Gehirn speichert neue und alte Erinnerungen in unterschiedlicher Weise
Bei der Erinnerung besteht ein Unterschied zwischen kürzlichen Ereignissen und lange zurückliegenden Erfahrungen. Dies zeigt sich zum Beispiel auch bei Demenz-Patienten, die sich mitunter nicht an die Erlebnisse der letzten Minuten erinnern können, aber Erfahrungen aus ihrer Jungend noch relativ exakt im Kopf haben. Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben in einer aktuellen Studie untersucht, inwiefern das Gehirn Erinnerungen abhängig von der zurückliegenden Zeit des Geschehens anders verarbeitet. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in dem Fachmagazin „eLIFE“.
Das Gehirn unterscheidet bei der Erinnerung, je nachdem, wie lange das Geschehene zurückliegt. Es macht einen Unterschied, ob wir uns an Episoden erinnern, die weit in der Vergangenheit liegen oder an solche, die eben erst passiert sind, berichtet dir RUB. Neurowissenschaftlerinnen der RUB haben gemeinsam mit einem Forscher der Osaka University die unterschiedliche Arbeitsweise des Gehirns bei den verschiedenen Erinnerungen analysiert. Sie stellten fest, dass abhängig von der zurückliegenden Zeit des Geschehens unterschiedliche Hirnregionen beteiligt sind.
Was passiert im Gehirn bei lange zurückliegenden Erinnerungen?
Laut Mitteilung der RUB besteht Einigkeit unter Neurowissenschaftler darüber, dass die Hirnregion des Hippocampus eine entscheidende Rolle beim Abrufen kürzlich gespeicherter Erinnerungen spielt. Hierbei seien die zu ihm gehörenden Corno-Ammonis-Regionen 1 und 3 (CA1 und CA3) besonders aktiv. In den Regionen finden sich große, weit verzweigte Nervenzellen, die beim Abrufen der Erinnerungen aktiviert werden. Allerdings diskutieren „Gedächtnisforscher jedoch kontrovers, was passiert, wenn abgerufene Erinnerungen ein halbes Leben zurück liegen“, berichtet die RUB. Hier stelle sich die Frage, ob der Hippocampus noch involviert ist oder angrenzende, „parahippocampale“ Regionen dann eine größere Rolle spielen.
Veränderte Aktivierung der Hirnregionen
Das Forscherteam um Prof. Dr. Magdalena Sauvage konnte jetzt beobachten, „dass die CA3-Region, die als der Erinnerungsspeicher im Hippocampus gilt, keine Rolle mehr zu spielen scheint, wenn wir sehr alte Erinnerungen abrufen“, so die Mitteilung der RUB. Vielmehr seien in diesem Fall weiterhin CA1 und zusätzlich angrenzende Bereiche des Hippocampus gefragt. Laut Prof. Sauvage könnte der Grund für diese Änderung in der Arbeitsweise der CA3-Region liegen. So werden in der Region „CA3 Erinnerungen abgerufen, indem aus einem abgespeicherten Merkmal die ursprüngliche Erinnerung vervollständigt wird“, erläutert die Expertin. „Wir vermuten, dass diese Kurznotizen über die Jahre immer stärker abbauen und letztendlich nicht mehr als ‚Erinnerungsstütze‘ genutzt werden können“, berichtet Sauvage weiter. So müsse „das Gehirn auf CA1 und Prozesse in angrenzenden Bereichen des Hippocampus zurückgreifen.“ (fp)
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