Demenz: Soziale Benachteiligung mit höherem Erkrankungsrisiko verbunden
Die Zahl der Menschen, die an Demenz erkranken, steigt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass ein ungesunder Lebensstil zu einem höheren Risiko für die bislang unheilbare Krankheit beitragen kann. Umgekehrt soll aber ein gesunder Lebensstil diese Gefahr reduzieren. Doch ganz so einfach ist dies offenbar nicht, wie eine neue Studie zeigt.
Demenzerkrankungen nehmen zu. Da Behandlungsmöglichkeiten fehlen, rückt die Prävention von Demenz in den Fokus. Insbesondere ein gesunder Lebensstil gilt als förderlich für die Gehirngesundheit. Eine in dem Fachmagazin „Journal of Alzheimer’s Disease“ veröffentlichte Studie der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig zeigt jetzt, dass Chancen für einen gesunden Lebensstil ungleich verteilt sind: Soziale Benachteiligung geht demnach mit einem höheren Demenzrisiko einher.
Gut für die Gesundheit des Gehirns
Mit der Alterung der Bevölkerung nehmen auch Demenzerkrankungen zu. Laut einer Mitteilung der Universität Leipzig sind aktuell in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Bevölkerungsstatistiken sagen einen Anstieg auf rund drei Millionen bis zum Jahr 2050 voraus.
Die internationale Forschung belegt ein großes Potential für die Vorbeugung von Demenzen basierend auf modifizierbaren Gesundheits- und Lebensstilfaktoren, wie etwa Bluthochdruck, Adipositas, körperlicher und geistiger Aktivität sowie Ernährung.
Mit anderen Worten: Ein gesunder Lebensstil ist gut für die Gesundheit des menschlichen Gehirns.
Ungleich verteilte Chancen
„Die Chancen sind aber ungleich verteilt“, erläutert Dr. Susanne Röhr, Leiterin der aktuellen Studie und Wissenschaftlerin am Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig. „Sozial benachteiligte Personen, etwa mit geringem Einkommen, haben in der Regel ein höheres Demenzrisiko.“
Die Forschenden nutzen Daten von über 6.200 Teilnehmenden der LIFE Adult-Studie am Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen. Der Anteil von Frauen und Männern ist dabei gleich. Die Probandinnen und Probanden sind zwischen 40 und 79 Jahre alt und nicht von Demenz betroffen.
Die große Datenbasis der bevölkerungsbezogenen Kohortenstudie ermöglicht den Leipziger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einen komplexen Lebensstilindex mit zwölf veränderbaren Risikofaktoren für Demenz abzubilden.
Dazu gehören unter anderem Bluthochdruck (Hypertonie), körperliche Aktivität, Rauchen, Adipositas (Fettleibigkeit) und Ernährungsverhalten.
Anschließend wird der Einfluss des Index auf die Beziehung zwischen sozioökonomischen Faktoren wie Bildung, Berufsstatus sowie Haushaltseinkommen, und der geistigen Leistungsfähigkeit, Resultate neuropsychologischer Tests, untersucht.
Soziale Ungleichheiten verringern
Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen nun, dass Unterschiede in der geistigen Leistungsfähigkeit aufgrund sozialer Ungleichheiten mit veränderbaren Gesundheits- und Lebensstilfaktoren für Demenz zusammenhängen.
„Das legt nahe, dass Lebensstilinterventionen soziale Ungleichheiten in der kognitiven Leistungsfähigkeit abschwächen könnten“, sagt Prof. Dr. Steffi Riedel-Heller, Direktorin am ISAP.
Die Gesundheits- und Lebensstilfaktoren erklären die Unterschiede in der geistigen Leistungsfähigkeit aufgrund sozioökonomischer Faktoren allerdings nur zu einem geringen Teil.
Daher deuten die Studienergebnisse auch an, dass das größere Gewicht womöglich auf den sozialen Bedingungen selbst liegt. „Politische Maßnahmen, die darauf abzielen, soziale Ungleichheiten zu verringern, könnten daher womöglich erheblich zur Reduktion des Demenzrisikos beitragen“, so Dr. Röhr. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Leipzig: Warum ein gesunder Lebensstil für die Demenzprävention nicht reicht, (Abruf: 20.12.2022), Universität Leipzig
- Röhr Susanne, et al.: Socioeconomic Inequalities in Cognitive Functioning Only to a Small Extent Attributable to Modifiable Health and Lifestyle Factors in Individuals Without Dementia; in: Journal of Alzheimer’s Disease, (veröffentlicht: 06.12.2022), Journal of Alzheimer’s Disease
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.