Neue Biomarker für Diabetes und Herzerkrankungen entdeckt
Bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt der Fettstoffwechsel eine entscheidende Rolle. Welche molekularen Prozesse dabei ablaufen, ist im Detail noch nicht ausreichend verstanden. Ein deutsches Forschungsteam konnte an dieser Stelle mehr Licht ins Dunkel bringen und dabei neue Biomarker für Diabetes und Herzkrankheiten aufdecken.
Forschenden des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sowie vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) ist es gelungen, jene Lipide (Blutfette) zu identifizieren, die mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes verbunden sind. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Circulation“ vorgestellt.
Darüber hinaus konnte die Arbeitsgruppe nachweisen, dass eine Ernährung mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren zu einer Reduktion der Stoffwechsel-Biomarker führt, die mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert sind.
Herzkrankheiten und Diabetes gehen oft Hand in Hand
Mit rund 18 Millionen Todesfällen jährlich sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache weltweit. Auch die Prävalenz von Typ-2-Diabetes nimmt seit Jahren drastisch zu. Rund acht Millionen Menschen in Deutschland sind bereits an der Stoffwechselstörung erkrankt – Tendenz steigend.
Betroffene mit Typ-2-Diabetes haben gleichzeitig ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
Personengruppen mit erhöhtem Risiko zu identifizieren und Maßnahmen einzuleiten, die Herzkrankheiten und Diabetes verhindern oder abmildern, ist somit von entscheidender Bedeutung.
Fettstoffwechsel zeigt Risikofaktoren
Frühere Forschungsarbeiten haben bereits gezeigt, dass die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes eng mit dem Fettstoffwechsel verknüpft ist. Dank einer fortschrittlichen Analysemethode, der sogenannten Lipidomik, ist es dem Forschungsteam nun gelungen, sehr detaillierte Einblicke in die Fettsäureprofile im Blutplasma zu erlangen.
Was ist das Lipidom?
Im menschlichen Organismus liegen Fettsäuren größtenteils in Form von komplexen Moleküle vor, den sogenannten Lipiden. Anhand der molekularen Struktur können Lipide in verschiedene Klassen und Arten unterteilt werden. Die Gesamtheit aller Lipide wird als Lipidom bezeichnet.
69 Lipide weisen auf Herzkrankheiten und Diabetes hin
Die Arbeitsgruppe um Dr. Fabian Eichelmann analysierte die Fettsäureprofile in 2.414 Blutproben, die seit den 1990er Jahren im Rahmen der „EPIC-Potsdam-Studie“ gesammelt wurden. Ein Teil der Probandinnen und Probanden litten unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und/oder Typ-2-Diabetes.
Insgesamt konnte das Team 282 verschiedene Lipide in dem Blut der Teilnehmenden unterscheiden. 69 dieser Fettsäuren waren mit dem Vorhandensein von Herzerkrankungen und/oder Typ-2-Diabetes verbunden.
Diese Lipide weisen auf Herzkrankheiten und Diabetes hin
„Ein statistischer Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigte sich bei 49 Lipiden, die hauptsächlich zu den Cholesterinestern und Sphingolipiden zählten“, bestätigt Eichelmann. Mit Typ-2-Diabetes waren ihm zufolge 12 Lipide verbunden, wobei es sich überwiegend um Glycerin- und Phospholipide handelte.
Acht Lipide waren sogar mit dem gleichzeitigem Vorliegen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes assoziiert. Diese Lipide zählten größtenteils zu den Monoacylglyceriden.
Hauptsächlich gesättigte Fette erhöhen das Risiko
In weiteren Analysen auf molekularer Ebene konnten die Forschenden feststellen, dass die Risiko-Lipide hauptsächlich gesättigte Fettsäuren enthielten, vor allem Palmitinsäure.
Können die Lipide über die Ernährung beeinflusst werden?
In einem weiteren Teil der Studie überprüfte die Arbeitsgruppe, ob sich die identifizierten Risiko-Lipide über eine veränderte Fettsäurezusammensetzung in der Ernährung beeinflussen lassen. Hierzu erklärten sich 113 gesunde Probandinnen und Probanden bereits, über 16 Wochen eine bestimmte Diät einzuhalten.
Die Teilnehmenden wurden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe folgte einer Ernährung mit einem erhöhten Anteil gesättigter Fettsäuren. Die zweite Gruppe erhielt eine Diät, die reich an einfach ungesättigten Fettsäuren war. In der dritten Gruppe war die Ernährung geprägt durch einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
Die Gesamtzahl an Kalorien war in jeder Gruppe gleich. Sowohl zu Beginn als auch vier Monate später wurden Blutproben von den Teilnehmenden entnommen und auf die enthaltenen Lipide untersucht.
Ungesättigte Fettsäuren reduzierten die Risiko-Lipide
Die Auswertung zeigt, dass die Diäten mit einem erhöhten Anteil ungesättigter Fettsäuren im Vergleich zur Diät mit erhöhtem Anteil gesättigter Fettsäuren zu einer Verringerung der risikoassoziierten Lipide und gleichzeitig zu einer Steigerung der risikoarmen Lipide führten.
Neues Vorhersagemodell für Herzkrankheiten und Diabetes
„Die identifizierten Lipide könnten als Biomarker für ein erhöhtes Risiko dienen“, resümiert Professor Matthias Schulze aus dem Forschungsteam. Ihm zufolge könnten zukünftige Risikovorhersage-Modelle auf den Ergebnissen aufbauen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Eichelmann, F., Sellem, L., Wittenbecher, C., et al.: Deep Lipidomics in Human Plasma - Cardiometabolic Disease Risk and Effect of Dietary Fat Modulation; in: Circulation (2022), ahajournals.org
- DIfE: Lipidomik liefert neue Biomarker für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes (veröffentlicht: 21.04.2022), dife.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.