Diabetes-Subtypen: Rolle der Immunzellen untersucht
Diabetes mellitus gehört zu den großen Volkskrankheiten hierzulande. In Deutschland sind rund acht Millionen Menschen davon betroffen. Klassischerweise wird zwischen einem Typ 1 und einem Typ 2 unterschieden. Doch schon seit einiger Zeit sprechen Fachleute nicht nur von zwei, sondern von fünf Subtypen. Wie sich deren Immunzellen unterscheiden, war bislang nicht bekannt. Doch eine Studie hat dies jetzt untersucht.
Die herkömmliche Einteilung in nur zwei häufige Diabetes-Typen – Typ-1 und Typ-2 – spiegelt die vielfältigen Ursachen und Auswirkungen eines gestörten Glukosestoffwechsels nicht angemessen wider. Vielmehr sind heute fünf Subtypen von Diabetes bekannt, heißt es auf dem Diabetesinformationsportal „diabinfo.de“. Bisher war aber nicht bekannt, wie sich die Immunzellen in den jeweiligen Subtypen unterscheiden. Eine neue Studie des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) hat nun genau dies untersucht und Potential für die Zukunft entdeckt.
Risiko der Diabetes-Subtypen für Diabetesfolgen
Wie das DDZ in einer aktuellen Mitteilung erklärt, spielen Immunzellen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Diabetes und dessen Folgeerkrankungen.
Beim Typ-1-Diabetes sind zum Beispiel die T-Zellen (eine Untergruppe der Immunzellen) mitverantwortlich für die Erkrankung, weil sie die Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstören können, in denen das Insulin produziert wird.
Bei Diabetes Typ 2 trägt hingegen eine Entzündung durch eine höhere Anzahl von Leukozyten (weiße Blutkörperchen) im Blut zur Entwicklung von Insulinresistenz bei.
Die veränderte Anzahl und Zusammensetzung der Immunzellen spielt neben dem Auftreten des Diabetes an sich auch bei der Entstehung von Komplikationen wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine wichtige Rolle.
Erst vor wenigen Monaten konnte das DDZ in einer Untersuchung Unterschiede bei Botenstoffen der Entzündung zwischen den neuen Diabetes-Subtypen identifizieren – denn mittlerweile geht die Forschung davon aus, dass der Diabetes komplexer ist, als es die klassische Einteilung vermittelt.
„Vor dieser Studie war unbekannt, ob sich die neuen Diabetes-Subtypen auch bezüglich des Blutbildes und spezieller Blutzellen unterscheiden“, sagt Prof. Michael Roden, Wissenschaftlicher Direktor und Vorstand des DDZ. „Unser Ziel war letztlich, ob so das Risiko der Diabetes-Subtypen für Diabetesfolgen besser erkennbar wird.“
Andere Zusammensetzung der T-Zellen
Daher wurde die Zusammensetzung des Blutes von über 650 Teilnehmenden der Deutschen Diabetes Studie (GDS) untersucht. Bei diesen Personen wurde erst kurz vor der Studienteilnahme der Diabetes diagnostiziert.
„Bei unseren Untersuchungen kam unter anderem heraus, dass die Anzahl der weißen Blutkörperchen, also der Leukozyten, beim Diabetes-Subtyp mit schwerer Insulinresistenz und beim Diabetes-Subtyp, der sich durch krankhaftes Übergewicht auszeichnet, am höchsten war“, erklärt Dr. Jacqueline Ratter-Rieck, welche in der Arbeitsgruppe Inflammation am DDZ federführend an der Studie beteiligt ist.
„Die geringste Anzahl an Leukozyten fanden wir beim sogenannten schweren autoimmunen Diabetes, der im Wesentlichen dem klassischen Typ-1-Diabetes entspricht.“
Zudem wiesen Menschen mit dem Diabetes-Subtyp mit schwerer Insulinresistenz eine andere Zusammensetzung der T-Zellen auf. Wie in der Mitteilung erklärt wird, sind die T-Zellen auch an der Entstehung von Komplikationen des Diabetes beteiligt, so dass unterschiedliche Zellzusammensetzungen zu Unterschieden in den zugrundeliegenden Entzündungsprozessen in den verschiedenen Subtypen führen könnten.
Auf dem Weg zu einer Präzisionsdiabetologie
Somit zeigt diese Studie, die in der von der American Diabetes Association herausgegebenen Fachzeitschrift „Diabetes“ veröffentlicht wurde, dass sich die Anzahl der Leukozyten und darüber hinaus auch deren Zusammensetzung im Blut zwischen den Diabetes-Subtypen unterscheiden. Aber was bedeutet dies konkret für Menschen mit Diabetes?
Laut den Fachleuten tragen die aus der Studie gewonnen Erkenntnisse zu einer besseren Charakterisierung der spezifischen Eigenschaften und Verläufe der entsprechenden Diabetes-Subtypen bei und können den Weg zu einer Präzisionsdiabetologie ebnen.
„Für künftige Studien wird es deshalb wichtig sein, zu untersuchen, bei welchen Diabetes-Subtypen Entzündungsprozesse eine besonders wichtige Rolle spielen“, fügt Prof. Christian Herder, Leiter der Arbeitsgruppe Inflammation, an.
„Für diese Subtypen könnten vielleicht auch entzündungshemmende Therapien interessant sein, um die Entwicklung des Diabetes und seiner Folgeerkrankungen zu verlangsamen“, so der Experte. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsches Diabetes-Zentrum: Stehen Immunzellen mit den neuen Diabetes-Subtypen in Verbindung?, (Abruf: 14.09.2021), Deutsches Diabetes-Zentrum
- Deutsches Diabetes-Zentrum: Neue Diabetes-Subgruppen zeigen unterschiedliche Entzündungsreaktionen, (Abruf: 14.09.2021), Deutsches Diabetes-Zentrum
- Ratter-Rieck, J M, Maalmi H, Trenkamp S, Zaharia O-P, Rathmann W, Schloot N C, Straßburger K, Szendroedie J, Herder C, Roden M, GDS Group: Leukocyte Counts and T Cell Frequencies Differ Between Novel Subgroups of Diabetes and Associate with Metabolic Parameters and Biomarkers of Inflammation; in: Diabetes, (veröffentlicht: 30.08.2021), Diabetes
- Helmholtz Zentrum München, Deutsches Diabetes-Zentrum & Deutsches Zentrum für Diabetesforschung: Gelingt die Einteilung in 5 Diabetes-Subtypen mit klinischen Routinedaten?, (Abruf: 14.09.2021), diabinfo.de
Wichtiger Hinweis:
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