Geschlechtsspezifische Unterschiede auch im Bereich des Iliosakralgelenks
Männer leiden häufiger an Bluthochdruck, Frauen hingegen reagieren empfindlicher auf Medikamente: Seit Jahren sorgen Studien zum Unterschied zwischen den Geschlechtern in der medizinischen Forschung, Diagnostik und Therapie für Diskussionsstoff. Auch im Bereich des Iliosakralgelenks (ISG), der Verbindung von unterer Wirbelsäule und Becken, kommt diesem geschlechtsspezifischen Unterschied eine besondere Rolle zu. „Während das ISG bei Männern mit den Jahren steifer und unbeweglicher wird, verfügt es bei Frauen im hohen Alter noch über vergleichsweise viel Spielraum”, betont Prof. Dr. Florian Stockhammer, Chefarzt und Facharzt für Neurochirurgie im Städtischen Klinikum Dresden. „Entsprechend unterschiedliche Ursachen führen an dieser Stelle zu schmerzhaften Veränderungen wie beispielsweise einer ISG-Blockade.”
Geschlechtsspezifische Formen und Veränderungen
Bei Männern weisen die Gelenkflächen des ISG zahlreiche Rinnen und Erhebungen auf, daher greifen die Seiten gut ineinander und lassen nur wenig Spielraum zu. Bei Frauen hingegen dominieren ebene Oberflächen, die viel Bewegungsfreiheit bieten. Für Stabilität sorgt hier also nicht das Gelenk selbst, sondern zum einen die Lage des Kreuzbeins im Beckenring und zum anderen der Muskel- und Bandapparat. „Bei weiblichen Patienten trägt häufig eine Schwangerschaft und die damit einhergehende höhere Flexibilität des gesamten Band- und Sehnenapparats zu einer Verschiebung von Kreuz- und Darmbein bei”, weiß Prof. Stockhammer zu berichten. „Weitere, geschlechtsunspezifische Auslöser für schmerzhafte Verschiebungen der Gelenkoberflächen stellen schweres Heben, den sogenannten ‚Tritt ins Leere’ oder dumpfes Hinfallen dar.” In allen Fällen helfen ausreichend Bewegung, beispielsweise ein ausgedehnter Spaziergang, Joggen, Schwimmen oder Radfahren, um die ISG-Blockade zu lösen. Spezielle Übungen vom Physiotherapeuten ergänzen das Programm.
Einheitliche Therapiemaßnahmen
Um das normale Gangbild wiederherzustellen, bieten sich Wärmeanwendungen an, die die strapazierte Muskulatur entspannen. Sollte diese Maßnahme nicht zum Erfolg führen, hilft Akupunktur zur Lösung von Blockaden, während bei zunehmenden Versteifungsschmerzen und einhergehenden Entzündungen die Spritzentherapie zur Anwendung kommt. Diese auch als Infiltrationstherapie bekannte Methode sorgt durch das Einspritzen eines Lokalanästhetikums oder eines entzündungshemmenden Medikamentes direkt in den Gelenkspalt für Schmerzlinderung. Helfen diese konservativen Methoden nicht mehr aus, erfolgt ein operativer Eingriff. Früher versteiften Mediziner den entsprechenden Bereich mit einem starren Schraubsystem, heute steht jedoch ein neuartiges Implantatsystem mit sogenannten iFuse-Implantaten zur Verfügung. „Aufgrund ihrer porösen Oberflächenstruktur und des besonderen Designs verwachsen die Dreiecksimplantate innerhalb kurzer Zeit mit den umliegenden Knochen und sorgen für neue Stabilität”, erklärt Prof. Stockhammer. Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Eingriff in vollem Umfang.
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.