Diabetes-Risiko durch Neandertaler-Gen erhöht
29.12.2013
In Mittelamerika ist Diabetes weit verbreitet. Forscher haben nun herausgefunden, dass sich Erbanlagen, die die Erkrankung fördern, bis zu den Neandertalern zurückverfolgen lassen.
Erbgut von Menschen aus Mittelamerika untersucht
Forscher von mehreren Universitäten, die im sogenannten Sigma-Projekt kooperieren, stellten in der vergangen Woche eine neue Studie vor, bei der sie das Erbgut von Menschen aus Mexiko und Lateinamerika untersucht haben. Mit Sigma sollen die genetischen Ursachen für verschiedene Krankheiten bei Amerikanern genauer entschlüsselt werden. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature“ berichteten, sei unter diesen Mittelamerikanern das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, doppelt so hoch wie bei weißen US-Amerikanern. „Gen-Studien in verschiedenen Bevölkerungsgruppen können Genvarianten enttarnen, die in manchen Gruppen das Risiko für bestimmte Krankheiten erhöhen“, so das Team um Teresa Tusié Luna von der National University of Mexico.
Verbreitungsmuster der Genvariante ungewöhnlich
Sie fanden mit der Genvariante SLC16A11 eine Ursache für die Häufung von Diabetes in Mexiko und Lateinamerika. Wie die Forscher schreiben, sei das Verbreitungsmuster von SLC16A11 ungewöhnlich, denn eigentlich sind Genvarianten in allen Bevölkerungsgruppen der verschiedenen Kontinente ähnlich häufig. SLC16A11 sei bei etwa 20 Prozent der Ostasiaten und bei Afrikanern so gut wie gar nicht zu finden. Bei Europäern tauche die Variante nur sehr selten auf. Die Sigma-Forscher wandten sich an die Spezialisten um den Paläoanthropologen Svante Pääbo vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, um dieses Muster besser zu verstehen.
Im Genom von Neandertalern fündig geworden
Die Leipziger suchten daraufhin in ihren Datenbanken nach SLC16A11 und wurden im Genom von Neandertalern fündig. Daraus könne man schließen, dass der moderne Mensch diese Genvariante wahrscheinlich erst erhielt, als die Neandertaler sich mit den später in Europa einwandernden Homo sapiens vermischten. Auf den amerikanischen Kontinent, der später besiedelt wurde, brachte dann eine Gruppe von modernen Menschen das Diabetes-Gen bis nach Mittelamerika, wo es bis heute von Generation zu Generation weitergegeben wird. Da die Ursprungspopulation der weißen Amerikaner SLC16A11 nicht in ihrem Erbgut trug, sei es, anders als bei den ersten Siedlern, bei ihnen kaum verbreitet. Nach Afrika fanden die Neandertaler-Gene ihren Weg dann offenbar nicht mehr.
Entwicklung neuer Medikamente möglich
Der Co-Autor der Studie, Jose Florez, Associate Professor für Medizin an der Harvard Medical School in Massachusetts, meinte gegenüber „BBC News“, dass die neuen Ergebnisse die Entwicklung neuer Medikamente möglich machen könnten. Bislang seien bei genetischen Studien meist Proben von Menschen europäischer oder asiatischer Abstammung untersucht worden. (ad)
Bild: Günther Gumhold / pixelio.de
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