Wegen zu hohen Kosten: Patientenbesuche beim Arzt sollen weniger werden
Jeder deutsche Patient geht im Schnitt 17 Mal im Jahr zum Arzt. Den Kassenärzten zufolge seien längst nicht alle Besuche notwendig. Daher wollen sie die Zahl der Patientenbesuche in Zukunft besser steuern. Die Krankenkassen sind skeptisch.
Durchschnittlich 17 Mal im Jahr zum Arzt
Während es vor vier Jahren hieß, die Mehrheit der Deutschen geht nicht oft zum Arzt, wurde ein Jahr später darüber gerätselt, ob die Zahl der Arztbesuche tatsächlich sinkt. Und jetzt heißt es, die Bundesbürger würden zu oft einen Mediziner aufsuchen. So sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Im Durchschnitt geht in Deutschland jeder Patient 17 Mal zum Arzt, entweder zum selben oder zu mehreren. Das sind sehr viele Kontakte – und längst nicht alle sind notwendig.“
Arzt-Besuche sollen besser gesteuert werden
Der Agentur zufolge wollen die niedergelassenen Ärzte die Arzt-Besuche von Patienten besser steuern, um Kosten und Ressourcen zu sparen. Gassen machte deutlich, dass es für eine bessere Steuerung wichtig sei, einen Ansprechpartner als erste Anlaufstation zu haben. Das könnte der Hausarzt sein oder auch ein Facharzt, bei dem der Patient – zum Beispiel wegen einer chronischen Erkrankung wie Rheuma – dauerhaft in Behandlung ist. Auf diese Weise erhalte der Patient „eine Leitschnur verbunden mit entsprechenden Behandlungsangeboten, die er nutzen kann“. Zudem ließen sich unnötige Krankenhausaufenthalte vermeiden.
Menschen zu besserer Gesundheit motivieren
Die Hausärzte in Deutschland sind mit den Überlegungen nicht ganz einverstanden. Sie sehen sich als einzige und erste Anlaufstelle zur Patientensteuerung. „Die hohe Anzahl unnötiger Arzt-Patienten-Kontakte oder die vielen überflüssigen Krankenhausaufenthalte, werden nur dann nachhaltig gelöst werden, wenn wir ein frei wählbares hausärztliches Primärarztsystem flächendeckend umsetzen“, erläuterte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, gegenüber der dpa. Und die Techniker Krankenkasse (TK) befürchtet in einer solchen Patientensteuerung vor allem eine Bevormundung ihrer Versicherten. „Erfolgversprechender als eine Steuerung im Sinne eines Dirigierens oder Bevormundens ist es in unseren Augen, die richtigen Anreize zu setzen und die Menschen zu motivieren, sich um ihre Gesundheit zu kümmern“, so TK-Chef Jens Baas. Das könnte in Form von Bonusprogrammen passieren oder über Gesundheitscoaches, die eine gezielte Unterstützung anböten – sowohl für Gesunde als auch für Kranke.
Freie Arztwahl muss erhalten bleiben
Der KBV-Vorstandsvorsitzende Gassen hob hervor, dass die freie Arztwahl grundsätzlich erhalten bleiben müsse. „Wir müssen aber darüber diskutieren, wie wir unser Gesundheitswesen zukunftsfest gestalten wollen. Die Nachfrage und die Kosten nach medizinischen, pflegerischen und anderen Leistungen werden allein schon auf Grund der demografischen Entwicklung steigen.“ Entsprechend müsse über mehrere Wahltarife in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nachgedacht werden. Wenn ein Patient selbst entscheiden will, welche medizinischen Leistungen er nutzen wolle, sollten die Mehrbelastungen des Systems über zusätzliche Beiträge aufgefangen werden.
Unnötig viele Krankenhausaufenthalte vermeiden
Die Krankenkassen müssten bei guter Steuerung aber auch über Beitragsrückerstattungen nachdenken. „Wir versprechen uns hierdurch … einen bewussteren Umgang mit der Ressource „Arzt““, sagte der KBV-Chef. „Einen fertigen Plan haben wir noch nicht“, so Gassen. Doch bis zum nächsten Ärztetag im Mai in Hamburg soll ein fertiges Konzept vorgelegt werden. Einig sind sich Haus- und Fachärzte darin, mit einer besseren Steuerung unnötig viele Klinikaufenthalte zu vermeiden. Wie Gassen erklärte, entstehen nach Erhebungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) über sieben Milliarden Euro Kosten durch unnötige Krankenhauseinweisungen – also durch Einweisungen von Fällen, die eigentlich ambulant behandelt werden könnten. Auch die Notaufnahmen in Kliniken sind oft völlig überbelegt, wird seit Jahren berichtet. (ad)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.