Rolle von SETDB2 bei COVID-19 und Typ-2-Diabetes
In einer aktuellen Untersuchung wurden mögliche Gründe dafür identifiziert, warum Typ-2-Diabetes einen der Hauptrisikofaktoren für schwere Erkrankungen an COVID-19 darstellt. Die neuen Erkenntnisse geben auch Hoffnung auf eine mögliche Therapie.
In einer aktuellen Forschungsarbeit der University of Michigan wurde der Zusammenhang zwischen dem Enzym SETDB2 und ausufernden Entzündungen untersucht, welche bei Menschen mit COVID-19 auf Intensivstationen beobachtet wurden. Dieses Enzym wird bisher vor allem mit nicht heilenden, entzündlichen Wunden bei Menschen mit Diabetes in Verbindung gebracht. Die neuen Studienergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.
Weniger SETDB2 in Immunzellen bei Diabetes
In einen Mausmodell der Coronavirus-Infektion fanden die Forschenden zunächst heraus, dass SETDB2 in Immunzellen (Makrophagen), welche an der Entzündungsreaktion beteiligt sind, bei infizierten Tieren mit Diabetes vermindert war. Später stellte das Team dasselbe in sogenannten Monozyten-Makrophagen im Blut von Menschen mit Diabetes und schwerem COVID-19 fest.
Zytokinsturm durch wenig SETDB2
„Wir glauben, dass wir einen Grund dafür haben, warum diese Patienten einen Zytokinsturm entwickeln”, berichtet Studienautor Dr. W. James Melvin in einer Pressemitteilung der University of Michigan. In den Maus- und Menschenmodellen nahm die Entzündung zu, wenn SETDB2 reduziert wurde. Darüber hinaus zeigte sich, dass ein als JAK1/STAT3 bekannter Signalweg SETDB2 in Makrophagen während einer Coronavirus-Infektion reguliert, erläutern die Forschenden weiter.
Neue Therapie in Aussicht
Zusammengenommen weisen die Ergebnisse laut den Fachleuten auf einen potenziellen therapeutischen Weg hin. Frühere Ergebnisse des Teams zeigten bereits, dass Interferon, ein für die virale Immunität wichtiges Zytokin, SETDB2 als Reaktion auf die Wundheilung erhöht.
Jetzt stellten die Forschenden fest, dass das Blutserum von Personen auf der Intensivstation mit Diabetes und schwerem COVID-19 im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes geringere Interferon-beta-Spiegel aufwies.
„Interferon wurde während der gesamten Pandemie als potenzielle Therapie untersucht, wobei immer wieder versucht wurde, den Interferonspiegel zu erhöhen oder zu senken. Ich habe den Eindruck, dass seine Wirksamkeit als Therapie sowohl vom Patienten als auch vom Zeitpunkt abhängt“, so Studienautorin Dr. Katherine Gallagher.
Entzündliche Zytokine konnten reduziert werden
Um dies genau zu untersuchen, verabreichten die Fachleute mit dem Coronavirus infizierten diabetischen Mäusen Interferon beta. So kontnen sie SETDB2 erhöhen und entzündliche Zytokine verringern.
„Wir versuchen herauszufinden, was SETDB2 steuert, das sozusagen der Hauptregulator für viele dieser entzündlichen Zytokine ist, von denen man hört, dass sie bei COVID-19 erhöht sind, wie IL-1B, TNFalpha und IL-6″, erklärt Dr. Gallagher.
„Wenn man sich ansieht, was SETDB2 kontrolliert, stehe Interferon am oberen Ende, während JaK1 und STAT3 in der Mitte stehen. Interferon erhöht beide, was wiederum SETDB2 in einer Art Kaskade erhöht. Dies sei wichtig, weil die Identifizierung des Weges andere potenzielle Möglichkeiten zur gezielten Bekämpfung des Enzyms eröffne“, fügt die Expertin hinzu.
Die Fachleute hoffen, dass die Ergebnisse dieser Studie in die laufenden klinischen Versuche mit Interferon oder anderen nachgeschalteten Komponenten des Stoffwechselwegs, einschließlich epigenetischer Ziele, für COVID-19 einfließen werden.
Zeitpunkt und Zellspezifität wichtig
Die aktuelle Forschungsarbeit unterstreiche die Notwendigkeit, den Zeitpunkt und die Zellspezifität der Therapie zu verstehen und ihre Anwendung auf die Grunderkrankung der Menschen abzustimmen, insbesondere bei Personen mit Diabetes, so das Team.
Die Untersuchung habe außerdem gezeigt, dass es einen großen Unterschied machen könne, wenn Menschen mit Diabetes gezielt mit Interferon behandeln würden, insbesondere in einem frühen Stadium der Infektion, fügt Studienautor Dr. Melvin hinzu. (as)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- William J. Melvin, Christopher O. Audu, Frank M. Davis, Sriganesh B. Sharma, Amrita Josh, et al.: Coronavirus induces diabetic macrophage-mediated inflammation via SETDB2; in: Proceedings of the National Academy of Sciences (veröffentlicht 21.09.2021), PNAS
- University of Michigan: Why Do People with Diabetes Develop Severe COVID-19? (veröffentlicht 07.09.2021), University of Michigan
Wichtiger Hinweis:
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