Cholesterinsenker lassen Diabetes schneller fortschreiten
Statine gehören in Deutschland und in anderen Industrieländern zu den am meisten eingenommenen Medikamenten. Diabetes ist ebenfalls weit verbreitet. Rund jede zehnte erwachsene Person leidet hierzulande unter der Stoffwechselkrankheit – Tendenz steigend. Statine stehen unter Verdacht, die Diabetes-Progression zu beschleunigen. Dieser Zusammenhang wurde nun in der bislang größten Studie ihrer Art überprüft.
Forschende der University of Texas (USA) bestätigten im Rahmen einer Langzeitstudie, dass die Einnahme von Statinen mit einem schnelleren Fortschreiten von Diabetes-Erkrankungen verbunden ist. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „JAMA Network“ vorgestellt.
Was sind Statine?
Statine sind die am meisten verordneten Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels. Nach Einnahme fährt die körpereigene Cholesterinproduktion herunter und der Cholesterinspiegel im Blut nimmt ab. Dies soll verhindern, dass sich Cholesterin an den Gefäßwänden ablagert und eine Verengung (Arteriosklerose) entsteht, die das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöht. Die enthaltenen Wirkstoffe sind je nach Produkt beispielsweise Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pitavastatin, Pravastatin, Rosuvastatin und Simvastatin.
Was wurde untersucht?
Um zu untersuchen, welcher Zusammenhang zwischen einer Statinbehandlung und dem Fortschreiten von Diabetes besteht, analysierte das Team Daten von 83.022 Teilnehmenden, die im Rahmen einer Langzeitstudie in den Jahren 2003 bis 2015 medizinisch überwacht wurden. Eine Gruppe der Probandinnen und Probanden nahm Statine ein, die andere nicht.
Diabetes und Statine
Unter den an Diabetes leidenden Teilnehmenden schritt die Krankheit signifikant schneller voran, wenn Statine eingenommen wurden, als bei Teilnehmenden, die die Cholesterinsenker nicht einnahmen. Im Durchschnitt kam es im Laufe des Studienzeitraumes bei 55,9 Prozent der Statin-Anwendenden zu einer Diabetes-Progression. Bei den Teilnehmenden, die keine Statine einnahmen, verschlimmerte sich die Krankheit nur in 48 Prozent der Fälle.
Risiko stieg auf allen Ebenen
Der Auswertung zufolge stieg das Risiko mit der Statin-Dosis. Je mehr Statine eingenommen wurden, desto höher war das Risiko, dass sich eine bereits vorhandene Diabetes-Erkrankung verschlimmerte. Darüber hinaus hatten die Statin-Nutzenden eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass eine Insulinbehandlung erforderlich wurde oder dass sich eine Hyperglykämie (zu hoher Blutzucker) entwickelte. Auch das Risiko für akute glykämische Komplikationen sowie für eine höhere erforderliche Dosis von Diabetes-Medikamenten war unter den Statin-Nutzenden höher.
Nutzen-Risiko-Verhältnis von Statinen stärker berücksichtigen
Die Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass eine Einnahme von Statinen mit einer Diabetes-Progression verbunden ist. Sie empfehlen Ärztinnen und Ärzten, das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Statin-Einnahme bei Diabetes-Betroffenen stärker zu berücksichtigen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ishak A. Mansi, Matthieu Chansard, Ildiko Lingvay, et al.: Association of Statin Therapy Initiation With Diabetes Progression A Retrospective Matched-Cohort Study; in: JAMA Network, 2021., jamanetwork.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.