Wie ein Mess-Armband die individuelle Demenz-Therapie unterstützt
Demenzerkrankungen nehmen seit Jahren stetig zu. Nach Angaben des Fraunhofer Instituts sind bereits mehr als 70 Prozent der über 80-jährigen betroffen. Obwohl die Forschung in diesem Bereich auf Hochtouren läuft, ist eine heilende Therapie in nächster Zeit nicht zu erwarten. Ein neues Armband soll jedoch zumindest die Pflege der Betroffenen erleichtern und die Lebensqualität der Patienten verbessern. Das Armband dient als Mess- und Beratungssystem und liefert mit unauffälligen Sensoren fortlaufend tagesformaktuelle Daten, die zur individualisierten Therapie genutzt werden können.
Fraunhofer-Forschende entwickelten gemeinsam mit Partnern das neue Pflege-Armband. Dies könnte derzeit für fast 1,6 Millionen Demenzkranke in Deutschland genutzt werden, die im Laufe der Krankheit zunehmend hilfloser werden und auf Pflege angewiesen sind. Auch immer mehr junge Menschen sind betroffen. Ein Großteil der Erkrankten leidet an der Demenzerkrankung Alzheimer. Die Daten aus dem Armband ermöglichen eine individualisierte Therapie und bessere Betreuung. Außerdem können die so gewonnen Informationen genutzt werden, um effizientere Behandlungen zu entwickeln.
Das Armband ist eine Art Frühwarnsystem
Das Fraunhofer-Institut gibt an, dass derzeit vorhandene Daten aus der Betreuung unstrukturiert und schlecht nutzbar sind. Präventive Maßnahmen können aus Informationsmangel oft nicht rechtzeitig eingeleitet werden. Mit dem Projekt PYRAMID soll dies geändert werden. Ziel des Instituts und dessen Partnern ist es, ein neues Versorgungskonzept zu etablieren, dass die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen verbessert. Außerdem soll so auch eine engere Zusammenarbeit mit dem Pflege- und Arztpersonal realisiert werden.
Die Hightech-Armbanduhr
Das modular erweiterbare Mess- und Beratungssystem in Form einer Armbanduhr misst automatisiert die notwendigen Gesundheits- und Pflegedaten des Demenzpatienten. „Ziel ist es, den Patienten von der Verdachtsdiagnose bis zur klinischen Versorgung über Jahre hinweg unaufdringlich zu begleiten“, erklärt Erik Jung, Physiker am Fraunhofer IZM, in einer Pressemitteilung. Dabei könnten Informationen ständig aktuell gehalten werden, was die Selbstbestimmung der Betroffenen steigere und ihnen eine Chance gebe, möglichst lange in der vertrauten Umgebung bleiben zu können. Mit dem neuen Messsystem ließen sich Verlaufsverschlechterungen rechtzeitig und prognostisch erkennen. Diese Daten könnten dann an das Pflegepersonal oder andere Behandlungsbeteiligte weitergeleitet werden.
Was zeichnet das Armband alles auf?
Die Forscher berichten, dass Vitalparameter wie Herzfrequenz, Körpertemperatur, aber auch die Herzratenvariabilität und der Hautwiderstand gemessen werden. Zusätzlich werden äußere Einflüsse wie Außentemperatur, Helligkeit und Lautstärke aufgezeichnet. Ebenfalls werden die Bewegungsmuster der Patienten festgehalten. Bewegt sich ein Demenzerkrankter beispielsweise kaum noch oder verlässt seine Wohnung nicht mehr, kann dies auf eine Verschlechterung hindeuten.
Angehörige sollen in das Konzept mit einbezogen werden
Neben den Daten, die von dem Armband gesammelt werden, sollen regelmäßig ausgefüllte Fragebögen der Angehörigen ausgewertet und in die Diagnose einbezogen werden. Die gesammelten Daten werden dann unter Berücksichtigung aktueller Datenschutzrichtlinien an ein Dokumentationssystem übermittelt und können von dort aus, beispielsweise über eine App, an die gewünschten Empfänger weitergeleitet werden.
Kleines technisches Meisterwerk
Das komplette Messsystem ist unauffällig in dem Armband integriert. Es enthält einen Microcontroller, der die Daten erfasst, ein Bluetoothmodul, ein Akku, eine USB-Schnittstelle sowie eine NFC-Antenne, die auch als automatischer Türöffner genutzt werden kann. Konzept- und Designstudien sind bereits abgeschlossen. Derzeit befindet sich ein Prototyp zu Demonstrationszwecken im Bau. „Wir sind zuversichtlich, mit dem Messsystem die Patientenversorgung zu erhöhen, die Zusammenarbeit aller Beteiligten zu verbessern und Notfallsituationen wie Stürze schneller zu erkennen“, resümiert Erik Jung. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.