Hirnstimulation verringert demenzbedingten Hirnabbau
Trotz der ständig zunehmenden Prävalenz von Demenzerkrankungen sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt. Eine heilende Therapie wurde bislang nicht entdeckt. Forschungsgruppen auf der ganzen Welt suchen händeringend nach Lösungen. Ein österreichisches Forschungsteam stellt nun ein neues Ultraschall-Verfahren vor, mit dem der geistige Abbau bei Demenz zumindest gebremst werden soll.
Forschende der Medizinischen Universität Wien entwickelten ein neues Ultraschall-Verfahren, das bei diversen neuropsychiatrischen Gehirnerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson eingesetzt werden kann. Es soll der Arbeitsgruppe zufolge die Hirnfunktionen verbesern, indem noch funktionierende Nervenzellen von außen durch Ultraschall aktiviert werden. Der Hirnabbau bei vorliegenden Demenzerkrankungen konnte so verlangsamt werden. Das Verfahren wurde kürzlich in dem Fachjournal „Alzheimer’s & Dementia“ präsentiert.
Bei Demenz stirbt das Gehirn langsam ab
Demenzerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson sind durch einen ständigen Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet. Dies äußert sich durch Symptome wie Erinnerungslücken, Sprachstörungen, Stimmungsschwankungen oder eine reduzierte Bewegungsfähigkeit. Auch das typische Muskelzittern bei Parkinson ist auf den Verlust von Gehirnzellen zurückzuführen.
Hirnzellen mit Ultraschall stimulieren
Die Arbeitsgruppe um Neurowissenschafter Roland Beisteiner von der Universitätsklinik für Neurologie entwickelte die sogenannte transkranielle Pulsstimulation mit Ultraschall (TPS). Mit dieser Methode soll laut den Forschenden der Abbau der Nervenzellen temporär verringert werden. Dabei dringen die Ultraschallwellen von außen in alle Bereiche des Gehirns ein und stimulieren so jene Nervenzellen, die zur Regeneration von Hirnfunktionen beitragen können.
Bis zu drei Monate verbesserte Gehirnfunktion
Aus den klinischen Daten, die bislang zu dem Verfahren gesammelt wurden, geht hervor, dass eine zwei- bis vierwöchige TPS-Therapie die funktionellen Netzwerke und die kognitive Leistungsfähigkeit der von Alzheimer-Betroffenen für bis zu drei Monate verbessern können.
TPS-Therapie verlangsamte Gewebeschwund im Gehirn
Die neuste Untersuchung konnte sogar belegen, dass der für Demenzerkrankungen typische Gewebeschwund im Gehirn durch eine regelmäßige TPS-Therapie verlangsamt werden kann. „Wir fanden eine signifikante Korrelation zwischen neuropsychologischer Verbesserung und Dicke der Hirnrinde in Alzheimer-Demenz-kritischen Gehirnbereichen“, bestätigt der Studienleiter.
Zusätzliche Therapieoption bei Demenz
Die Forschenden sehen in TPS eine zusätzliche Therapieoption, die in bestehende Demenzbehandlungen eingebunden werden kann. Das Verfahren sei effektiv und nahezu frei von Nebenwirkungen. Die ersten Behandlungszentren seien bereits in Europa, Nordamerika und Asien entstanden.
Die Forschenden betonen jedoch, dass die Behandlung nur von speziell geschultem Personal durchgeführt werden kann. „Aufgrund der Komplexität des Verfahrens ist von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung, dass die Anwendung durch neurowissenschaftliche Expertinnen und Experten erfolgt, damit maximale Sicherheit und Effektivität gewährleistet sind“, resümiert Beisteiner. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Wien: Ultraschall-Hirnstimulation bremst demenzbedingten Hirnabbau (veröffentlicht: 06.08.2021), meduniwien.ac.at
- Popescu T, Pernet C, Beisteiner R. Transcranial ultrasound pulse stimulation reduces cortical atrophy in Alzheimer's patients: A follow-up study; in: Alzheimer’s & Dementia, 2021, alz-journals.onlinelibrary.wiley.com
Wichtiger Hinweis:
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