Verbindung zwischen COVID-19 und Diabetes
Erwachsene Menschen, die eine milde Erkrankung mit COVID-19 durchlebt haben, weisen ein deutlich erhöhtes Risiko die Entwicklung von Typ-2-Diabetes auf. Bisher ist noch unklar, ob die Erkrankung mit der Zeit wieder abklingt oder ob sie chronisch verläuft.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen leichten COVID-19-Fällen und der späteren Diagnose von Typ-2-Diabetes festgestellt.
Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „Diabetologia“ publiziert.
Woher stammten die ausgewerteten Daten?
Die Fachleute analysierten elektronische Gesundheitsdaten aus der sogenannten Disease-Analyzer-Datenbank. Diese enthält Informationen über 8,8 Millionen erwachsene Personen, welche zwischen März 2020 und Januar 2021 allgemeinmedizinische und internistische Praxen in Deutschland aufgesucht hatten.
Daten von 35.865 Personen mit COVID-19 ausgewertet
Unter diesen Menschen befanden sich auch 35.865 Personen, bei denen COVID-19 diagnostiziert wurde. Die Inzidenz von Diabetes nach einer Erkrankung an COVID-19 wurde mit einer Kohorte von Teilnehmenden verglichen, bei denen im gleichen Zeitraum eine akute Infektion der oberen Atemwege (AURI) diagnostiziert wurde, die aber nicht an COVID-19 erkrankt waren.
Durch den Einsatz von sogenannten Regressionsmodellen wurden dann die Inzidenzratenverhältnisse (IRRs) für Typ-2-Diabetes und andere Formen von Diabetes berechnet.
Risiko für Diabetes erhöht durch COVID-19
Es stellte sich heraus, dass Erwachsene, die sich nach mildem COVID-19-Verlauf erholt haben, offenbar ein deutlich höheres Risiko aufweisen, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, verglichen mit Menschen, welche unter anderen Arten von Atemwegsinfektionen litten, so das Team.
Die Forschenden stellten fest, dass neue Fälle von Typ-2-Diabetes bei Teilnehmenden, welche positiv auf COVID-19 getestet wurden, häufiger auftraten als bei Personen mit einer akuten Infektionen der oberen Atemwege (15,8 gegenüber 12,3 pro 1000 Personen pro Jahr). Das Inzidenzratenverhältnis lag bei 1,28.
Relatives Risiko für Typ-2-Diabetes um 28 Prozent erhöht
Mit anderen Worten ausgedrückt: Das relative Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, fiel in der COVID-19-Gruppe um 28 Prozent höher aus, als es bei Teilnehmenden mit akuten Infektionen der oberen Atemwege der Fall war. Bei anderen Formen von Diabetes war keine Abweichung festzustellen.
Wie führt COVID-19 zu Diabetes?
COVID-19 kann zu Diabetes führen, weil das Immunsystem nach der Remission hochreguliert wird, was zu einer Dysfunktion der Betazellen der Bauchspeicheldrüse und zu Insulinresistenz führen kann, berichtet Studienautor Professor Wolfgang Rathmann in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Als weiteren Grund nennt der Experte, dass Teilnehmende aufgrund von Fettleibigkeit oder Prädiabetes bereits gefährdet waren, Diabetes zu entwickeln. Der durch COVID-19 ausgelöste Stress auf den Körper könne hier die Entwicklung von Diabetes noch zusätzlich beschleunigen.
„Das Risiko eines abnormal hohen Blutzuckerspiegels bei Personen mit COVID-19 ist höchstwahrscheinlich ein Kontinuum, welches von Risikofaktoren wie einer Verletzung der Betazellen, einer übertriebenen Entzündungsreaktion und Veränderungen durch pandemiebedingte Gewichtszunahme und verringerte körperliche Aktivität abhängt“, so Studienautor Professor Oliver Kuss.
Hyperglykämie durch geschädigte Betazellen
In früheren Studien wurde bereits nachgewiesen, dass die durch SARS-CoV-2 verursachte Entzündung tatsächlich die insulinproduzierenden Betazellen schädigen kann. Dies hat zur Folge, dass die Zellen absterben oder ihre Funktionsweise abändern, was zu einer akuten Hyperglykämie (hoher Blutzucker) führt.
Es wird vermutet, dass die mögliche Ursache hierfür geschädigte Gewebe sind, welche durch Entzündungen im Körper weniger auf Insulin reagieren. Auch die Einschränkungen des täglichen Lebens im Bezug auf die Bedrohung durch COVID-19 könnten eine wichtige Rolle spielen, beispielsweise eine inaktive Lebensweise durch Ausgangsbeschränkungen.
Dies könnte erklären, warum auch bei COVID-19-Betroffenen, welche keine Vorgeschichte von Diabetes hatten, eine neu auftretende Hyperglykämie und Insulinresistenz festgestellt wurde, berichten die Forschenden.
Bei diesen Symptomen sofort ärztlich beraten lassen
Auch wenn Typ-2-Diabetes für die überwiegende Mehrheit der Menschen mit leichtem COVID-19-Verlauf wahrscheinlich kein Problem darstellt, empfehlen die Fachleute, nach COVID-19 auf Diabetes-Warnzeichen wie Müdigkeit, häufiges Wasserlassen und erhöhten Durst zu achten. Gegebenenfalls sei in einem solche Fall eine sofortige Behandlung angebracht.
Wenn sich die aktuellen Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, wäre laut den Forschenden ein Diabetes-Screening bei Personen zu empfehlen, die an COVID-19 erkrankt waren. In zukünftigen Untersuchungen sei zudem zu klären, ob Typ-2-Diabetes nach mildem COVID-19-Verlauf nur vorübergehend oder als chronische Erkrankung auftritt. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Wolfgang Rathmann, Oliver Kuss, Karel Kostev : Incidence of newly diagnosed diabetes after Covid-19; in: Diabetologia (veröffentlicht 16.03.2022), Diabetologia
- Diabetologia: New study finds higher rates of newly diagnosed type 2 diabetes after infection with mild COVID-19 (veröffentlicht 16.03.2022), Diabetologia
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.