Im Allgemeinen haben Männer ein deutlich höheres Risiko als Frauen für diabetesbedingte Komplikationen. So leiden Männer infolge von Diabetes häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, diabetischer Retinopathie und entwickeln häufiger Komplikationen an Beinen, Füßen und Nieren.
Eine neue Studie unter Beteiligung von Fachleuten der University of Sydney hat die Geschlechtsunterschiede bei sogenannten mikro- und makrovaskulären Komplikationen bei Erwachsenen mit Diabetes untersucht. Die Ergebnisse sind in em „Journal of Epidemiology & Community Health“ veröffentlicht.
Männer entwickeln häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die weltweite Prävalenz von Diabetes ist bei Männern und Frauen ähnlich. Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten dagegen generell häufiger bei Männern auf.
Bislang war allerdings unklar, ob sich dieser Geschlechterunterschied auch in der Häufigkeit von Diabetes-Komplikationen widerspiegelt. Und unklar war auch, ob es eine Rolle spielt, wie lange Menschen schon an Diabetes erkrankt sind, berichten die Forschenden.
Um diese Fragen zu beantworten, nutzte das Team die Daten der sogenannten 45 and Up-Studie. Berücksichtigt wurden die Daten von insgesamt 25.713 Personen, die mindestens 45 Jahre alt waren und zu Beginn der Studie bereits an Diabetes litten.
Anhand der Auswertung von Krankenhausdaten und Abrechnungen medizinischer Leistungen ermittelten die Fachleute, welche Herz-Kreislauf-Erkrankungen und welche Komplikationen an den Augen, den unteren Gliedmaßen und den Nieren bei den Teilnehmenden auftraten.
Als Nächstes wandte das Team sogenannte multivariate Cox-Hazard-Modelle an, um den Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Auftreten von Komplikationen zu bestimmen.
Wie häufig traten Komplikationen auf?
Während einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von zehn Jahren traten bei 44 Prozent der männlichen Teilnehmenden Komplikationen im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf, berichten die Forschenden.
Bei 57 Prozent der Männer seien während des Beobachtungszeitraums Komplikationen im Zusammenhang mit den Augen aufgetreten, bei 25 Prozent Komplikationen an den Beinen oder Füßen und bei 35 Prozent Komplikationen an den Nieren.
Im Gegensatz dazu hatten 31 Prozent der Teilnehmerinnen Herz-Kreislauf-Komplikationen, 61 Prozent Komplikationen an den Augen, 18 Prozent Komplikationen an den Beinen oder Füßen und 25 Prozent Komplikationen an den Nieren, fügt das Team hinzu.
Männer mit höherem Risiko für Komplikationen
Insgesamt sei das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern mit Diabetes um 51 Prozent höher ausgefallen als bei Frauen. Das Risiko für Komplikationen an Beinen und Füßen war bei Männern um 47 Prozent höher und auch das Risiko für Komplikationen an den Nieren lag bei Männern um 55 Prozent höher, erläutern die Forschenden.
Obwohl das Risiko für Augenkomplikationen bei beiden Geschlechtern ähnlich war, hatten Männer ein um 14 Prozent höheres Risiko für eine diabetische Retinopathie als Frauen, so die Forschenden weiter.
Während die Komplikationsraten sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit der Anzahl der mit Diabetes verbrachten Lebensjahre anstiegen, blieb der Geschlechterunterschied bei den Komplikationsraten über die Jahre hinweg bestehen, berichtet das Team.
Als mögliche Erklärungen für den Unterschied bei den Komplikationen nennen die Fachleute, dass Männer häufiger an bekannten Risikofaktoren leiden und möglicherweise weniger geneigt seien, ihren Lebensstil zu ändern, vorbeugende Medikamente einzunehmen oder sich untersuchen zu lassen, um ihr Risiko zu senken.
Präventionsstrategien erforderlich
„Zwar haben Männer mit Diabetes ein höheres Risiko, Komplikationen zu entwickeln, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenkomplikationen und Komplikationen der unteren Gliedmaßen, doch sind die Raten der Komplikationen bei beiden Geschlechtern hoch“, warnen die Fachleute in einer neuen Pressemitteilung.
Dies unterstreiche die Notwendigkeit von gezielten Früherkennungs- und Präventionsstrategien für Komplikationen bei Diabetes und diese sollten bereits bei der Diagnose einsetzen, resümieren die Forschenden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Alice A. Gibson, Emma Cox, Francisco J. Schneuer, Jacob Humphries, Crystal MY Lee, et al.: Sex differences in risk of incident microvascular and macrovascular complications: a population-based data-linkage study among 25 713 people with diabetes; in: Journal of Epidemiology & Community Health (veröffentlicht 16.05.2024), Journal of Epidemiology & Community Health
- BMJ: Men at greater risk of major health effects of diabetes than women (veröffentlicht 16.05.2024), BMJ
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.