Gutartiger Tumor erhöht Risiko für Diabetes und Hypertonie
Rund jede zehnte Person entwickelt im Laufe des Lebens einen gutartigen Tumor, der mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck (Hypertonie) in Verbindung steht. Offenbar führt der Knoten in den Drüsen der Nebennieren zu einer Überproduktion von Hormonen.
Forschende der University of Birmingham (England) zeigten im Rahmen der bislang umfassendsten Untersuchung zu dem Thema, dass ein weit verbreiteter gutartiger Tumor in den Nebennieren-Drüsen zu einer Überproduktion von Hormonen führt. Kritisch dabei sei vor allem die vermehrte Produktion des Stresssteroidhormons Cortisol, wodurch sich das Risiko für die Entstehung von Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck erhöhe. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Annals of Internal Medicine“ präsentiert.
Nebennieren-Inzidentalom führt zur Cortisol-Überproduktion
Bereits frühere Studien deuteten darauf hin, dass bei Nebennierenrindenkarzinomen überschüssiges Cortisol produziert wird. In der aktuellen Untersuchung stellte die Arbeitsgruppe nun fest, dass ein gutartiger Tumor, der als Nebennieren-Inzidentalom bezeichnet wird, für eine erhöhte Produktion des Stresshormons verantwortlich ist. Das dauerhaft erhöhte Cortisol-Niveau wird in der Medizin als „Mild Autonomous Cortisol Secretion (MACS)“ bezeichnet und ist mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Hypertonie und Typ-2-Diabetes verbunden.
Überproduktion von Cortisol weiter verbreitet als gedacht
Die Forschenden analysierten die Nieren und die Cortisol-Produktion von über 1.3000 Teilnehmenden und bewerteten ihr Risiko für Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes. Dabei zeigte sich, dass der als MACS bezeichnete Zustand viel weiter verbreitet ist als bislang angenommen. Rund jede zweite Person, die ein Nebenniereninzidentalom aufweist, hatte auch eine überschießende Produktion von Hormonen, insbesondere Cortisol. Besonders häufig waren Frauen im Alter von über 50 Jahren betroffen. Diese Gruppe stellt einen Anteil von rund 70 Prozent.
Aufgrund der Ergebnisse schätzen die Forschenden nun, dass bis zu 1,3 Millionen Erwachsene in Großbritannien unter MACS leiden. Vor allem für Frauen in der Menopause könnte dies einen wichtigen und bislang übersehenen Faktor der Stoffwechselgesundheit darstellen. Die Arbeitsgruppe fordert daher, dies stärker zu berücksichtigen.
Cortisol-Überproduktion kann vielschichtige Folge haben
„Im Vergleich zu Patienten ohne MACS stellten wir fest, dass bei Patienten mit MACS häufiger Bluthochdruck diagnostiziert wurde und dass sie drei oder mehr Tabletten benötigten, um eine angemessene Blutdruckkontrolle zu erreichen“, erläutert Studienerstautor Dr. Alessandro Prete von der University of Birmingham. Bei Teilnehmenden mit diagnostiziertem Typ-2-Diabetes sei die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit Insulin behandelt werden, doppelt so hoch, wenn zusätzlich MACS diagnostiziert wurde. Dies deutet der Arbeitsgruppe zufolge darauf hin, dass andere Medikamente bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels nicht hilfreich waren.
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Studie ergab, dass MACS sehr häufig vorkommt und eine wichtige Risikobedingung für Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes ist, insbesondere bei älteren Frauen, und dass die Auswirkungen von MACS auf das Risiko für Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes bisher unterschätzt wurden“, resümiert Dr. Prete.
MACS als neuer Risikofaktor für Diabetes und Hypertonie
„Unsere Studie ist die bisher größte, die das Ausmaß des Risikos und den Schweregrad von Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes bei Patienten mit MACS schlüssig belegt“, fügt Studienhauptautorin Professorin Wiebke Arlt hinzu. Sie ist Direktorin des Instituts für Stoffwechsel- und Systemforschung der University of Birmingham. „Wir hoffen, dass diese Forschungsergebnisse die Aufmerksamkeit auf diese Erkrankung lenken und das Bewusstsein für ihre Auswirkungen auf die Gesundheit schärfen werden“, so Arlt.
Wie geht es weiter?
„Nachdem wir nun festgestellt haben, dass MACS ein wichtiger Risikofaktor für Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes ist, wird sich unsere Forschung auf drei Hauptbereiche konzentrieren“, schilderter Professorin Arlt das weitere Vorgehen. Erstens will die Arbeitsgruppe herausfinden, wie die MACS genau mit dem erhöhten Risiko zusammenhängt. Zweitens will das Team einen Test entwickeln, der erkennt, welche MACS-Betroffene ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und Diabetes haben. Drittens sollen neue Behandlungsstrategien getestet werden, um das Risiko bei den Betroffenen zu mindern. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Birmingham: Researchers reveal scale of prevalence of a condition that can cause type 2 diabetes and high blood pressure (veröffentlicht: 03.01.2022), birmingham.ac.uk
- A. Prete, et al: Cardiometabolic disease burden and steroid excretion in benign adrenal tumors: a cross-sectional multi-centre study; in: Annals of Internal Medicine, Dezember 2021, DOI: 10.7326/M21-1737, acpjournals.org
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