Chronische Wunden bei Diabetes: Rolle der Ernährung
In Deutschland leiden laut Fachleuten etwa drei Prozent der Bevölkerung an Diabetes mellitus. Diese Patientinnen und Patienten haben häufiger mit schlecht heilenden Wunden zu kämpfen. Welche Rolle spielt die Ernährung bei solchen Wunden?
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, sind chronische Wunden eine der vielen Folgeerkrankungen des Typ-2-Diabetes, die für die Patientinnen und Patienten mit einem hohen Leidensdruck verbunden sind. Wie groß das Risiko für die Entstehung schlecht heilender Wunden ist, hängt – wie bei verschiedenen anderen Diabetesfolgen – auch von der Ernährung ab. Welchen Einfluss aber hat die Ernährung auf bereits bestehende Wunden?
Blutzucker optimal einstellen
Hauptziel der Behandlung von Diabetes ist eine gute Stoffwechselkontrolle. Wenn der Blutzucker durch das Zusammenspiel von Ernährung, Bewegung und eventuellen Medikamenten optimal eingestellt ist, vermindert dies nicht nur das Gefäßrisiko, sondern es sorgt auch dafür, dass die Nervenfunktion erhalten bleibt.
„Beide Faktoren, die Schädigung von Nerven und von Blutgefäßen, tragen entscheidend zur Entstehung chronischer Wunden bei“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Skurk, Leiter des Forschungsschwerpunkts Humanstudien am Institute for Food & Health (ZIEL) der Technischen Universität München (TUM).
Die verminderte Sensibilität in den Füßen, welche mit der zuckerbedingten Nervenschädigung einhergeht, steigert das Risiko für Verletzungen und sorgt dafür, dass diese nicht sofort von Betroffenen bemerkt werden. Eingeschränkte Gefäßfunktion sowie Mangeldurchblutung wiederum führen dazu, dass Geschwüre entstehen, die nicht oder nur schwer verheilen.
Rasche Gewichtsreduktion nicht immer möglich
Wenn schon eine chronische Wunde besteht, ist die Rolle der Ernährung nicht mehr so leicht zu fassen. Denn auch wenn viele Diabetes-Typ-2-Patientinnen und -Patienten übergewichtig sind, weisen etliche zugleich eine Mangelernährung auf.
„Viele Patienten sind mit bestimmten Nährstoffen unterversorgt, die für die Immunabwehr und für die Wundheilung wichtig sind“, sagt Skurk. Dies gelte nicht nur für geriatrische Patientinnen und Patienten, wenngleich das Risiko bei diesen besonders hoch sei.
Um den Mangel nicht zu verschärfen, eine ausreichende Energiezufuhr zu sichern sowie den Allgemeinzustand zu erhalten, sei nicht immer eine rasche Gewichtsreduktion möglich.
Auch andere häufige Diabetes-Komplikationen im Blick behalten
Gerade bei großflächigen Wunden kommen noch weitere Probleme hinzu, die sich unmittelbar auf die Ernährung auswirken. „Hier kann es durch Wundsekrete zu einem ausgeprägten Flüssigkeits- und Eiweißverlust kommen, der ausgeglichen werden muss“, so Skurk.
Bei der Erhöhung der Trinkmenge sowie bei einer proteinreichen Ernährung müssten aber zugleich auch andere häufige Diabetes-Komplikationen wie Herz- oder Nierenerkrankungen im Blick behalten werden.
Versuche, die Wundheilung mithilfe bestimmter Aminosäuren, Vitamine oder Mineralstoffe zu verbessern, hätten laut dem Münchner Experten bislang nicht zum Durchbruch geführt. Ein nachgewiesener Nährstoffmangel sollte aber in jedem Fall ausgeglichen werden.
Potenzial für Ernährungseffekt vorwiegend in der Prävention
Ob und wie sich die Heilung bereits bestehender Wunden durch solche Ernährungsinterventionen fördern lässt, ist noch unklar, denn Studien zu diesem Thema sind bislang rar. „Lokale Maßnahmen wie Wundsäuberung, Wundabdeckung und Infektionskontrolle sind für den Heilungsprozess sicher entscheidender“, erläutert Skurk.
Das größere Potenzial für einen Ernährungseffekt liege vorwiegend in der Vorbeugung. Alles, was dabei helfe, einen Typ-2-Diabetes gar nicht erst entstehen zu lassen – also eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichende Bewegung –, trage auch dazu bei, chronische Wunden zu verhindern, auch und vor allem wenn schon ein Typ-2-Diabetes bestehe.
Was zu einem gesunden Lebensstil gehört, ist den meisten Menschen zwar bekannt, doch fällt es vielen nicht leicht, Sport oder regelmäßige Spaziergänge in den Alltag zu integrieren und auf hochkalorische Snacks zu verzichten.
Hier sei auch die Politik gefragt. Zu den konkreten Maßnahmen, die die DDG im Rahmen der Nationalen Diabetesstrategie fordert, zählen die Einführung einer sogenannten „gesunden Mehrwertsteuer“ – mit steuerlicher Entlastung für gesunde sowie Steuererhöhungen auf ungesunde Lebensmittel – sowie eine verpflichtende Kennzeichnung mit dem Nutri-Score für alle Lebensmittel.
Des Weiteren empfiehlt die DDG, verbindliche Standards für eine gesunde Kita- und Schulverpflegung zu formulieren, täglich eine Stunde Bewegung in die Stundenpläne einzubauen und ungesunde Lebensmittel für Kinder mit einem umfassenden Werbeverbot zu belegen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Wunden beim Typ-2-Diabetes: welche Rolle die Ernährung spielt, (Abruf: 15.11.2022), Deutsche Diabetes Gesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.