Sommerzeit ist Zeckenzeit. Der gemeine Holzbock ist zwar schon ab sieben Grad aktiv, je wärmer aber umso besser. Außerdem laufen, wenn die Sonne brennt, mehr Menschen ohne Socken durch das Gras und bieten dem Blutsauger reiche Beute.
FSME und Borreliose: Schon jetzt drohen Krankheiten durch Zeckenbisse, nicht erst im Hochsommer.
Im Holz und Gebüsch
Zecken, die auch Menschen befallen, sind in Deutschland die Taubenzecke, die Auwaldzecke, die Igelzecke, die Schafzecke – vor allem aber der gemeine Holzbock. Er saugt sich nicht nur häufig an Menschen fest, sondern überträgt auch gefährliche Krankheiten.
Der gemeine Holzbock verbringt die kalte Jahreszeit am liebsten zwischen Holz oder im Gestrüpp. Wer im Frühling also den Garten “ausmistet”, den Kompost umschichtet oder den Reisighaufen verbrennt, setzt sich einem erhöhten Risiko aus, dass ihn diese Zecken stechen.
In der Natur liebt der Holzbock bodennahe Pflanzen am Wald und in Waldnähe, seltener im baumlosen Grasland. Wir wiegen uns aber in falscher Sicherheit, wenn wir ihn nur im Wald vermuten. Er ist, soweit sich das von einem Spinnenverwandten sagen lässt, ebenso ein Kulturfolger wie die Amsel und lauert im Kleingarten ebenso wie in der Wildnis.
Frühsommer-Meningoenzephalitis
Die Stiche des Holzbocks sind besonders riskant, weil er die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)überträgt.
FSME ist zwar oft unproblematisch und verläuft dann ähnlich wie ein grippaler Infekt, kann aber auch das Rückenmark schädigen, zu Lähmungen und sogar zum Tod führen. Allerdings sind FSME-Infektionen durch den Holzbock sehr selten.
Gegen FSME gibt es eine Impfung. Die empfiehlt sich für Risikogruppen: Förster, Waldarbeiter, Landwirte und generell Menschen, die in einem Risikogebiet leben. Eine dreimalige Impfung zieht sich über ein Jahr hin und schützt zu 99%.
Warmfeuchte Regionen in Bayern, Baden-Würtemberg und Österreich bieten dem Holzbock ein besseres Terrain als Norddeutschland; deshalb ist dort das Risiko höher.
Die schwere Form von FSME ist nicht heilbar, und jeder zweite bis zehnte Betroffene erholt sich nie wieder vollständig davon.
Borreliose
FSME dringt schnell in den Organismus ein und wird oft schon durch kurzen Kontakt mit dem Blutsauger übertragen. Bei Borrelien, Bakterien, die die Borreliose verursachen, sieht das anders aus: Sie befinden sich im Darm des Holzbocks und gelangen erst in den menschlichen Körper, wenn die Zecke sich über Stunden voll gesogen hat.
Bei Borreliose reicht es in der Regel, eine Zecke frühzeitig abzustreifen – im Unterschied zu FSME.
Wenn die ersten Anzeichen auftreten, sollte der Arzt verstärkt Antibiotika einsetzen. In späteren Stadien lässt sich die Krankheit kaum noch eindämmen und führt oft Jahre später zu schweren Gelenkschäden und Nervenstörungen.
Mythen und Fakten
Mythos 1)
Viele Menschen denken, dass ausschließlich der gemeine Holzbock uns mit Borreliose infiziert. Doch nicht nur Zecken tragen gefährliche Borreliose in sich: Bakterielle Erreger auch in Stechmücken.
Mythos 2)
Zecken sitzen auch nicht auf Bäumen und lassen sich wie Fallschirmspringer herunter fallen, sondern die Blutsauger lauern in Bodennähe: Zwischen Gräsern, Laub oder Farnen, im Gebüsch und auf Stauden. Selten krabbeln sie höher als einen Meter. Das ist auch logisch, denn die Warmblüter, an denen sie sich festsaugen, haben selten eine Schulterhöhe, die über einen Meter reicht.
Der gemeine Holzbock hat keine Augen, sondern findet sein Opfer mit dem Hallerśchen Organ und Tasthaaren an den Beinen – er erkennt ausgeatmetes Kohlendioxid, Geruch und Körperwärme. Holzböcke krallen sich in den Füßen, Socken oder Hosen fest.
Mythos 3)
Wer feste Schuhe und lange Hosen trägt, den befallen keine Zecken. Dabei handelt es sich um eine Teilwahrheit. Kleidung, die die Haut bedeckt, schützt tatsächlich gut, weil die Holzböcke sie nicht durchstechen können.
Die Plagegeister krabbeln aber so lange umher, bis sie eine freie und zugleich durchblutete Stelle finden. Wer also im Jogging-Anzug ins Schwitzen kommt, sollte tunlichst darauf achten, ob die Zecken ihren Weg ins Dekolette gefunden haben.
Holzböcke suchen nach Stellen, die warm und feucht sind: Armbeugen, Achseln, Kniekehlen oder der Genitalbereich.
In jedem Fall sollten wir nach einem warmem Tag im Freien gründlich duschen – egal, ob wir Fahrrad fuhren, am Baggersee herum lagen oder im Wald spazierten. Die meisten Zecken spülen wir so ab, bevor sie sich fest beißen konnten. Am Badeteich schützen wir uns, indem wir beim Schwimmen unseren Körper abreiben.
Mythos 4)
FSME betrifft nur die Süddeutschen? Das ist wieder eine Halbwahrheit. Tatsächlich sind die meisten Fälle dieser Hirninfektion durch Zeckenstiche aus Bayern und Baden-Würtemberg bekannt. Doch auch in Nord- und Ostdeutschland findet FSME vereinzelt Opfer.
Das Robert-Koch-Institut informiert über die Risikogebiete.
Die Borreliose kommt zwar im Süden und Osten häufiger vor, grassiert aber auch in Norddeutschland.
Mythos 5)
Zecken lassen sich am besten im Uhrzeigersinn entfernen, wenn sie vorher mit Öl beträufelt wurden.
Öl ist jedoch ungeeignet, denn die Zecke erstickt daran. Wir sollten sie jedoch immer lebend entfernen. Wenn der Holzbock nämlich stirbt, während sein Saugapparat in der Haut steckt, schüttet er oft seinen Darminhalt aus – und damit die Bakterien, die die Borreliose auslösen.
Wir nehmen stattdessen eine Zeckenschlinge, Zeckenzange oder eine Pinzette, zur Not auch Daumen und Zeigefinger, fassen das Tier direkt am Einstich, ziehen vorsichtig, ohne den Holzbock zu zerdrücken. Dann warten wir einen Moment. Meist löst sich die Zecke, wenn wir sie festhalten.
Der Saugstachel der Zecke ist mit Widerhaken bedeckt. Wenn sie partout nicht loslässt, drehen wir sachte hin und her, um die Widerhaken zu lösen. Danach zählen wir: Eine Zecke hat wie eine Spinne acht Beine. Im Idealfall bleibt keines davon in der Haut zurück – die könnte sich sonst infizieren.
Vorsorge
1) Nehmen Sie ein Repellent mit sich. Diese Abwehrmittel erwiesen sich zwar in Tests fast alle als mangelhaft, sind aber besser als gar kein Schutz. Tragen Sie das Repellent auf Kleidung und Haut auf.
2) Tragen Sie lange Hosen, stecken die Beine in die Socken und das Hemd in die Hose.
3) Nehmen Sie zu Ausflügen einen “Zeckenentferner” mit, eine Schlinge, Zange oder Pinzette, außerdem ein Desinfektionsmittel und ein Pflaster für die Stichstelle.
4) Behandeln Sie ihre Hunde und Katzen während der heißen Monate mit einem Anti-Zeckenmittel. Erstens verhindern Sie so, dass ihre Tiere krank werden, zweitens können sich die Holzbockweibchen nicht voll saugen und Eier legen.
Borreliose-Symptome
Ein neuer Test zur schnelleren Früherkennung von Lyme-Borreliose dient dazu, diese gefährliche Krankheit im ersten Stadium zu bekämpfen.
Sie können auch selbst überprüfen, ob der Zeckenstich eine Borreliose übertragen hat. Wenn die Bakterien in die Haut eindringen, kommt es nämlich in 4 von 5 Fällen zur so genannten Wanderröte. Die Haut im die Stichstelle rötet sich, darum entsteht ein ebenfalls rötlich entzündeter Saum, in Form einer “Zielscheibe” oder eines “Auges”, mit dem Stich als “Pupille”.
Oft leiden die Betroffenen auch bereits unter den Beschwerden wie bei einer Grippe, also Kopf- und Gliederschmerzen, dazu Fieber. Wenn Sie solche Symptome entdecken, gehen Sie sofort zum Arzt.
Es gibt keinen Grund, in Panik zu geraten, aber eine gesunde Vorsicht ist angebracht, um Zeckenstiche zu vermeiden. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.