Syphilis, Tripper und Co. wieder auf dem Vormarsch
Die Verbreitung vieler Geschlechtskrankheiten war über Jahrzehnt kontinuierlich zurückgegangen, doch ist angesichts der zunehmenden Sorglosigkeit derzeit ein Wiederanstieg der Infektionszahlen zu beobachten. „Die Gefahr einer Ansteckung wird oft unterschätzt“, so die aktuelle Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg. 2015 sei allein die Zahl der Syphilis-Infektionen in Deutschland den Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge um fast ein Fünftel gestiegen. Auch die Neuinfektionen mit anderen sexuell übertragbarer Krankheiten haben zugenommen.
Insgesamt zeigt sich bei den Geschlechtskrankheit eine besorgniserregende Trendwende. Die Anzahl der Neuinfektionen ist bei manchen Erkrankungen drastisch gestiegen. So waren beispielsweise 6.834 Syphilis-Neuinfektionen festzustellen, was einem Anstieg von 19 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahr (5.726 Fälle) entspricht, berichtet das Universitätsklinikum Freiburg. „Auch die Zahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus (fünfprozentige Erhöhung gegenüber dem Vorjahr) und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten ist nach wie vor sehr hoch“, so die Mitteilung des Klinikums weiter.
Kondome bieten effektiven Schutz
Die Oberärztin der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Freiburg, Prof. Dr. Maja Mockenhaupt, erklärt, dass die wenigsten Menschen sich heutzutage der Ansteckungsgefahr durch diese Krankheiten und der Notwendigkeit einer frühzeitigen Diagnose und Therapie bewusst seien. Eigentlich lasse sich den sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten durch „den Schutz mit Kondomen beim Geschlechtsverkehr effektiv vorbeugen und so das Ansteckungsrisiko minimieren.“ Wer sich infiziert hat, sollte sich – auch im Sinne seiner Sexualpartner – schnellstmöglich in Behandlung begeben.
Geschlechtskrankheiten oft unbemerkt
Die Symptome der verschiedenen Geschlechtskrankheiten umfassen ein breites Spektrum an Beschwerden. Mitunter verlaufen sie auch über einen längeren Zeitraum eher unauffällig.. So werden beispielsweise nicht alle Syphilis-Infektionen sofort bemerkt. „Nur ein Drittel wird im Primärstadium erkannt – in der Regel an einem schmerzlosen Geschwür mit hartem Rand an der Eintrittspforte des Erregers – also beispielsweise an den männlichen oder weiblichen Geschlechtsorganen oder im Mund“, berichtet das Universitätsklinikum Freiburg. Oft seien jedoch andere, für Syphilis recht unspezifische Symptome festzustellen, wie geschwollene Lymphknoten, Wunden oder Hautausschlag, was eine frühzeitige Diagnose deutlich erschweren kann.
Drohende Organschäden bei Syphilis
Im weiteren Krankheitsverlauf der Syphilis, welche in Deutschland überwiegend bei Männern auftritt, zeigt sich meist eine schubweise Wiederholung der Beschwerden. Rote Flecke an den Handflächen und Fußsohlen seien hier ein weiterer möglicher Hinweis auf die Erkrankung, berichtet das Universitätsklinikum Freiburg. Mitunter heile die Krankheit auch unbehandelt von alleine aus, aber sie könne ebenso über Jahre anhalten – zum Teil auch ohne Symptome zu verursachen. „Die Gefahr dabei ist, dass noch nach Jahrzehnten schwere Organschäden auftreten können“, warnt das Freiburger Universitätsklinikum. Auch drohe die gefürchtete Neurosyphilis, welche das Gehirn und das Rückenmark angreift.
Vorliegende Syphilis-Infektionen dringend behandeln
Angesichts des langfristigen Risikos von Komplikationen sollte eine vorliegende Syphilis-Infektion dringend ärztlich behandelt werden. Bei frühzeitiger Diagnose lässt sich die Infektion in der Regel gut mit Antibiotika therapieren, so das Universitätsklinikum Freiburg. Hierbei sei Penicillin intramuskulär das Mittel der Wahl. Nach einer überstandenen Infektion bestehe keine Immunität gegen die Syphilis-Erreger , so dass man sich immer wieder neu infizieren kann und dann erneut behandelt werden muss, betonen die Experten.
Vermehrte Neuinfektionen mit Chlamydien
„Anlass zur Sorge gibt zudem die Zahl an Neuinfektionen mit Chlamydienbakterien“, so Prof. Mockenhaupt. Da bei der Infektion ebenfalls häufig keine spürbaren Beschwerden wie eitriger Ausfluss oder Brennen während des Wasserlassens auftreten, seien viele Männer und Frauen Überträger, ohne es zu wissen. Bei der Frau könne die Chlamydien-Infektion schlimmstenfalls zur Unfruchtbarkeit führen.
Resistente Tripper-Erreger ein wachsendes Problem
Über die Verbreitung der Geschlechtskrankheit Gonorrhö (Tripper), welche durch Bakterien, ausgelöst und bei Schleimhautkontakt übertragen wird, wurde in den vergangen Monaten bereits mehrfach ausführlich berichtet. Vor allem, weil die Tripper-Erreger zunehmend resistent gegen sämtliche bisher angewandten Antibiotika werden. Auch hier verläuft die Infektion zunächst oft ohne Krankheitsbeschwerden. Betroffene zeigen keine oder nur geringe Symptome wie Ausfluss und Brennen beim Wasserlassen und stecken ihre Sexualpartner daher unwissentlich an, berichtet das Universitätsklinikum Freiburg. Unbehandelt könne die Infektion „zu schweren Folgen wie Gebärmutter- oder Eileiterentzündungen bei der Frau und zu Prostataentzündungen beim Mann“ führen. „Wichtig ist auch die Behandlung der Sexualpartner, da es sonst zu einer immer wiederkehrenden wechselseitigen Ansteckung kommen kann, dem sogenannten Ping-Pong-Effekt“, betont Prof. Mockenhaupt.
Bei Genitalherpes drohen vermehrte Rückfälle
Des Weiteren ist das Risiko einer Infektion mit Herpes genitalis nicht zu unterschätzen. Diese, durch Viren verursachte, Geschlechtskrankheit kann Beschwerden wie Juckreiz, Brennen im Genitalbereich, verstärkten Ausfluss oder Bläschenbildung und entsprechende Hautschäden mit sich bringen. „Zudem können allgemeine Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen auftreten“, so die Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg. Doch bleiben auch hier viele Betroffene ohne jegliche Symptome. Zur Behandlung werden virushemmenden Medikamenten (Virustatika) eingesetzt, die bei rechtzeitiger Anwendung effektiv gegen die Beschwerden wirken. Das Virus bleibt jedoch latent im Körper vorhanden, was mit dem Risiko von Rückfällen einhergeht. „Bei Patienten mit häufigen Rückfällen (kann) eine Langzeittherapie die Häufigkeit von Rückfällen vermindern“, so Professor Mockenhaupt.
Keine Scham vorm Arztbesuch
Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie der Geschlechtskrankheiten und die Vermeidung weiterer Infektionen ist ein Arztbesuch beziehungsweise eine entsprechende Diagnose. Doch „viele Menschen schämen sich, mit Beschwerden im Genitalbereich zum Arzt zu gehen“, so Prof. Mockenhaupt. Die Scham sei hier völlig fehl am Platz, denn die Krankheiten sollten unbedingt behandelt werden – auch aus Rücksicht auf den Partner, betont die Expertin. Bei Jucken, Brennen oder ungewohnten Ausfluss ist daher immer zeitnah ein Arztbesuch angeraten. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.