Viele Teenager betroffen: Was man gegen Cybermobbing tun kann
Eine Umfrage im vorletzten Jahr kam zu dem Ergebnis, dass bereits jeder dritte Schüler Internet-Mobbing-Opfer wurde. Und laut der sogenannten JIM-Studie 2014 waren es 17 Prozent der 12- bis 19-Jährigen die durch Cybermobbing schikaniert wurden. Schüler und Eltern sind dem aber nicht unbedingt hilflos ausgeliefert. Betroffene sollten über Prävention und Intervention Bescheid wissen.
Öffentliche Darstellung bietet Angriffsfläche für Mobbing
Die allermeisten jungen Menschen nutzen Social-Media-Plattformen, auf denen man sich öffentlich präsentieren und inszenieren kann. Ein Problem dabei ist, dass diese Darstellung auch eine Angriffsfläche für Mobbing bietet. Betroffen davon sind vor allem Teenager, allerdings ist auch etwa jeder 3. erwachsene Deutsche betroffen, wie eine Studie des „Bündnis gegen Cybermobbing“ zeigte. Man ist demgegenüber aber nicht machtlos. Schüler und ihre Eltern sollten vorbeugen und sich – wenn es zu Vorfällen kommt – wehren.
Eine neue Form von Gewalt
„Diese Art der Selbstdarstellung im Internet bietet immer auch eine Möglichkeit, andere zu mobben“, sagte Brigit Kimmel, Pädagogische Leiterin der EU-Initiative Klicksafe gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Gerät ein digitaler Inhalt in falsche Hände, kann es zu einer rasanten, nicht aufzuhaltenden Verbreitung kommen.“ Allerdings lassen sich solche im Netz verbreitete Inhalte nicht unbedingt auf einen einzigen Täter zurückführen. Bei Cybermobbing handelt es sich um eine neue Form von Gewalt. „Es bezeichnet das Schikanieren und Fertigmachen einer Person mit Hilfe von Internet, Handy oder Sozialen Netzwerken“, erklärte Kriminaloberrat Harald Schmidt von der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Dabei werden nicht nur beleidigende Kommentare, sondern häufig auch Bilder und Videos eines Opfers im Internet verbreitet. „Durch diese Öffentlichkeit, die ein Täter über das Netz herstellt, erfährt bewusst und gewollt ein Opfer eine zusätzliche Demütigung“, so Schmidt gegenüber der dpa. Besonders problematisch ist, dass sich solche Inhalte kaum mehr aus dem Netz löschen lassen.
Opfer leiden unterschiedlich
Die Pädagogin Birgit Kimmel unterscheidet dabei vier Arten. Bei der Schikane erhält das Opfer immer wieder beleidigende und verletzende Nachrichten per E-Mail, SMS oder Messenger. Bei der Verleumdung hingegen werden Gerüchte großflächig übers Netz verbreitet. Beim Bloßstellen sendet der Täter Vertrauliches über das Opfer an Dritte und beim Ausschließen oder Ignorieren wird dem Opfer eine Teilnahme verweigert – etwa an Gruppen oder Chats. Viele Mobbing-Opfer leiden ein Leben lang, berichten Gesundheitsexperten. „Häufige Folgen von Mobbing wie auch Cybermobbing sind Leistungsabfall, psychosomatische Erkrankungen, selbstverletzendes Verhalten wie auch extreme Rache- und Gewaltfantasien bis hin zu Selbstmordgedanken und Selbstmord“, erläuterte Kimmel. Mädchen richten ihre Aggressionen oft gegen sich selbst oder nach innen, Jungen dagegen tragen dies eher nach außen.
Betroffene holen sich oft erst spät oder gar keine Hilfe
Noch immer behalten viele Betroffene ihre Probleme für sich. „Die meisten Mobbingopfer verschweigen oft, was sie erleben, denn sie fühlen sich schuldig und machen sich Vorwürfe“, erklärte Kimmel. In vielen Fällen holen sich die Opfer deshalb erst spät oder gar keine Hilfe. Die Reaktionen der Kinder und Jugendlichen, die vom Cybermobbing betroffen sind, fallen ganz unterschiedlich aus: „Einige sind eingeschüchtert und ziehen sich zurück, um keine Angriffsfläche mehr zu bieten“, erklärte die Sprecherin des Elternmedienratgebers „Schau hin“, Susanne Rieschel. „Andere sind bedrückt, ungewöhnlich schweigsam oder angespannt, reagieren aggressiv oder werden krank.“ Es könne zu Schlafproblemen und Beschwerden vor der Schule kommen. „Wenn Eltern sie darauf ansprechen, spielen viele Jugendliche ihre Situation herunter“, so Rieschel.
Täter melden und/oder blockieren
Cybermobbing-Opfer sollten einiges beachten. Wenn das Mobbing über Social Media erfolgt, kann man bei den meisten Diensten den Mobber melden oder blockieren. So startete etwa Facebook im vergangenen Jahr sein Portal gegen Mobbing unter dem Slogan „Mobbing stoppen“. Diese Maßnahmen „sind wichtige erste Schritte, damit der Mobber nicht weiter belästigen kann“, sagte Kimmel. „Wenn das nichts bringt, besteht die Möglichkeit, sich ein neues Profil, eine neue Handynummer oder eine neue Mail-Adresse zuzulegen.“ Bei beleidigenden Nachrichten sollte man am besten erst gar nicht reagieren.
Passiv sollten Betroffene keinesfalls bleiben: „Je nach Eskalationsgrad des Konflikts und der Beziehung zum Täter kann es auch angebracht sein, den Täter sehr bestimmt zum Aufhören aufzufordern“, so die Pädagogin. Grundsätzlich wichtig ist das Sichern der Beweise: „Kopien von unangenehmen Nachrichten, Bildern oder Online-Gesprächen können helfen, anderen zu zeigen, was passiert ist, und bieten eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Täter zu ermitteln“, erklärte Kimmel. Die Expertin rät generell, so wenig persönliche Angaben wie möglich im Netz preiszugeben und sich bei Bildern im Zweifel gegen das Versenden oder Veröffentlichen zu entscheiden. Eltern sollten zur Prävention so früh wie möglich mit ihren Kindern über Cybermobbing sprechen.
Cybermobbing ist nicht direkt strafbar
„Es gibt keinen speziellen Tatbestand, der Cybermobbing unter Strafe stellt“, erläuterte Schmidt. Allerdings können durch Cybermobbing verschiedene Straftatbestände, wie etwa Beleidigung, vorliegen. „Ob eine strafbare Beleidigung vorliegt, ist abhängig vom Wortlaut sowie dem Gesamtzusammenhang“, so der Kriminaloberrat. Aber auch Fotomontagen oder Gesten wie der sogenannte „Stinkefinger“ könnten im Gesamtzusammenhang als Beleidigung gesehen werden. Zudem können bei Cybermobbing noch weitere Straftatbestände vorliegen, wie beispielsweise Bedrohung, Erpressung, Körperverletzung oder Verletzung des Briefgeheimnisses. „Grundsätzlich sind Kinder unter 14 Jahren strafunmündig, auch wenn eine rechtswidrige Tat vorliegt“, erklärte der Experte. (ad)
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