedlichen Darmtypen bestimmen die Verarbeitung aufgenommener Nahrung. So könnten die aktuellen Erkenntnisse der Forschergruppe auch eine Erklärung dafür liefern, warum manche Menschen trotz relativ geringer Nahrungsaufnahme zu Übergewicht tendieren und andere trotz pausenlosem Essen nicht zunehmen. Die drei Darmtypen sind laut Aussage der Experten unterschiedlich effizient, was erklären könnte, „warum sich die Aufnahme von Nährstoffen und Medikamenten von Mensch zu Mensch unterscheidet“, betonte Jeroen Raes von der Vrije Universiteit Brussel, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Umso effektiver die Darmbakterien der jeweiligen Keimpopulation Essen in Energie umwandeln, desto höher ist die mit der Nahrung aufgenommene Energiezufuhr und das Risiko von Übergewicht. Wie sich die jeweiligen Keimpopulationen im Darm entwickeln und warum drei grundsätzlich unterschiedliche Darmtypen als Ergebnis dabei herauskommen, konnten die Forscher im Rahmen ihrer Studie allerdings nicht klären.
Darmtypen als Erklärung für Übergewicht und Fettleibigkeit
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine bestimmte Kombination von Mikrobakterien, die besonders effizient bei der Nährstoffverwertung sind, das Risiko von Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) deutlich erhöht. Um festzustellen welcher der drei Darmtypen im Zusammenhang mit Übergewicht gebracht werden kann, planen die Forscher daher eine weitere Studie mit mehr als 100 Testpersonen. Dabei wollen sie außerdem ermitteln, ob eventuell eine individuell bessere Dosierung von Medikamenten entsprechend der Darmtyp möglich ist. Auch das Problem der sogenannten „schlechten Futterverwerter“ lässt sich womöglich anhand der verschiedenen Darmtypen erklären. So könnte die Autorin des Buches „Mensch, bist Du dünn! Ein Programm für Leute, die gerne ein paar Kilo mehr auf die Waage bringen würden“, Susanne Nowitzki-Grimm, recht behalten mit ihrer Aussage, dass die schlechte Nahrungsverwertung „vor allem (auf) eine genetische Veranlagung, die man nicht beeinflussen kann“, zurückzuführen ist. Auch sollten die gesundheitlichen Risiken der schlechten Nahrungsverwertung nicht unterschätzt werden. Denn mit ihr geht häufig eine „Unterversorgung an essenziellen Nährstoffen und/oder Spurenelementen“ einher, wobei der Nährstoffmangel unter anderem die Entstehung von Osteoporose begünstigen und Beeinträchtigungen der Muskelfunktion hervorrufen kann, so die Aussage der Experten des Deutschen Ernährungsberatungs- und Informationsnetzes. (fp)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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