Diabetes: Wie hoch der Langzeitblutzuckerwert maximal sein sollte
Bei Menschen, die an Diabetes leiden, werden regelmäßig zwei Laborwerte gemessen: Zum einen der Nüchternblutzucker und zum anderen der Langzeitblutzuckerwert (HbA1c). Welchen Grenzwert letzterer nicht überschreiten sollte, um diabetesbedingte Schäden zu vermeiden, zeigt eine neue Studie.
Der Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) kann verwendet werden, um das Risiko einer Person mit Typ-1-Diabetes, Augen- und Nierenkomplikationen zu entwickeln, zu bestimmen. Laut einer Studie, die Personen mehr als 30 Jahre nach dem Auftreten von Typ-1-Diabetes begleitet hat, sollte dieser Wert unter 53 mmol/mol (7 %) liegen. Die Studienergebnissee wurden in der Fachzeitschrift „Diabetes Care“ veröffentlicht.
Komplikationen vermeiden
Wie in einer aktuellen Mitteilung der schwedischen Universität Linköping erklärt wird, können Menschen mit Diabetes Schäden an den kleinen Blutgefäßen in verschiedenen Organen erleiden.
Die Gründe dafür sind unklar, aber seit den 1990er Jahren ist bekannt, dass eine gute Kontrolle des Blutzuckerspiegels das Risiko von Komplikationen verringert. Bislang war jedoch nicht klar, welchen Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) Menschen mit Typ-1-Diabetes haben sollten, um ernsthafte Schäden an Blutgefäßen in Augen und Nieren zu vermeiden.
„Unsere Studie bestimmt genau die Werte des Langzeitzuckers, die Komplikationen vermeiden können. Dieses Wissen kann die Motivation einer Person erhöhen, ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle zu halten“, sagt Hans Arnqvist, emeritierter Professor an der Universität Linköping und Leiter der Studie.
Studie aus Schweden
Die Forschenden der aktuellen Studie haben alle Kinder und Erwachsenen unter 35 Jahren beobachtet, die im Zeitraum von 1983 bis 1987 in der South-East Healthcare Region of Sweden wegen Typ-1-Diabetes behandelt wurden.
Alle 447 in diesem Zeitraum neu diagnostizierten Personen in dieser Region wurden in die Studie aufgenommen. Das Forschungsteam hat die HbA1c-Werte der Patientinnen und Patienten verfolgt, die ihren durchschnittlichen Blutzuckerspiegel über einen längeren Zeitraum widerspiegeln.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben auch die Entwicklung von Augen- und Nierenschäden bei diesen Patientinnen und Patienten über einen Zeitraum von 32 bis 36 Jahren nach der Diagnose beobachtet.
Schäden an Blutgefäßen in Augen und Nieren
Die kleinen Blutgefäße im Auge sind bei Typ-1-Diabetes besonders anfällig für Schäden. Bei fast allen Patientinnen und Patienten treten kleine Blutungen im Auge auf, die das Sehvermögen nicht beeinträchtigen.
In einigen Fällen entwickeln sich neue Blutgefäße in der Netzhaut. Diese „proliferative Retinopathie“ kann zur Erblindung führen. Eine weitere Auswirkung von Diabetes betrifft den als „Makula“ bekannten Bereich der Netzhaut, in dem sich das hochfokussierte Sehen befindet. Schäden führen hier zu verschwommenem Sehen.
Die Nieren reagieren nicht so empfindlich auf hohe Blutzuckerwerte wie das Auge, aber auch hier können die wichtigen kleinen Blutgefäße geschädigt werden. Eine Folge solcher Schäden ist die Ausscheidung von Blutproteinen im Urin.
Albumin ist das Protein mit der höchsten Konzentration im Blut, und wenn es im Urin vorhanden ist, wird der Zustand als „Albuminurie“ bezeichnet. Die Schädigung der Nieren führt schließlich zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion und in schweren Fällen zu einem Nierenversagen.
Dies ist ein lebensgefährlicher Zustand, wenn er nicht behandelt wird, und der Patient oder die Patientin muss sich entweder einer Dialyse unterziehen oder eine Nierentransplantation erhalten.
Langzeitzuckerspiegel unter 53 mmol/mol
Gesunde Menschen ohne Diabetes haben in der Regel einen HbA1c-Wert zwischen etwa vier und sechs Prozent (20 und 40 mmol/mol).
„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass Menschen, die seit mindestens 32 Jahren mit Typ-1-Diabetes leben, ihren mittleren Langzeitblutzuckerspiegel unter 53 mmol/mol (7,0 %) halten sollten, um ernsthafte Schäden vollständig zu vermeiden“, erläutert Hans Arnqvist.
„Das Risiko von Augen- und Nierenkomplikationen steigt mit steigendem Spiegel. Unsere Schlussfolgerungen beziehen sich auf die Vermeidung von Komplikationen aufgrund von Blutgefäßschäden. Aber wenn ein Patient Probleme mit niedrigem Blutzucker, Hypoglykämie hat, ist es nicht möglich, den Blutzuckerspiegel so streng zu kontrollieren“, so der Wissenschaftler.
Der von den Ergebnissen der Studie vorgeschlagene Zielwert für HbA1c stimmt mit den von der American Diabetes Association empfohlenen individuellen Zielwerten überein.
Die Fachleute weisen aber auch darauf hin, dass die Studie keine Rückschlüsse auf die empfohlenen Blutzuckerwerte von Menschen, die schon länger als 30 Jahre mit Typ-1-Diabetes leben, zulässt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Linköping University: Recommended blood sugar levels to avoid diabetes-related damage, (Abruf: 14.09.2022), Linköping University
- Hans Arnqvist, Malin Westerlund, Mats Fredrikson, Johnny Ludvigsson & Maria Nordwall: Impact of HbA1c Followed 32 Years From Diagnosis of Type 1 Diabetes on Development of Severe Retinopathy and Nephropathy: The VISS Study; in: Diabetes Care, (veröffentlicht: 12.09.2022), Diabetes Care
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.