Man lernt nie aus: Studium im Alter
11.04.2015
„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ lautet ein Sprichwort. Erkenntnissen der Hirnforschung widerlegen jedoch diese Binsenweisheit. Denn im Alter ist das Gehirn immer noch offen für Neues. Ein Musikinstrument oder eine Fremdsprache lernen oder ein Studium beginnen – Immer mehr Senioren nutzen die Zeit nach der Rente, um sich weiterzubilden und ihre grauen Zelle in Schwung zu halten.
Lernen im Alter hält das Gehirn jung
„Das Gehirn ist plastisch, also durch Lernen veränderbar. Diese Fähigkeit bleibt über die gesamte Lebensspanne erhalten", erläutert Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften am Jacobs Center on Lifelong Learning in Bremen, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. Neues zu lernen, bringt die grauen Zellen in Schwung. „Denn das Gehirn ist faul. Wenn man es wieder fordert, passt es seine Ressourcen an und steigert seine Leistungsfähigkeit."
Wie gut die Lernfähigkeit im Alter ist, hängt im Wesentlichen davon ab, wie gut man in früheren Jahren gelernt hat, berichtet Miriam Haller, Geschäftsführerin des Arbeitsbereichs Gasthörer- und Seniorenstudium an der Universität Köln, gegenüber der Nachrichtenagentur. An dem Programm nehmen etwa 1.600 Senioren teil, von denen ein Drittel klassische Studiengänge inklusive Prüfungen absolviert. Zwei Drittel sind als Gasthörer an der Uni eingeschrieben. Haller zufolge würden einige der älteren Studenten an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Zeit beim Lernen benötigen. Das werde aber durch ihre Lebenserfahrung hinsichtlich Reflexion und Transfer ausgeglichen. „Manche belegen zu viele Veranstaltungen oder kommen in Zeitprobleme, wenn es darum geht, das Studium mit den übrigen Aktivitäten unter einen Hut zu bringen." Das sei aber keine Folge des Alters. Auch 19-Jährige Erstsemester hätten mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen, so Haller.
Ältere lernen, was sie interessiert
„Älteren wird oft nachgesagt, sie seien weniger motiviert zu lernen", berichtet Godde. „Die Motivation nimmt aber nicht ab, sondern sie wird spezifischer. Ältere lernen vor allem das, was sie interessiert." Das zeigt auch die Zahl der über 60-jährigen Schüler an öffentlichen Musikschulen, die sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre mehr als verdoppelt hat. Derzeit lernen etwa 15.800 Senioren ein Musikinstrument. Insgesamt ist ihr Anteil mit 1,5 Prozent gemessen an allen Schülern an öffentlichen Musikschulen aber gering. Dabei sind Ältere beim Erlernen eines Musikinstruments häufig sehr motivierte und gute Schüler. „Erwachsenen Schülern geht es nicht darum, Konzertpianist zu werden, sie wollen zum Beispiel endlich selbst ein ganz bestimmtes Stück spielen können", erklärt Claudia Wanner, Sprecherin des Verbandes deutscher Musikschulen, gegenüber der Nachrichtenagentur. Welches Instrument passt, können die Senioren gemeinsam mit dem Lehrer entscheiden. „Das Klavier zum Beispiel hat den Vorteil, dass man beim Musizieren immer sitzen kann."
Sportarten können Konstitution von Älteren angepasst werden
Auch beim Sport können Senioren viel Neues lernen. Karatetrainerin Stefanie Nagl unterrichtet eine Gruppe von Regensburgerinnen, die zwischen Mitte 70 und Mitte 80 sind. In ihrem Bekanntenkreis zählen die älteren Karateschüler zwar zu den Exoten, jedoch profitieren sie ungemein von dem Unterricht. Ursprünglich fand sich die Gruppe im Rahmen einer Universitätsstudie zusammen, die den Nutzen von Bewegung im Alter untersuchte. Den Teilnehmerinnen gefielen die Übungen so gut, dass sie dabei blieben. Nagl zufolge müsse das Training hier und da an die Senioren angepasst werden „Da geht der Fußkick eben nicht mehr bis unters Kinn." Das schade aber nicht dem Trainingseffekt. Ihre Damen seien sehr ehrgeizig und bemüht, ihre Technik laufend zu verbessern.
Auch die Studie kam vor drei Jahren zu dem Ergebnis, dass „Karate im hohen Erwachsenenalter körperlich fit hält und gleichzeitig optimales Gehirnjogging ist“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Regensburg. (ag)
>Bild: I-vista / pixelio.de
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