Tödliche Herzrhythmusstörungen durch Arzneimittel-Nebenwirkungen
09.01.2013
Der Begriff "Sekundenherztod" umschreibt das plötzliche Auftreten tödlicher Herzrhythmusstörungen, häufig bei Menschen, die nach eigener und Fremdwahrnehmung eigentlich gesund waren. Nicht immer ist der Sekundenherztod ein nicht vorhersehbares Schicksal. Er kann auch Folge der Nebenwirkung von sogenannten "QT-Intervall verlängernden" Arzneimitteln (QT-IVAM) sein, die derartige Rhythmusstörungen auslösen können. Die gleichzeitige Verordnung mehrerer QT-IVAM ist besonders gefährlich und daher in der Regel nicht angezeigt.
Die gleichzeitige Behandlung eines Patienten mit mehreren Arzneimitteln, die das sogenannte "QT-Intervall" im EKG verlängern, kann die Gefährdung für einen plötzlichen Herztod steigern. Die Nebenwirkungen werden in vielen Fällen nicht erkannt – weil die nicht zu kombinierenden Arzneimittel häufig durch verschiedene Ärzte verordnet werden. Aktuelle Risikowarnungen der deutschen, europäischen und amerikanischen Zulassungsbehörden weisen für Patienten, die Arzneimittel mit den Wirkstoffen Citalopram oder Escitalopram einnehmen, darauf hin, dass eine Kobination mit weiteren QT-Intervallverlängernden Arzneimitteln vermieden werden sollte. Beide Wirkstoffe werden oft bei Depressionen verordnet.
Aus der Anzahl der jährlich in Deutschland verordneten Tagesdosen Citalopram und Escitalopram von mehr als 200 Millionen (Arzneiverordnungs-Report 2011) kann abgeleitet werden, dass bis zu 1,8 Millionen Menschen deutschlandweit mit diesen Wirkstoffen behandelt werden und von dem Risiko betroffen sein könnten.
Hier setzt das bundesweit einzigartige Projekt der IKK Südwest und ihrer Kooperationspartner an, das mehrere internationale Alleinstellungsmerkmale aufweist und mit dem Innovationspreis Gesundheit der Financial Times Deutschland ausgezeichnet wurde.
Mit Hilfe einer speziell entwickelten Software des Unternehmens RpDoc Solutions werden auf Basis der Arzneimittelverordnungsdaten die Patienten ermittelt, die gleichzeitig mehrere QT-IV Arzneimittel verordnet bekommen und damit ein potentiell vermeidbares Risiko für den plötzlichen Herztod haben. "Das RpDoc Risiko-Radar Arzneitherapie identifiziert vermeidbare verordnungsbedingte Risiken, die der einzelne Arzt nicht oder nur schlecht erkennen kann", so Simone Grandt, Geschäftsführerin des Unternehmens.
Sofern der betroffene Patient sein Einverständnis dazu gibt, werden die ihn behandelnden Ärzte über die Gesamtmedikation und die ermittelten Risiken informiert. Dies ermöglicht es dem Arzt, gegebenenfalls alternative Arzneitherapien einzusetzen. Die Bewertung der potenziellen Risiken und die anschließende Information der Versicherten und Ärzte erfolgt in enger Abstimmung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland. "Die KV Saarland sieht in dem Programm ein praxisgerechtes Modell, das dem Arzt ermöglicht, Risiken für den Patienten zu erkennen und zu vermeiden", sagt Dr. Gunter Hauptmann, Vorsitzender des Vorstandes der KV Saarland.
"Das Saarland will mit diesem weltweit einzigartigen Projekt einen Impuls geben, auf diesem Weg weiter zu gehen und die Arzneimitteltherapiesicherheit für die Patientinnen und Patienten gerade auch bei vermeidbaren Risiken signifikant zu erhöhen. Das Projekt wurde Anfang Juni 2012 bei der e-Health-Conference in Saarbrücken vorgestellt und seitdem stetig weiterentwickelt.", sagt der saarländische Gesundheitsminister Andreas Storm als Schirmherr des gemeinsamen Projekts.
"Als innovativer Krankenversicherer fühlen wir uns verpflichtet, unsere Versicherten vor gefährlichen Wechselwirkungen von Arzneimitteln bestmöglich zu schützen. Wir sind daher stolz auf unsere Vorreiterrolle beim Kampf gegen den plötzlichen Herztod", erläutert Frank Spaniol, Vorstand der IKK Südwest. Von Anfang an haben die Projektpartner eng mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammengearbeitet, das, wie das saarländische Gesundheitsministerium das Projekt auch finanziell unterstützt hat. (pm)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.