Diabetes: Bedeutung von Übergewicht für Spätfolgen
Mehr als sieben Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes. Die Stoffwechselkrankheit kann diverse Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Forschende berichten nun, dass eine Gewichtsreduktion übergewichtigen Betroffenen helfen kann, Spätfolgen zu vermeiden.
Wenn Menschen mit Typ-2-Diabetes übergewichtig sind, leiden sie offenbar häufiger an Schäden der kleinen Blutgefäße. Das lassen die im Fachblatt „Diabetologia“ veröffentlichten Ergebnisse der Potsdamer „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition“ (EPIC)-Studie vermuten, die das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) kürzlich vorgestellt haben.
Steigendes Risiko für Spätfolgen durch Übergewicht
Wie das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in einer aktuellen Mitteilung erläutert, ist Typ-2-Diabetes eine Erkrankung des Stoffwechsels, bei der die Zuckerwerte im Blut ohne Behandlung dauerhaft erhöht sind.
Wenn Betroffene zunehmen und an Übergewicht beziehungsweise Fettleibigkeit (Adipositas) leiden, steigt möglicherweise das Risiko für Spätfolgen. Dies können Erkrankungen an den kleinen (mikrovaskulär) und großen Gefäßen (makrovaskulär) sein, die die Haupttodesursache für Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetiker sind.
Mikrovaskuläre Komplikationen verursachen Schäden an Nieren, Nerven und Augen, die Dialyse, Amputation sowie Blindheit nach sich ziehen können. Wenn die großen Gefäße betroffen sind, steigt die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Stellenwert der Gewichtsabnahme in Frage gestellt
Laut einer Mitteilung des DZD gilt eine erfolgreiche Gewichtsreduktion als wichtiger Teil der Therapie von Typ-2-Diabetes.
Trotzdem tauchen immer wieder Studien auf, die den Stellenwert des Abnehmens in Frage stellen und sogar darauf hindeuten, dass Diabetikerinnen und Diabetiker ihr Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall durch weniger Kilos auf der Waage kaum beeinflussen können
„Die meisten Studien beginnen allerdings bei bereits erkrankten Personen, bei denen das Gewicht auch Folge der medikamentösen Therapie sein kann. Wir haben den Body-Mass-Index (BMI) vor der Diabetesdiagnose und somit unbeeinflusst durch die Therapie untersucht“, erläutert die Erstautorin Elli Polemiti, Promovierende der Abteilung Molekulare Epidemiologie von Professor Schulze am DIfE.
Für ihre Untersuchung begleiteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund 1.000 Probandinnen und Probanden mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes, die frei von anderen chronischen Erkrankungen waren.
Sie bestimmten den Körpermassenindex (BMI) als Maß zur Einschätzung des Körpergewichts und es wurde geprüft, ob der BMI vor der Diabetesdiagnose und eine BMI-Änderung in den Monaten danach im Zusammenhang mit dem Auftreten von späteren Gefäßkomplikationen standen.
Schwere Folgeschäden
Im Laufe von zehn Jahren wurde in 85 Fällen ein Schlaganfall oder Herzinfarkt (makrovaskulär) sowie in 347 Fällen eine Schädigung der Nieren, Augen oder Nerven (mikrovaskulär) festgestellt.
Bei makrovaskulären Komplikationen ließ sich laut den Forschenden kein Zusammenhang mit dem Körpergewicht nachweisen.
Allerdings scheint Übergewicht die kleinen Blutgefäße bei Typ-2-Betroffenen zu stören. War der BMI zum Zeitpunkt der Diabetes-Diagnose um fünf Punkte höher, stieg das Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen um 21 Prozent – unabhängig vom Ausgangsgewicht.
Sank das Gewicht nach der Diagnose hingegen um mehr als ein Prozent, verringerte sich die Wahrscheinlichkeit um bis zu 38 Prozent.
Ärztinnen und Ärzte empfehlen übergewichtigen und adipösen Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetikern, mindestens fünf Prozent ihres Körpergewichts zu verlieren. „Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Gewichtsabnahme für die Verhinderung schwerer diabetesassoziierter Komplikationen ist“, sagt Elli Polemiti vom DIfE.
Es handelt sich allerdings um eine Beobachtungsstudie, die keine ursächlichen Zusammenhänge nachweisen kann. Weitere Studien sind erforderlich, um die bisherigen Resultate zu untermauern. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundeszentrum für Ernährung: Typ-2-Diabetes und Übergewicht, (Abruf: 09.02.2021), Bundeszentrum für Ernährung
- Deutsches Zentrum für Diabetesforschung: Typ-2-Diabetes: Neue Hinweise bestärken die Bedeutung von Übergewicht für Spätfolgen, (Abruf: 09.02.2021), Deutsches Zentrum für Diabetesforschung
- Elli Polemiti, Julia Baudry, Olga Kuxhaus, Susanne Jäger, Manuela M. Bergmann, Cornelia Weikert & Matthias B. Schulze: BMI and BMI change following incident type 2 diabetes and risk of microvascular and macrovascular complications: the EPIC-Potsdam study; in: Diabetologia, (veröffentlicht: 15.01.2021), Diabetologia
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.