Erhöhtes Risiko für schwere Infektionen bei Diabetes
Menschen mit Diabetes werden wesentlich häufiger aufgrund von Infektionen in ein Krankenhaus eingeliefert und versterben zudem deutlicher öfter an den Folgen einer Infektion, als Menschen ohne die Erkrankung. Auch jüngere erwachsene Personen sind dabei verstärkt betroffen.
In einer aktuellen gemeinsamen Untersuchung von Forschenden der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health und der University of Minnesota wurde analysiert, ob Diabetes mit einem erhöhten Risiko für infektionsbedingte Krankenhausaufenthalte und tödliche Infektionsverläufe verbunden sein könnte. Die Studienergebnisse wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Diabetologia“ publiziert.
Erhöhte Infektionsanfälligkeit durch Diabetes?
Es wird im Allgemeinen angenommen, dass Diabetes die Infektionsanfälligkeit eines Menschen erhöht, da die Erkrankung die Wirksamkeit der körpereigenen Immunabwehr reduziert, so das Team. Im Einklang mit dieser Hypothese bestehe bei Menschen mit Diabetes eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für häufige und seltene Infektionen, und in jüngster Zeit habe sich die Krankheit als wichtiger Risikofaktor für schwere COVID-19-Verläufe herausgestellt, erläutern die Forschenden.
Schwächen früherer Untersuchungen
In früheren Studien wurde bereits ein Zusammenhang zwischen Diabetes und dem Infektionsrisiko festgestellt, aber diese Untersuchungen konzentrierten sich größtenteils auf kleine klinische Populationen und waren auf vergleichsweise kurze Nachbeobachtungszeiträume beschränkt.
Es wurden in der Vergangenheit nur relativ wenige Untersuchungen durchgeführt, welche sich mit den Raten infektionsbedingter Folgen in der Allgemeinbevölkerung befassten, so dass das Infektionsrisiko bei Menschen mit Diabetes über viele Jahre hinweg mit dem Risiko von Personen ohne diese Krankheit verglichen werden kann, berichtet das Team hierzu.
Die Forschungsgruppe verwendete für die aktuelle Untersuchung Daten aus der sogenannten Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC)-Studie, für die zwischen dem Jahr 1987 und dem Jahr 1989 insgesamt 15.792 erwachsene Personen im Alter von 45 bis 64 Jahren aus den USA rekrutiert wurden. Bei Aufnahme in die Studie wurden die Teilnehmenden klinisch untersucht, medizinisch befragt und verschiedenen Labortests unterzogen.
Im Zeitraum von 1990 bis 1992 fanden insgesamt sieben Nachuntersuchungen statt, welche bis zur letzten Untersuchung 2018-2019 andauerten. Nach dem Ausschluss von teilnehmenden Personen aufgrund fehlender geeigneter Informationen verblieben den Forschenden in ihrer Analysestichprobe 12.379 Personen mit einem Durchschnittsalter von 54,5 Jahren – 54,3 Prozent davon weiblich.
Für die Teilnehmenden wurden auch verschiedene detaillierte demografische Informationen und Daten zum Lebensstil erhoben, darunter beispielsweise Alter, Geschlecht, Rasse, Krankenversicherungsstatus, Haushaltseinkommen und Bildungsniveau. Außerdem wurden Rauchen und Alkoholkonsum berücksichtigt.
Der Diabetes-Status der Teilnehmenden wurde anhand eines Nüchtern-Glukose-Werts von 7 mmol/l oder höher, eines Nicht-Nüchtern-Glukose-Werts von 11,1 mmol/l oder höher oder einer vorliegenden Diabetes-Diagnose und Einnahme glukosesenkender Medikamente bestimmt, erklären die Forschenden.
Welche Rolle spielten Infektionen?
Anhand der Daten konnte das Team die Krankenhausaufenthalten aufgrund von Infektionen bestimmen und auch jene gesondert betrachten, bei denen ein Zuasmmenhang mit Diabetes vermutet wird (Atemwegsinfektionen, Harnwegsinfektionen, Fußinfektionen, Magen-Darm-Infektionen, Sepsis und postoperative Wundinfektionen).
Mehr Krankenhausaufenthalte bei Diabetes
Während der mittleren Nachbeobachtungszeit von 23,8 Jahren traten insgesamt 4.229 relevante Fälle von Krankenhausaufenthalten infolge von Infektionen auf, was einer Gesamtrate von 15,9 Fällen pro 1.000 Personenjahren entspricht, so die Forschenden. Bei Personen mit Diabetes war das Risiko einer Krankenhauseinweisung jedoch signifikant höher als bei Personen ohne diese Krankheit (25,4 gegenüber 15,2 pro 1.000 Personenjahre), fügen die Fachleute hinzu.
72 Prozent höhere Sterberate bei Infektionen
Nach der Bereinigung um soziodemografische Faktoren hatten Teilnehmende mit Diabetes eine um 92 Prozent höhere Rate an Krankenhausaufenthalten wegen Infektionen als Nicht-Diabetiker und eine um 72 Prozent höhere Sterblichkeitsrate.
Dieser Zusammenhang zwischen dem Krankenhausaufenthaltsrisiko und Diabetes wurde in allen Untergruppen beobachtet, war jedoch bei farbigen Teilnehmenden und bei Personen im Alter unter 55 Jahren deutlich stärker ausgeprägt. Es zeigte sich, dass in beiden Gruppen Diabetes mit einer ungefähren Verdoppelung des Risikos einer Krankenhauseinweisung wegen einer Infektion und darüber hinaus mit einem um mehr als 50 Prozent erhöhten Sterberisiko verbunden war, so das Team.
Sechsmal höheres Risiko für Fußinfektion
Der festgestellte Zusammenhang bestand dabei für fast jede Art von Infektion, wobei die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhauseinweisung aufgrund einer Fußinfektion bei Menschen mit Diabetes jedoch sechsmal höher ausfiel.
„Diabetes war unabhängig voneinander mit einem erhöhten Risiko einer Krankenhauseinweisung wegen einer Infektion verbunden. Dieser Zusammenhang wurde bei den meisten Hauptinfektionsarten beobachtet und war bei jüngeren Menschen und Farbigen stärker ausgeprägt. Diese Assoziationen blieben auch nach Bereinigung um demografische und kardiometabolische Risikofaktoren bestehen. Das erhöhte Risiko einer Krankenhauseinweisung wegen einer mit Diabetes assoziierten Infektion wurde bei allen Hauptinfektionsarten beobachtet, war jedoch bei Fußinfektionen besonders ausgeprägt“, berichten die Forschenden in einer Pressemitteilung.
Prävention von Infektionen bei Diabetes verbessern
„Das Risiko einer infektionsbedingten Sterblichkeit war bei Menschen mit Diabetes im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes ebenfalls erhöht. Eine umfassendere klinische Anleitung zur Verbesserung infektionsbezogener Präventivmaßnahmen und eine frühzeitige Behandlung von Infektionen könnte die damit verbundene Morbidität und Mortalität bei Menschen mit Diabetes verringern“, fügen die Fachleute hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Michael Fang, Junichi Ishigami, Justin B. Echouffo-Tcheugui, Pamela L. Lutsey, James S. Pankow, Elizabeth Selvin: Diabetes and the risk of hospitalisation for infection: the Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC) study; in: Diabetologia (veröffentlicht 04.08.2021), Diabetologia
- Diabetologia: New study shows diabetes is associated with a significant increase in the risk of hospitalisation and mortality caused by infections (veröffentlicht 04.08.2021), Diabetologia
Wichtiger Hinweis:
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