Eine neu entwickelte Beschichtung ermöglicht die orale Aufnahme von Insulin, zum Beispiel in Form einer Kapsel oder eines Schokoladenstücks, und kann bei Diabetes zu einer deutlichen Verbesserung des Blutzuckerspiegels beitragen, ohne Nebenwirkungen wie eine Unterzuckerungen zu riskieren.
Unter Beteiligung von Fachleuten der University of Sydney und der Universität Tromsø wurde eine reaktive orale Insulin-Nanoformulierung entwickelt, die eine dosisabhängige Senkung des Blutzuckerspiegels bewirkt, ohne biochemische oder hämatologische Toxizität oder andere unerwünschte Ereignisse hervorzurufen. Wie vielversprechend die neue Methode ist, zeigt eine Studie, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht sind.
Probleme oraler Diabetes-Medikamente
Die neu entwickelte orale Insulin-Nanoformulierung ermöglicht eine wesentlich präzisere Insulinabgabe, da sie das Insulin im Körper dorthin bringt, wo es am meisten benötigt wird, erläutert das Team. Dies sei lange Zeit ein großes Problem bei der Entwicklung eines oralen Diabetesmedikaments gewesen, da Insulin mit einem Nanoträger im Magen abgebaut wird.
Wird das Insulin dagegen mit einer Spritze verabreicht, besteht das Problem darin, dass es sich im ganzen Körper verteilt, was zu unerwünschten Nebenwirkungen führen kann, erklärt Studienautor Professor Peter McCourt.
So gelange mehr Insulin in die Muskeln und das Fettgewebe, als es normalerweise aus der Bauchspeicheldrüse freigesetzt wird. Das begünstige eine vermehrte Fettansammlung und gleichzeitig eine Unterzuckerung, die bei Diabetes gefährliche Folgen haben kann.
Beschichtung zum Schutz des Insulins
„Wir haben eine Beschichtung entwickelt, die das Insulin davor schützt, auf seinem Weg durch den Verdauungstrakt von der Magensäure und den Verdauungsenzymen zersetzt zu werden, so dass es sicher an seinem Bestimmungsort, der Leber, ankommt“, fügt der Mediziner in einer Pressemitteilung hinzu.
In der Leber wird diese Beschichtung schließlich mit Hilfe von Enzymen abgebaut, die nur bei hohem Blutzucker aktiv sind. Das so freigesetzte Insulin kann laut dem Team dann von der Leber aufgenommen werden oder gelangt ins Blut, um im Körper zu zirkulieren.
Schnelle Insulinfreisetzung bei Bedarf
„Das bedeutet, dass bei hohem Blutzucker eine rasche Freisetzung von Insulin erfolgt und, was noch wichtiger ist, dass bei niedrigem Blutzucker kein Insulin freigesetzt wird“, erläutert Studienautor Nicholas J. Hunt.
Die neue Methode der oralen Verabreichung verringere nicht nur das Risiko einer Unterzuckerung, sondern ermögliche auch eine kontrollierte Freisetzung des Insulins je nach Bedarf der erkrankten Person, im Gegensatz zu Injektionen, bei denen das gesamte Insulin auf einmal an den Körper abgegeben wird, fügt der Experte hinzu.
Das orale Insulin wurde in Versuchen diabetischen Mäusen und Ratten verabreicht und verursachte keine Hypoglykämie. Auch eine Gewichtszunahme oder Fettansammlung in der Leber, wie sie bei injizierbaren und anderen oralen Insulinen der Fall ist, trat bei den Tieren nicht auf, berichten die Forschenden.
Darüber hinaus wurde das Insulin auch an insgesamt zwanzig gesunden Pavianen getestet, bei denen es zu einer deutlichen Senkung des Blutzuckerspiegels führte. Als nächstes sind laut den Forschenden nun Versuche an Menschen geplant, wobei zunächst die Sicherheit des oralen Insulins und das Auftreten von Hypoglykämien im Vordergrund stehen.
Wenn alles gut geht, könnte das neue Medikament nach Ansicht der Fachleute in zwei bis drei Jahren auf den Markt kommen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Glen P. Lockwood, Scott J. Heffernan, Jarryd Daymond, Meng Ngu, Lara J. Westwood, et al.: Oral nanotherapeutic formulation of insulin with reduced episodes of hypoglycaemia; in: Nature Nanotechnology (veröffentlicht 02.01.2024), Nature Nanotechnology
- The Arctic University of Norway: New medicine can create a new life for diabetes patients – without needles! (veröffentlicht 19.01.2024), UiT
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.