Deutlich erhöhtes Risiko einer Depression bei Diabetes-Patienten
Für Menschen mit Diabetes ist das Risiko, eine Depression zu entwickeln, besonders hoch. Laut Angaben der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) leiden Diabetiker rund doppelt so häufig an Depressionen wie die Bevölkerung im Durchschnitt. „Depressionen bei Patienten mit Diabetes stellen ein massives und bislang unterschätztes Problem dar“, betont Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Past Präsident und Pressesprecher der DDG.
Von den rund 6,5 Millionen Menschen in Deutschland, die an Diabetes erkrankt sind, leiden laut Mitteilung der DDG schätzungsweise 800.000 Menschen gleichzeitig an einer behandlungsbedürftigen Depression. Damit kommen „Depressionen bei Menschen mit Diabetes doppelt so häufig vor wie in der Allgemeinbevölkerung“, so Professor Dr. Diplom-Psychologe Bernd Kulzer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Für die Betroffenen kann das fatale Folgen haben.
Diabetes-Belastungen oft Auslöser einer Depression
Die diabetesbezogenen Belastungen sind den Experten zufolge oftmals Auslöser einer begleitenden Depression. Denn die „Patienten mit Diabetes müssen jeden Tag Verantwortung für ihre Therapie übernehmen, ihre Blutzuckerwerte genau im Blick haben, Medikamente dosieren und einnehmen, Rückschläge verarbeiten“, erläutert Prof. Kulzer. Dies könne besonders dann sehr stressig und depressionsfördernd sein, wenn neben der Diabeteserkrankung „noch andere Belastungen im Leben vorhanden sind, negative Erlebnisse wie Unterzuckerungen oder Folgeerkrankungen auftreten oder Menschen wenig Unterstützung im Umgang mit dem Diabetes erfahren.“
Depression mit negativem Effekt auf die Diabetes-Behandlung
Die Folgen der klinischen Depression auf den Gesundheitszustand der Diabetes-Patienten können laut Mitteilung der DDG extrem weitreichend sein. Die Diabetesbehandlung werde durch die depressiven Stimmungseinbrüche erheblich gefährdet. Oft seien die Patienten nicht mehr ausreichend in der Lage, die notwendigen Blutzuckermessungen durchzuführen und sich Insulin zu spritzen. In der Konsequenz verschlechtere sich der Langzeitblutzuckerwert HbA1c. Ohne eine psychotherapeutische Behandlung könne in solchen Fällen kaum noch eine erfolgreiche Diabetes-Therapie erfolgen.
Erhöhtes Risiko der Folgeerkrankungen
Die Depressionen führen bei Diabetes auch zu direkten negativen körperlichen Effekten, da bei der psychischen Erkrankung über die Aktivierung der Hypophysen-Nebennieren-Achse eine Erhöhung entzündlicher Prozesse an den großen und kleinen Blutgefäßen erfolgt. „Das wiederum fördert die Entstehung weiterer Folgeerkrankungen etwa an Nerven, Augen, Füßen oder Nieren“, erläutert Prof. Kulzer. Die Folgeerkrankungen wie ein Schlaganfall oder Herzinfarkt seien auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich das Sterblichkeitsrisiko bei Menschen mit Diabetes und Depression verdoppelt. Ebenso spiele die erhöhte Suizidrate eine Rolle. „Wir müssen leider feststellen, dass das Suizidrisiko höher liegt als bei depressiven Menschen ohne Diabetes“, so Prof. Kulzer.
Auf Warnhinweise achten
Diabetiker sollten sich bei entsprechenden Warnzeichen dringend psychologische Hilfe suchen, so der Hinweis der DDG. Hier gebe es spezielle Fachpsychologen, aber Betroffene „können sich auch an jeden niedergelassenen Psychotherapeuten wenden“, erläutert Dr. Andrea Benecke, Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Bislang werde rund die Hälfte aller Depressionen bei Diabetes nicht erkannt, ergänzt Prof. Kulzer. „Die Diagnose wird viel zu selten gestellt“, so der Experte. Die Warnhinweise sollten daher keinesfalls ignoriert werden. „Wenn die Therapie zur Last wird und mehr Energie als bisher kostet, ist das ein Alarmsignal“, betont Kurz.
Psychotherapie bietet Hilfe
Betroffenen Diabetikern kann mit einer speziellen Psychotherapie geholfen werden, deren Ziel eine gefestigte psychische Verfassung ist, „die eine Rückkehr zu einem verlässlichen Selbstmanagement des Diabetes ermöglicht, was sich wiederum in einem stabilen HbA1c-Wert ausdrückt“, so Dr. Andrea Benecke. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Betroffenen bei entsprechenden Warnsignalen an einen Psychologen oder Psychotherapeuten wenden. (fp)
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