Diabetes bei gefährdeten Erwachsenen mit Vitamin D verhindern?
In den vergangenen Jahren haben wissenschaftliche Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und Typ-2-Diabetes gezeigt. Kann eine Nahrungsergänzung mit diesem Vitamin womöglich das Erkrankungsrisiko reduzieren? Das haben Forschende nun untersucht.
Eine tägliche Vitamin-D-Nahrungsergänzung scheint die Entwicklung von Typ-2-Diabetes bei Menschen, die bereits ein hohes Risiko für diese Erkrankung haben, nicht zu verhindern. Das zeigt eine Studie aus Japan, die vor kurzem in der Fachzeitschrift „The BMJ“ veröffentlicht wurde.
Vitamin-D-Ergänzung zur Vorbeugung?
Laut einer auf dem Portal „EurekAlert!“ veröffentlichten Mitteilung des British Medical Journal betrifft Typ-2-Diabetes weltweit etwa 480 Millionen Menschen und die Zahl wird Prognosen zufolge bis 2045 auf 700 Millionen ansteigen.
Eine weitere halbe Milliarde Menschen haben eine gestörte Glukosetoleranz oder Prädiabetes (überdurchschnittlich hohe Blutzuckerwerte, die sich unbehandelt zu Typ-2-Diabetes entwickeln können).
Gewichtsabnahme und Bewegung können das Risiko eines Fortschreitens zu Typ-2-Diabetes verringern, sind jedoch für viele Menschen schwer aufrechtzuerhalten, sodass neue Strategien erforderlich sind, um das Problem anzugehen.
Einige Studien haben gezeigt, dass ein Vitamin-D-Mangel mit einem erhöhten Risiko für zukünftigen Diabetes verbunden ist, aber Studien mit Vitamin-D-Ergänzungen zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes zeigen widersprüchliche Ergebnisse.
Um diese Wissenslücke zu schließen, untersuchten die Forschenden daher, ob Eldecalcitol (eine aktive Form von Vitamin D, die in Japan zur Behandlung von Osteoporose verwendet wird) das Risiko für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes bei Menschen mit eingeschränkter Glukosetoleranz verringern könnte.
Keine bedeutsamen Unterschiede
Ihre Ergebnisse basieren auf 1.256 japanischen Erwachsenen mit eingeschränkter Glukosetoleranz, die zwischen Juni 2013 und August 2019 aus drei Krankenhäusern in Japan rekrutiert wurden. Ihr Durchschnittsalter betrug 61 (zwischen 30 und 78) Jahren, 46 Prozent waren Frauen und 59 Prozent hatten eine Familienanamnese von Typ-2-Diabetes.
Die Teilnehmenden erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder eine tägliche Standarddosis von Eldecalcitol (630 Teilnehmende) oder ein Placebo (626 Teilnehmende) und wurden alle drei Monate über einen Nachbeobachtungszeitraum von drei Jahren auf Diabetes untersucht.
Während dieses Zeitraums fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den Gruppen bei denjenigen, die Diabetes entwickelten (12,5 % in der Eldecalcitol-Gruppe und 14 % in der Placebo-Gruppe) oder deren Blutzuckerspiegel sich wieder normalisierten (23 % in der Eldecalcitol-Gruppe und 20 % in der Placebogruppe).
Nach Berücksichtigung von 11 potenziell einflussreichen Faktoren, darunter Alter, Geschlecht, Blutdruck, Body-Mass-Index und Diabetes in der Familie, deuteten die Ergebnisse jedoch darauf hin, dass Eldecalcitol Typ-2-Diabetes bei prädiabetischen Patientinnen und Patienten mit unzureichender Insulinsekretion verhindern könnte.
Dieses Ergebnis bleibt jedoch unklar, und laut den Forschenden sind weitere Arbeiten erforderlich, bevor endgültige Schlussfolgerungen gezogen werden können.
Sie fanden aber einen signifikanten Anstieg der Mineraldichte sowohl des unteren Rückens als auch der Hüftknochen bei denjenigen, die Eldecalcitol einnahmen, im Vergleich zu der Placebogruppe.
Zwischen den beiden Gruppen wurde kein signifikanter Unterschied bei schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen festgestellt.
Mögliche positive Wirkung bei manchen Personen
„Obwohl die Behandlung mit Eldecalcitol das Auftreten von Diabetes bei Menschen mit Prädiabetes nicht signifikant reduzierte, deuteten die Ergebnisse auf das Potenzial für eine positive Wirkung von Eldecalcitol bei Menschen mit unzureichender Insulinsekretion hin“, so die Forschenden.
Sie sprechen sich für weitere Forschung aus, um festzustellen, ob Vitamin D für Menschen mit Prädiabetes von Vorteil ist.
Diese neue Studie wurde gut durchgeführt und die Ergebnisse stimmen mit zwei anderen kürzlich durchgeführten Studien überein, erklärt Tatiana Christides von der Queen Mary University of London in einem verlinkten Leitartikel.
Es bleiben jedoch mehrere Fragen offen, schreibt sie, darunter, ob eine Vitamin-D-Ergänzung für bestimmte Bevölkerungsgruppen wirksamer sein könnte und ob eine längere Behandlungsdauer oder ein jüngeres Alter bei Beginn vorteilhafter sein könnten.
Bis weitere Daten aus qualitativ hochwertigen randomisierten Studien verfügbar sind, schlägt sie vor, dass Angehörige der Gesundheitsberufe „weiterhin mit Patienten über die gesundheitlichen Vorteile von Vitamin D für den Bewegungsapparat diskutieren und sie dabei unterstützen sollten, Änderungen des Lebensstils zu erreichen und aufrechtzuerhalten, die bekanntermaßen die Entwicklung von Typ-2-Diabetes verlangsamen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Tetsuya Kawahara, Gen Suzuki, Shoichi Mizuno, Tetsuya Inazu, Fumiyoshi Kasagi, Chie Kawahara, Yosuke Okada, Yoshiya Tanaka: Effect of active vitamin D treatment on development of type 2 diabetes: DPVD randomised controlled trial in Japanese population; in: The BMJ, (veröffentlicht: 25.05.2022), The BMJ
- British Medical Journal: Vitamin D does not prevent type 2 diabetes in high risk adults, trial finds; in: EurekAlert!, (Abruf: 05.06.2022), EurekAlert!
- Tatiana Christides: Vitamin D and risk of type 2 diabetes; in: The BMJ, (veröffentlicht: 25.05.2022), The BMJ
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.