TK-Studie: Stress in Deutschland ein weit verbreitetes Problem
Stress ist ein Alltagsphänomen, das heute fast jeder Erwachsene kennt und auch viele Kinder fühlen sich bereits gestresst.. In einer aktuellen Studie ist die Techniker Krankenkasse (TK) dem Auftreten von Stress in der Bevölkerung, dessen Ursachen, möglichen Folgen und den beliebtesten Entspannungsmethoden nachgegangen. Sechs von zehn Erwachsenen leiden demnach unter Stress, jeder vierte fühlt sich häufig gestresst.
Sind die Menschen hierzulande mehr gestresst oder sprechen wir nur mehr darüber? Diese und andere Fragen hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Techniker Krankenkasse für die aktuelle Studie untersucht. Ein hoher Anteil der Erwachsenen leidet demnach regelmäßig unter Stress, wobei insbesondere die Belastungen durch die ständige digitale Erreichbarkeit bei vielen Berufstätigen eine Rolle spielen. Aber auch die Vielzahl an Freizeittermin führt bei fast einem Drittel der Befragten zu Stress.
Stress auch mit positiven Aspekten
An sich ist Stress nicht zwangsläufig schlecht. „Evolutionsbiologisch sorgte Stress seit jeher dafür, dass wir in Notfallsituationen Höchstleistungen vollbringen können“, erläutert Holger Stanislawski, Ex-Fußballtrainer und Unternehmer in einem Vorwort zu der aktuellen TK-Studie. Allerdings erfordere die Höchstleistung auch einen erhöhten Energieeinsatz und sei deshalb immer nur für einen begrenzten Zeitraum gesund. Wer nicht regelmäßig für Ausgleich sorgt, gelange leicht an die Grenzen der Belastbarkeit. Dann verlieren die positiven Effekte von Stress ihre Wirkung und Betroffenen fühlen sich gereizt, ausgelaugt und überfordert, so die Mitteilung der TK.
1.200 Menschen zur ihrer Stressbelastung befragt
Für die repräsentative Untersuchung wurden im Juni und Juli 2016 durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1.200 deutschsprachige Personen im Alter ab 18 Jahren zu ihrer Stressbelastung und ihren Entspannungsstrategien in Alltag, Freizeit und Beruf befragt. Die Umfrage sollte unter anderem klären, wie die aktuelle Stresslage der Nation ist, was Männer, Frauen, Junge, Alte, Eltern und Singles besonders stresst, wie die Leute entspannen und wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind, so die Mitteilung der TK. Auch stellte sich die Frage, wie sich eine digitale Gesellschaft und Arbeitswelt gesund gestalten lassen, wo die Arbeitgeber gefordert sind und was jede/r Einzelne tun kann.
Sechs von zehn Erwachsenen gestresst
Trotz sinkender wöchentlicher Arbeitszeit sind die Fehlzeiten aufgrund psychischer Beschwerden wie Depressionen, Angst- und Belastungsstörungen in den letzten 15 Jahren um fast 90 Prozent gestiegen, berichtet die TK. „Sechs von zehn Erwachsenen hierzulande stehen unter Strom, fast jeder Vierte gibt sogar an, häufig gestresst zu sein“, so die Krankenkasse weiter. Als wichtigste Stressfaktoren seien in der aktuellen Studie „der Job (46 Prozent), hohe Eigenansprüche (43 Prozent), Termindichte in der Freizeit (33 Prozent), Straßenverkehr (30 Prozent) sowie die ständige digitale Erreichbarkeit (28 Prozent)“ zu erkennen.
Erreichbarkeit nach Feierabend ein erheblicher Stressfaktor
Die ständige digitale Erreichbarkeit betrifft laut Angaben der TK vor allem Berufstätige. So gaben drei von zehn Beschäftigten an, ihr Job erfordere eine Erreichbarkeit auch nach Feierabend oder im Urlaub. Bei ihnen lag der Stresspegel dementsprechend besonders hoch. 73 Prozent litten unter Stress. Den Beschäftigten werde heute deutlich mehr Flexibilität abverlangt, da „die Digitalisierung, die Globalisierung der Märkte und der Anspruch der Kunden, rund um die Uhr alles erledigen zu können, unsere Arbeitswelt in den letzten Jahren deutlich verändert“ haben, erläutert Dr. Jens Baas, Vorstandvorsitzender der TK: Wenn aber fast 30 Prozent der Erwerbstätigen angeben, dass sie auch nach Feierabend und im Urlaub erreichbar sein müssen, dann laufe in der Betriebsorganisation etwas falsch. „Das spricht nicht für eine gesunde Unternehmenskultur“, so Baas.
Welches sind die beliebtesten Entspannungsaktivitäten?
Die Studie der TK lässt auch einige durchaus erfreulichen Aspekt erkennen. Immerhin 40 Prozent der Befragten gaben an, sich selten oder nie gestresst zu fühlen. Zudem nutzt immerhin knapp die Hälfte der Befragten Sport als Ausgleich. Allerdings sind Faulenzen, sich mit Freunden und Familie treffen und andere Hobbys weiterhin die beliebtesten Entspannungsaktivitäten (sieben von zehn Befragten). Spazierengehen und Musikhören nutzen laut Angaben der TK jeweils sechs von zehn Erwachsenen und 36 Prozent entspannen durch ehrenamtliches Engagement. „Ein Drittel greift zur Flasche und entspannt mit Wein oder Bier“, berichtet die TK weiter. Anerkannte Entspannungsmethoden wie Yoga oder Autogenes Training würden hingegen nur von 13 Prozent der Befragten genutzt.
Digitale Entspannung immer beliebter
Bei fast 30 Prozent der Befragten war die digitale Entspannung mit Computerspielen oder in sozialen Netzwerken eine beliebte Methode. Hier haben sich „allerdings eklatante Unterschiede zwischen den Altersgruppen“ ergeben, berichtet der TK-Experte Peter Wendt. Bei den 18- bis 39-Jährigen verbringe fast die Hälfte seinen Feierabend gerne online und bei den 40- bis 59-Jährigen sei es nur noch knapp ein Viertel. „Zumindest für diejenigen, die schon ihren Arbeitstag vor dem Bildschirm verbringen, ist das keine Strategie, die wir empfehlen würden“, betont Dr. Baas. Wer seinen Feierabend in der gleichen passiven Haltung vor dem flimmernden Bildschirm verbringe wie zuvor den Arbeitstag, finde hierin keinen Ausgleich.
Stress im Alter unter 40 Jahren am größten
Insgesamt liegt der Stresspegel bei den Erwachsenen im Alter unter 40 Jahren am höchsten, berichtet die TK. Drei von vier Befragten seien hier gestresst und nur fünf Prozent in dieser Altersgruppe hätten keinen Stress. „Glücklicherweise sind die meisten in jungen Jahren so gesund, dass sich der Stress gar nicht so bemerkbar macht. Aber gerade angesichts der Mehrfachbelastungen und des langen Arbeitslebens, das noch vor ihnen liegt, ist regelmäßiger Ausgleich wichtig“, betont des TK-Vorstandsvorsitzende.
Beruflicher Stress kann auch anspornen
Unter den Berufstätigen fühlen sich laut Angaben der TK „43 Prozent abgearbeitet und verbraucht.“ Zwar werde dies vor allem von Beschäftigten im höheren Erwerbsalter geäußert, doch auch 37 Prozent der Beschäftigten unter 40 Jahren kennen das Gefühl bereits. Insgesamt mache sich zudem fast ein Fünftel der Berufstätigen Sorgen, das Arbeitstempo nicht mehr mithalten zu können. Allerdings sei Stress auf der Arbeit nicht für alle Befragten gleich belastend. So gaben immerhin 42 Prozent der Befragten an, dass beruflicher Stress sie eher ansporne als belaste.
Unternehmenskultur für ein gesundes Arbeiten
„Ob man Stress als Herausforderung oder als Belastung empfindet, hängt offenbar damit zusammen, ob man eine Aufgabe hat, die Spaß macht“, erläutert der TK-Experte Peter Wendt. Dies können immerhin 70 Prozent der Berufstätigen von ihrer Arbeit sagen, knapp ein Viertel sehe den Job nur als Broterwerb und für jeden zwanzigsten Berufstätigen sei die Arbeit reiner Frust. Staatliche Regulierungen zur Reduzierung der Stressbelastung im Betrieb sind nach Auffassung des TK-Chefs der falsche Weg. „Wir brauchen eine Unternehmenskultur in den Betrieben, die es den Menschen ermöglicht, gesund zu arbeiten, zu regenerieren und Familie und Beruf in Einklang zu bringen“, so Baas. Dazu gehöre auch, „dass Feierabend ist mit der ständigen Erreichbarkeit.“ (fp)
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