Darmmikrobiota bilden spezielles Risiko-Molekül für Diabetes
Die Darmflora hat maßgeblichen Einfluss auf unsere Gesundheit und Veränderungen ihrer Zusammensetzung können laut einer aktuellen Studie auch zu einem erhöhten Diabetes-Risiko beitragen.
Bakterielle Veränderungen im Darm können zur erhöhten Produktion eines speziellen Moleküls führen, das die Körperzellen bei Typ-2-Diabetes gegen Insulin resistent macht, berichtet die Universität Göteborg von den Ergebnissen der sogenannten MetaCardis-Studie. Veröffentlicht wurden die Studienergebnisse in dem Fachmagazin „Nature Communications“.
Der Darmflora wird bei verschiedenen Krankheiten eine maßgebliche Rolle zugeschrieben und auch ein Zusammenhang mit Diabetes wurde bereits mehrfach untersucht. So haben frühere Forschungsarbeiten unter der Leitung von Professor Fredrik Bäckhed von der Universität Göteborg beispielsweise gezeigt, dass Diabetes mit einer Veränderung in der Zusammensetzung von Darmbakterien in Verbindung gebracht werden kann.
Veränderter Metabolismus der Aminosäure Histidin
Diese Veränderungen der Darmbakterien führen zu einer erhöhten Produktion von Molekülen, die zu Diabetes beitragen können, berichtet die Universität Göteborg weiter. Durch die veränderte Darmflora ändere sich der Metabolismus der Aminosäure Histidin, was wiederum zu einer erhöhten Produktion von Imidazolpropionat führt, dem Molekül, das die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin verhindert.
Veränderungen schon bei Prädiabetes
In der MetaCardis-Studie unter Leitung von Professorin Karine Clément von der Universität Sorbonne wurde nun anhand von 1.990 Teilnehmenden aus Dänemark, Frankreich und Deutschland bestätigt, dass bei Diabetes erhöhte Werte von Imidazolpropionat im Blut auftreten. „Die Studie zeigt auch, dass die Konzentrationen von Imidazolpropionat erhöht sind, noch bevor die Diagnose Diabetes gestellt wird, im Stadium des sogenannten Prädiabetes“, erläutert Professor Bäckhed.
Da die Werte auch bei Prädiabetes erhöht seien, könne dies darauf hindeuten, dass Imidazolpropionat in einigen Fällen die Krankheit auslösen oder zu deren Fortschreiten beitragen kann, so Professor Bäckheld weiter. Die Veränderungen der Darmmikrobiota, die bei Menschen mit Typ-2-Diabetes beobachtet wurden, seien geprägt durch weniger Arten der normalen glukosetoleranten Individuen, was auch mit anderen Krankheiten zusammenhänge.
Senkung des Diabetes-Risikos möglich?
Aus den Studienergebnissen leitet sich unweigerlich die Frage ab, inwiefern durch Stimulierung einer gesunden Darmflora möglicherweise auch das Diabetes-Risiko gesenkt werden kann. Hier sind nun weitere Studien wünschenswert, die gezielt untersuchen, ob eine Verringerung der Imidazolpropionat produzierenden Bakterien möglich ist und welche Auswirkungen auf das Erkrankungsrisiko erwartet werden können. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Antonio Molinaro, Pierre Bel Lassen, Marcus Henricsson, Hao Wu, Solia Adriouch, Eugeni Belda, Rima Chakaroun, Trine Nielsen, Per-Olof Bergh, Christine Rouault, Sébastien André, Florian Marquet, Fabrizio Andreelli, Joe-Elie Salem, Karen Assmann, Jean-Philippe Bastard, Sofia Forslund, Emmanuelle Le Chatelier, Gwen Falony, Nicolas Pons, Edi Prifti, Benoit Quinquis, Hugo Roume, Sara Vieira-Silva, Tue H. Hansen, Helle Krogh Pedersen, Christian Lewinter, Nadja B. Sønderskov, The MetaCardis Consortium, Lars Køber, Henrik Vestergaard, Torben Hansen, Jean-Daniel Zucker, Pilar Galan, Marc-Emmanuel Dumas, Jeroen Raes, Jean-Michel Oppert, Ivica Letunic, Jens Nielsen, Peer Bork, S. Dusko Ehrlich, Michael Stumvoll, Oluf Pedersen, Judith Aron-Wisneswky, Karine Clément, Fredrik Bäckhed: Imidazole propionate is increased in diabetes and associated with dietary patterns and altered microbial ecology; in: Nature Communications (veröffentlicht 18.11.2020), nature.com
- University of Gothenburg: The gut microbiota forms a molecule that can contribute to diabetes progression (veröffentlicht 18.11.2020), gu.se
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