Resistente Bakterien durch antibakterielle Wirkstoffe in Haushaltsprodukten
Resistente Bakterien werden zu einem ständig wachsenden Problem für die medizinische Versorgung. Oft werden Massentierhaltung und übermäßige Verschreibung von Antibiotika für die Resistenzen verantwortlich gemacht. In einer großen Klärschlamm-Analyse zeigte sich nun, dass gängige Haushaltsmittel und Pflegeprodukte einen größeren Teil beitragen, als bislang gedacht.
Forschende der University of Toronto zeigten an Untersuchungen von Kläranlagen in der kanadischen Provinz Ontario, dass der antibakterielle Zusatzstoff Triclosan, der in zahlreichen Haushaltsprodukten enthalten ist, das am weitesten verbreitete Antibiotikum im Klärschlamm ist. Die Ergebnisse wurden in dem Fachjournal „Environmental Science & Technology“ vorgestellt.
Antibiotikaresistente Bakterien nehmen fortlaufend zu
Antibiotika sind bei vielen bakteriellen Infektionskrankheiten ein rettendes Mittel, um schwere oder sogar tödliche Krankheitsverläufe zu verhindern. In den letzten Jahrzehnten wurde jedoch ein ständiger Anstieg von resistenten Bakterien festgestellt, bei denen die Medikamente wirkungslos sind.
Klärschlamm auf Antibiotika-Rückstände untersucht
Je weitflächiger und häufiger antibakterielle Mittel eingesetzt werden, desto größer ist das Risiko, dass Bakterienstämme mit einer oder mehreren Antibiotikaresistenzen entstehen. Um zu ermitteln, welche antibakteriellen Substanzen am meisten im Umlauf sind, untersuchte die kanadische Arbeitsgruppe den Klärschlamm aus mehreren Kläranlagen auf enthaltene Antibiotika.
Triclosan als vorherrschendes Mittel identifiziert
Dabei kamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass Triclosan das vorherrschende Antibiotikum im Klärschlamm von Ontario ist. Triclosan ist ein antibakterieller Wirkstoff, der in zahlreichen Haushalts- und Pflegeprodukten enthalten ist, wie beispielsweise in
- Zahnpasta,
- Mundwasser,
- Körperseife,
- Duschgel,
- Deoroller,
- Gesichtspuder,
- Schminke,
- Reinigungsmittel für Finger- und Fußnägel.
Antibakterielle Aktivität direkt auf Triclosan zurückzuführen
„Da so viele verschiedene Antibiotika im Klärschlamm enthalten sind, waren wir überrascht, dass der Großteil der antibakteriellen Aktivität des Schlamms direkt mit Triclosan allein in Verbindung gebracht werden konnte“, verdeutlicht Studienhauptautorin Holly Barrett.
Kläranlagen als Geburtsstätte für Superkeime
Kläranlagen sind den Forschenden zufolge neben Krankenhäusern eine kritische Geburtsstätte für resistente Bakterien, da viele unterschiedliche Antibiotika in dem Klärschlamm enthalten sind. Sie gelangen hauptsächlich über den Abfluss aus Haushalten in das Abwasser.
Wie die Arbeitsgruppe nachweisen konnte, ist Triclosan in Ontario das führende Mittel im Abwasser, das sich auf die Entwicklung von E. coli-Bakterien auswirkt. Kolibakterien sind weit verbreitet und kommen beispielsweise auch in der Darmflora vor. Pathogene Stämme sind häufig für Infektionen im Verdauungstrakt und in den Harnwegen verantwortlich.
5 Millionen Todesfälle pro Jahr mit Antibiotikaresistenzen verbunden
Barrett weist darauf hin, dass Antibiotikaresistenzen ein wachsendes Problem darstellen, da resistente Bakterien, die oft auch als „Superkeime“ bezeichnet werden, nicht mehr durch Antibiotika abgetötet werden können. Solche Bakterien können für Menschen sehr gefährlich werden.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts werden bereits heute rund fünf Millionen Todesfälle weltweit pro Jahr mit Antibiotikaresistenzen assoziiert. „Ich denke, unsere Ergebnisse zeigen, dass es dringend notwendig ist, dass die Regulierungsbehörden in Kanada die Verwendung von Triclosan neu bewerten“, resümiert Barrett.
Triclosan in Deutschland
Die Untersuchung wurde in Kanada durchgeführt. Die Ergebnisse lassen sich nicht zwangsweise eins zu eins auf Deutschland übertragen. Dennoch ist auch hierzulande die Verwendung von Triclosan in zahlreichen Haushaltsprodukten zugelassen. Viele Unternehmen versuchen bereits, den Anteil zu verringern.
Die Verbraucherzentrale rät dazu, beim Kauf von Pflegeprodukten darauf zu achten, dass kein Triclosan enthalten ist. Wer sicher gehen möchte, sollte Naturpflegeprodukte verwenden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Holly Barrett, Jianxian Sun, Yufeng Gong, et al.: Triclosan is the Predominant Antibacterial Compound in Ontario Sewage Sludge; in: Environmental Science & Technology (2022), pubs.acs.org
- University of Toronto: Antibiotic resistance linked to these household products (veröffentlicht: 01.11.2022), eurekalert.org
- Verbraucherzentrale: Triclosan noch immer in abspülbaren Kosmetikprodukten erlaubt (veröffentlicht: 19.06.2022), verbraucherzentrale.de
- RKI: The burden of antimicrobial resistance in G7 countries and globally (PDF, veröffentlicht: 27.06.2022), rki.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.