Kupfer-Transport als Behandlungsziel bei Herzkrankheiten
Ein Enzym, welches im Körper den Kupfertransport regelt, wurde als mögliches neues Behandlungsziel für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes identifiziert. Ein amerikanisches Forschungsteam entschlüsselte einen bislang unbekannten Mechanismus, der neue Behandlungsansätze gegen Herzkrankheiten eröffnet.
Forschende des Medical College of Georgia (USA) legen nahe, dass sich ein Enzym namens ATP7A als potenzielles neues therapeutisches Ziel bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, peripherer Arterienerkrankung und Schlaganfall nutzen lässt. Zudem könnte das Enzym einem aus dem Gleichgewicht geratenen Kupfer-Metabolismus bei Diabetes entgegenwirken. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ präsentiert.
Was macht ATP7A im Körper?
Wie die Arbeitsgruppe erklärt, ist ATP7A ein Transporter-Enzym, welches über Lebensmittel aufgenommenes Kupfer für eine Vielzahl von lebenswichtigen Körperfunktionen nutzbar macht. Das Team entdeckte nun eine weitere bislang unbekannte Funktion des Enzyms: die Bildung neuer Blutgefäße.
Aus alt macht neu
„Unsere Arbeit spricht von einer neu entdeckten Funktion von ATP7A“, bestätigt Gefäßbiologin Dr. Masuko Ushio-Fukai. Das Enzym binde direkt an einen Rezept namens VEGFR2, der es ermöglicht, aus bestehenden Blutgefäßen neue zu produzieren. Dieser Prozess wird „Angiogenese“ genannt.
Wenn das Kupfergleichgewicht gestört ist
Dem Team war bereits bekannt, dass bei Krankheiten wie Diabetes die ATP7A-Expression herabgesetzt ist und gleichzeitig der Abbau des VEGFR2-Rezeptors zunimmt. Dies gehe mit einem Verlust des Kupfergleichgewichts im Körper einher. Die Folge: Das Risiko für Herzinfarkte steigt und die Wundheilung ist gestört, so Ushio-Fukai. Da Diabetes als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekannt ist, überprüften die Forschenden, ob eine direkte Verbindung zwischen ATP7A und dem VEGF-Rezeptor besteht.
Wie neue Blutgefäße entstehen
Unsere Blutgefäße sind mit Zellen ausgekleidet, die als Endothelzellen bezeichnet werden. Der VEGF-Rezeptor reguliert die Bewegung, das Wachstum und die Vermehrung dieser Zellen. Dies ist laut dem Forschungsteam die Grundlage, um neue Blutgefäße im Körper zu bilden. „VEGF-Rezeptoren auf Endothelzellen sind ein Ausgangspunkt für die Angiogenese“, erklärt Ushio-Fukai.
Angiogenese findet das ganze Leben statt
Bei gesunden Menschen findet die Angiogenese bis zu einem gewissen Grad das ganze Leben lang statt, erläutern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Bei bestimmten Erkrankungen wie Diabetes sei diese Fähigkeit jedoch beeinträchtigt. Die Forschenden vermuten darüber hinaus, dass auch mit dem Alter das Zusammenspiel zwischen ATP7A und VEGFR2 abnimmt. Dies könne zum Teil auch das mit dem Alter zunehmende Risiko für Herzkrankheiten erklären.
Neuer Ansatz gegen Herzerkrankungen und Diabetes
In nun folgenden Forschungsarbeiten will das Team Wirkstoffe identifizieren, die den ATP7A-Spiegel erhöhen, um so den VEGF-Rezeptor zu stabilisieren. Die Arbeitsgruppe sieht hier einen völlig neuen Ansatz, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu behandeln und um das Risiko für Begleiterkrankungen bei Diabetes zu reduzieren.
Mechanismus von Kupfer als Mikronährstoff entschlüsselt
Die Forschung untermauert zudem die Bedeutung von Kupfer als essentiellen Mikronährstoff, der bereits dafür bekannt ist, das Wachstum neuer Blutgefäße anzuregen. Gleichzeitig hemmte das Entziehen von Kupfer das Wachstum von Tumoren in Tiermodellen. Der genaue Mechanismus, warum Kupfer diese Wirkung hat, war bislang jedoch unbekannt.
Zu viel Kupfer kann schädlich sein
„Kupfer ist sowohl sehr giftig als auch essentiell“, verdeutlicht Ushio-Fukai. Denn wenn sich zu viel Kupfer im Körper ansammelt, wie es beispielsweise bei vorliegender Diabetes oft der Fall ist, könne der Kupferüberschuss zerstörerisch wirken, da Kupfer an der Entstehung von freien Sauerstoffradikalen beteiligt ist. ATP7A sorge auch dafür, dass solche Überschüsse entfernt werden.
ATP7A ist essentiell für das Kupfergleichgewicht
„Die gemeinsamen Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Kupfertransporter ATP7A für die Bildung neuer Blutgefäße sowie für die Wiederherstellung des Blutflusses bei ischämischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforderlich ist“, resümieren die Forschenden. Kupfer wurde bereits seit Jahrzehnten mit der Angiogenese in Verbindung gebracht. ATP7A sei essentiell für das Kupfergleichgewicht im Körper.
Kupfer in der Ernährung
Abschließend macht die Arbeitsgruppe darauf aufmerksam, dass Kupfer-Enzyme und Kupfer-Rezeptoren zwar vom Körper gebildet werden können, der Mikronährstoff selber müsse jedoch über Lebensmittel aufgenommen werden. Als gute Kupfer-Quellen gelten
- Muscheln wie Austern,
- Schalentiere wie Hummer,
- Shitake-Pilze,
- Tofu,
- Sojabohnen,
- Süßkartoffeln,
- Sesamsamen,
- Nüsse wie Cashews und Walnüsse,
- Blattgemüse wie Spinat und Grünkohl.
(vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medical College of Georgia (USA): Copper transporter potential new treatment target for cardiovascular disease (veröffentlicht: 20.07.2021), eurekalert.org
- Dipankar Ash, Varadarajan Sudhahar, Seock-Won Youn, et al.: The P-type ATPase transporter ATP7A promotes angiogenesis by limiting autophagic degradation of VEGFR2; in: Nature Communications, 2021, nature.com
Wichtiger Hinweis:
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