Diabetes und Parodontitis: ein gefährliches Duo
In Deutschland leiden rund elf Millionen Menschen unter Parodontitis. Besonders schwer betroffen sind Diabetiker. Gesundheitsexperten raten diesen Patienten daher zur gründlichen Mundhygiene und regelmäßigen Zahnarztkontrollen. Außerdem ist es wichtig, auf die Blutzuckereinstellung zu achten, um das Parodontitis-Risiko zu senken.
Parodontitis kann zu schweren Erkrankungen führen
Fachleuten zufolge leiden in Deutschland rund elf Millionen Menschen unter Parodontitis. Diese chronische Entzündung des Zahnhalteapparats schädigt nicht nur die Zähne, sondern kann laut wissenschaftlichen Untersuchungen auch lebensgefährliche Erkrankungen auslösen. So können die Keime über die Entzündungsherde im Zahnfleisch in die Blutbahn gelangen und auf diese Weise unter anderem Gefäßverkalkungen oder einen Herzinfarkt begünstigen.
Menschen mit Diabetes verlieren mehr Zähne
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer aktuellen Mitteilung berichtet, sind Patienten mit Diabetes Typ 1 und 2 besonders schwer von einer Parodontitis betroffen:
Sie haben ein dreifach erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken und verlieren auch mehr Zähne, wobei sich gleichzeitig die Einstellung des Blutzuckerspiegels durch die Zahnfleischerkrankung verschlechtert.
Die DDG rät daher allen Diabetespatienten zur gründlichen Mundhygiene und regelmäßigen Zahnarztkontrolle. Darüber hinaus ist es wichtig, auf die Blutzuckereinstellung achten, um das Parodontitis-Risiko zu senken.
Rauchen begünstigt Parodontitis
Laut DDG ist Parodontitis die häufigste chronische Erkrankung weltweit. Als Hauptauslöser für die Entzündung des Zahnhalteapparates gilt der bakterielle Zahnbelag.
Dieser führt zu einer oberflächlichen Entzündung des Zahnfleisches – der Gingivitis –, die sich unbehandelt zur Parodontitis ausweiten kann.
Rauchen gilt als eine der häufigsten Ursachen für Parodontitis.
„Außer mangelnder Mundhygiene sind Rauchen, Stress und genetische Faktoren Ursachen für diese chronische Entzündung“, erklärt DDG-Präsident Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland. Ein weiterer großer Risikofaktor ist der Diabetes mellitus.
Erkrankung verursacht selten Schmerzen
„Ist der Blutzuckerspiegel des Diabetespatienten schlecht eingestellt, steigt das Risiko für Parodontitis stark an“, betont Müller-Wieland. „Auch ist dann die Zahnfleisch-Behandlung komplizierter, der Krankheitsverlauf schwerer, ein Zahnverlust häufiger.“
Umgekehrt verschlechtert eine Parodontitis wiederum die Blutzuckereinstellung – mit der Tiefe der Zahnfleischtaschen steigt auch der Langzeit-Blutzuckerwert an.
Wie es in der Mitteilung weiter heißt, haben Untersuchungen gezeigt, dass die Sterblichkeit von parodontal erkrankten Diabetespatienten höher ist als bei Menschen mit gesundem Zahnfleisch. Grund sind Entzündungsprozesse, die sich unter anderem negativ auf das Herz auswirken.
Das Schwierige an der Erkrankung: Parodontitis verursacht selten Schmerzen. „Es ist daher wichtig. Unbedingt auf erste Warnzeichen wie Zahnfleischbluten, geschwollenes Zahnfleisch, Mundgeruch, Änderungen der Zahnstellung oder länger werdende, gelockerte Zähne zu achten“, erläutert DDG Experte Priv. Doz. Dr. med. Erhard Siegel.
Richtige Mundhygiene
Vorgebeugt werden kann durch richtige Mundhygiene. Nichts eignet sich dafür so gut wie regelmäßiges Zähneputzen.
Zahnärzte raten, die Zähne mindestens zweimal täglich zu putzen. Und zwar am besten nach dem Frühstück und vor allem nach dem Abendessen. Laut Fachleuten ist die Zahnpflege abends wesentlich wichtiger als am nächsten Morgen.
Die optimale Putzzeit wird meist mit zwei bis fünf Minuten angegeben.
Zwar gingen Experten bis vor kurzem davon aus, dass man nach einer Mahlzeit mit säure- oder zuckerhaltigen Lebensmitteln eine halbe Stunde bis zum Zähneputzen warten sollte, da die Säure Mineralien aus dem Zahnschmelz löse und man mit dem Putzen diesen Vorgang noch verschlimmere – Zahnschmelz werde weggeputzt.
Doch mittlerweile wird diese Empfehlung von Zahnmedizinern kritisch diskutiert, weil die Vorteile des Putzens direkt nach dem Essen die möglichen Nachteile zu überwiegen scheinen.
Zahnzwischenräume richtig reinigen
Zu bedenken ist, dass die Zahnbürste nur ungefähr 70 Prozent der Schmutzbeläge erwischt – der Rest sitzt zwischen den Zähnen. Daher sollte man mindestens einmal täglich die Zahnzwischenräume richtig reinigen.
Zahnseide ist dafür am besten geeignet. Allerdings muss man aufpassen, dass man das Zahnfleisch nicht verletzt. Als Alternativen eignen sich auch Zahnhölzer, Zahnsticks oder Zahnzwischenraumbürsten.
Auch Mundspülungen reinigen Zahnzwischenräume. Um seine eigenen Putzerfolge zu kontrollieren kann man hin und wieder eine Anfärbetablette verwenden, die zeigt, welche Bereiche nicht sauber geworden sind.
Auf die richtige Technik kommt es an
Von Experten wird dazu geraten, immer in der gleichen Reihenfolge zu putzen, damit sich eine Routine einstellt und kein Bereich vergessen wird. Häufig wird die sogenannte KAI-Technik empfohlen.
Das bedeutet, dass erst die Kauflächen, dann die Außenflächen und dann die Innenseiten der Zähne gereinigt werden.
Es wird grundsätzlich von Rot (Zahnfleisch) nach Weiß (Zahn) geputzt. Rütteln und Streichen ist laut Zahnmedizinern besonders sinnvoll.
Auf der Webseite der Bundeszahnärztekammer ist ein Video zu finden, das in 60 Sekunden erklärt, wie die KAI-Systematik funktioniert.
Regelmäßige zahnärztliche Untersuchungen
Darüber hinaus rät die DDG zu regelmäßigen zahnärztlichen Untersuchungen, um jegliches Risiko auszuschließen.
Wie die Experten erklären, erkennt der Arzt bei der zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung mithilfe des „Parodontalen Screening Indexes“ (PSI) bereits frühe Formen der Parodontitis und kann sie behandeln.
„Insbesondere Menschen mit Diabetes sollten mindestens einmal jährlich zur Kontrolle beim Zahnarzt gehen“, empfiehlt Siegel.
Der Verzicht auf Rauchen, eine ausgewogene Ernährung sowie die Vermeidung von Übergewicht und Stress können das Parodontitis-Risiko weiter senken.
Mehr Aufklärung und Prävention
Für eine erste Einschätzung, wie hoch das eigene Parodontitis-Risiko ist, stellt die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro) online einen Selbsttest zur Verfügung.
„Auch Diabetologen, Haus- und Zahnärzte sollten für dieses Thema zunehmend sensibilisiert werden“, meint Müller-Wieland. „Denn in Deutschland wissen etwa zwei Millionen Menschen nicht, dass sie an Diabetes erkrankt sind und folglich ein erhöhtes Risiko für Parodontitis besitzen.“
Alle beteiligten Fachärzte seien aufgerufen, mehr Aufklärung und Prävention in ihre Praxen zu bringen.
„Beispielsweise könnten Screening-Maßnahmen wie ein Diabetestest in Zahnarztpraxen oder die Aufnahme des Zahnstatus in die hausärztliche Anamnese eine bessere Parodontitis-Vorsorge gewährleisten“, so Siegel. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.