Die richtigen Schuhe fürs Joggen
Joggen ist ein Volkssport. Vom Gelegenheitsjogger bis zur Marathonläuferin sind alle Leistungsgrade in der Bevölkerung vertreten. Wie bei jedem Sport spielt die richtige Ausrüstung eine wichtige Rolle. Beim Joggen sollte den Schuhen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Gesundheitsfachleute erklären, worauf man bei Laufschuhen achten sollte.
Wer ein bisschen durch den Park rennen möchte, braucht nicht viel. Doch dieser eine Ausrüstungsgegenstand muss passen. Warum Laufschuhe so wichtig sind und wie man das perfekte Paar findet.
Beim Joggen spielt das Schuhwerk eine wichtige Rolle
Frische Luft und Bewegung: Diese Kombination reizt viele Menschen am Laufen. Damit die Muskeln und Sehnen eine Joggingrunde gut überstehen, spielt das Schuhwerk eine zentrale Rolle. Anders gesagt: Ohne Laufschuhe läuft nichts. Warum das so ist und worauf es bei den Modellen ankommt:
Reicht für den Start nicht der alte Hallenschuh?
„Nein, ein Hallenschuh ist sicher nicht geeignet, um einen etwa auf Waldboden weit zu tragen“, erklärt der Orthopäde Patrik Reize. Beim Laufen würden andere Fußteile belastet als bei anderen Sportarten – und müssten entsprechend gedämpft und stabilisiert werden.
Gesundheitsbeschwerden durch falsche Schuhe
Sonst drohen Probleme, etwa im Vorfußbereich, an der Achillessehne oder in den Knien. Gerade im Frühjahr, wenn viele Menschen wieder mit dem Laufen anfangen, kommen immer wieder Läufer mit Beschwerden zu Reize und seinem Team ins Klinikum Stuttgart und klagen etwa über Rückenschmerzen. „Oft sind sie untrainiert oder probieren es mit irgendwelchen ungeeigneten Schuhen“, erzählt der Mediziner.
Auch Urs Weber vom Fachmagazin „Runner’s World“ betont: „Der Schuh ist für Läufer der wichtigste Ausrüstungsgegenstand.“ Er verdeutlicht das mit einem Vergleich: „Ich kann auch mit einem Tennisschuh Fußball spielen, aber mit einem Fußballschuh geht es deutlich besser.“
Was sollte beim Kauf beachtet werden?
Sprengung, Härtegrad, Dämpfung – rund um das Schuhwerk kursieren etliche Fachbegriffe. Doch gerade Einsteiger sollten sich von denen nicht beirren lassen, rät Weber. Am besten gehe man „unbescholten und mit viel Gefühl“ an die Sache heran. Am wichtigsten ist, dass die Schuhe richtig sitzen. „Das spürt man am Fuß“, sagt Weber. Technische Eigenschaften und Ausstattung kommen danach.
Wichtig ist, sich selbst und seine Ansprüche zu kennen: Das eigene Gewicht, der Trainingsgrad (Anfänger, Fortgeschrittener oder ambitionierter Läufer), der Untergrund, auf dem man läuft (harter Fußweg oder weicher Waldboden), die Länge der Laufstrecke und eventuelle Fehlstellungen des Fußes – diese Faktoren spielen bei der Wahl des Schuhes eine wichtige Rolle, erklärt Reize.
Die Länge der Laufstrecke sollte berücksichtigt werden
Beispiel Laufstrecke: „Bei längeren Strecken brauche ich mehr Unterstützung durch den Schuh“, sagt Reize. Dann kommt es auf die Stabilität und die Dämpfung an. Wer schon geübt ist, kann sich auf kurzen Strecken dagegen auch einen ganz flexiblen Schuh suchen, um etwa die Muskeln und Sehnen im Fußbereich mehr zu fordern und zu trainieren, erklärt der Experte.
Laufanfänger sollten aus seiner Sicht eher auf mehr Unterstützung durch den Schuh setzen. Sobald sich Muskeln, Bänder und Knochen an die neue Belastung gewöhnt haben, könne man das reduzieren – das sei vom Laufstil und Leistungsvermögen abhängig.
Fersenläufer, Vorfußläufer oder Mittelfußläufer?
Die meisten Menschen sind Fersenläufer, sagt Urs Weber. Das heißt: Sie landen nach jedem Laufschritt mit dem Fersenaufsatzpunkt zuerst und rollen mit dem ganzen Fuß ab. „Aus der Erfahrung heraus brauchen diese Läufer relativ gut gedämpfte Schuhe.“
Es gibt noch zwei weitere Lauftypen: Vorfußläufer und Mittelfußläufer. Weber betont jedoch: „Es gibt kein Ideal, dass man anstreben sollte. Jeder läuft halt so, wie es im angeboren wurde, es gibt kein Richtig oder Falsch.“ Es konnte seinen Angaben nach bislang auch noch nicht biomechanisch nachgewiesen werden, dass ein Laufstil verletzungsanfälliger oder generell schlechter sei als ein anderer.
Nach Möglichkeit eine Laufberatung durchführen
Viele Fachgeschäfte bieten das an. Weber würde das grundsätzlich immer empfehlen. Die Menge an einfachen Laufschuhen sei sehr groß, sagt er. „Es ist schwierig, sich da zu orientieren und das passende Modell zu finden. Vor allem als Laufanfänger.“
Welche Trends gibt es beim Joggen?
Längere Zeit war das Schlagwort „Natural Running“ in aller Munde: also möglichst keine Dämpfung und wenig Unterstützung für den Fuß, hohe Flexibilität, Barfußlaufen mit Sohle quasi. Inzwischen sei das Pendel aber zurückgeschlagen, beobachtet Weber. Im Trend seien wieder die „gut gedämpften, superkomfortablen Laufschuhe“.
Wie lange hält ein Laufschuh?
Das hängt stark von der Nutzerin oder dem Nutzer ab, wie Weber erläutert. „Es macht einen großen Unterschied, ob es sich um eine 50 Kilogramm schwere Läuferin mit perfektem Laufstil handelt oder einen 100 Kilogramm schweren Läufer mit einem biomechanisch aufwendigen Laufstil“, führt der Experte aus.
Allgemein habe die Lebensdauer der Schuhe in den vergangenen Jahren zugenommen. Gerade das Mittelsohlenmaterial sei viel besser geworden. Dennoch härtet es mit der Zeit aus und verliert an Elastizität. Damit lässt die Leistung des Schuhs nach, der Körper wird beim Laufen mehr gefordert. „Das merkt man nicht“, sagt Weber. Was auch daran liegt, dass dieser Verschleiß sich eben nicht offensichtlich zeigt – zum Beispiel durch Löcher im Schuh.
Der Experte rät, einen acht bis zehn Jahre alten Laufschuh lieber auszutauschen oder nur noch im Alltag zu nutzen. Aber nicht mehr zum Joggen im Park oder auf der Laufbahn.
Laufschuh-Trends 2020
„Komfort ist das Schlagwort schlechthin“, sagt Urs Weber. Das fängt beim ersten Trageeindruck schon an, der möglichst gut sein soll. Dass sich die Schuhe angenehm am Fuß anfühlen und zugleich die notwendige Unterstützung bieten, hat viel mit der voranschreitenden Entwicklung bei den Laufschuhen zu tun: Beim Mittelsohlenmaterial sei in den vergangenen Jahren ein Quantensprung gemacht worden, erläutert Weber. Auch Obermaterialien seien deutlich funktioneller als früher – elastischer, besser angepasst und atmungsaktiver, wodurch die Schuhe sich auch im Alltag angenehmer tragen lassen.
Rückstoß wie beim Trampolin
Ein Schlagwort sei das Thema Rebound, also wie sehr der Schuh zurückstößt. Das kann man sich ein bisschen wie bei einem Trampolin vorstellen. Im Nike ZoomX Vaporfly Next% stecke eine Carbonplatte, die im Zusammenspiel mit einem sehr reaktiven Mittelschaum viel Rebound biete, erläutert Weber. Letztlich soll das Kraft sparen.
Rocker mit gebogenen Sohlen
Häufig gibt es inzwischen Sohlen, die an Fußspitze und Ferse nach oben gebogen sind. Diese Technologie heißt Rocker. „So hat die Mitte der Sohle den meisten Bodenkontakt. Das soll einen Bewegungseffekt nach vorne bringen“, erläutert der Experte.
Gelschuhe mit Mittelfußbrücke
Der Gel Kayano von Asics dagegen hat eine flache Sohle mit einer Mittelfußbrücke, wodurch die Sohle verwindungssteifer ist. Mit einer festen Fersenspange und einem festeren Mittelsohlenmaterial an der Innenseite wird der Fuß stabiler gehalten.
Bananenöl und Algenschaum in Laufschuhen
Die französische Sneakermarke Veja verspricht bei ihrem ersten Laufschuh-Modell möglichst umweltverträgliche Materialien und faire Arbeitsbedingungen. Gut laufen soll man in den Schuhen aber auch können, sagt Veja-Gründer Sebastién Kopp: „Man wird nicht den nächsten Berlin-Marathon mit ihnen rennen.“ Wer ein bis zwei Mal in einer Woche 10 bis 20 Kilometer laufe, werde aber zufrieden sein.
In dem Modell namens Condor verarbeitet Veja etwa Reisabfälle, Bananenöl und Zuckerrohr. Mehr als die Hälfte des Schuhs soll aus Recycling-Materialien und natürlichen Rohstoffen bestehen.
Der schwedische Hersteller Icebug produziert die Mittelsohle des neuen Modells Outrun RB9X zum Teil aus Algenschaum. Die Ansätze sind noch eher die Ausnahme. Der Großteil der Laufschuhe auf dem Markt ist ausschließlich aus Kunststoffen gefertigt.
Mittelfußschuhe aus Kenia
Enda ist ein Hersteller aus Kenia, einem Land der Läuferinnen und Läufer. Regelmäßig räumen die kenianischen Athleten bei Marathons und Meisterschaften die Spitzenplätze ab. Die Marke gestaltet bei ihren Schuhen die Dämpfung in der Ferse härter und in der Mitte weicher, damit sie an der Stelle stärker federn. Sie seien für sogenannte Mittelfußläufer ausgelegt, erklärt Geschäftsführerin Navalayo Osembo-Ombati. Dieser Stil sei besser für Knie und Hüfte.
Laufschuhe mit App-Anbindung
Der richtige Laufschuh kann den Laufstil natürlich verbessern. Dabei will beispielsweise der Under Armour Hovr Infinite helfen. Er hat einen Chip in der Sohle verbaut. Dieser sendet nicht nur Trainingsdaten wie Laufzeit und Streckenlänge an eine App, sondern zum Beispiel auch die Schrittlänge. „Gerade Anfänger machen eher längere Schritte. Doch aus biomechanischer Sicht ist eine höhere Frequenz mit kürzeren Schritten besser“, sagt Weber. Insofern könne so eine App ein Korrektiv sein.
Ein ähnliches Ziel verfolgt die Einlegesohle Digitsole. Sie ist allein auf Analyse und nicht auf Support und Fußkorrektur ausgelegt. Sie erkennt etwa die Kontaktzone der Füße und bemerkt Änderungen im Laufstil, die auf Ermüdung hindeuten. Wer sein Smartphone nicht mit auf die Jogging-Runde nehmen möchte, kann die Daten nachträglich aufspielen. Die Sohle speichert sie dann zunächst ab. (vb; Quelle: Tom Nebe, dpa)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.