Dixion in Bioeier: Futtermittel war nicht kontaminiert
09.04.2012
Mit Hochdruck suchen Behörden nach den Ursachen der Dioxin-Belastungen in Bioeiern von Erzeugern aus Nordrhein-Westfalen. Wie das Gift in die Eier gelangt ist, ist noch immer gänzlich unklar. Fest steht: Das Futtermittel war nicht schuld, das haben weitere Testergebnisse bewiesen.
Futtermittel bislang keine Ursprungsquelle für die Verseuchung
Die Suche nach den Ursachen der Dioxin-Funde in Hühnereiern aus Nordrhein-Westfalen geht weiter. Oftmals ist verseuchtes Futtermittel für die Kontaminierung verantwortlich. Doch diese Option wird nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums immer unwahrscheinlicher. Labortechniker untersuchten bis heute weitere Futterproben der gesperrten Eierproduzenten in Ostwestfalen sowie zwei kleinerer Duisburger Höfe. Nachdem erste Proben bereits negativ ausfielen, konnten auch weitere Analysen keine Grenzwertverletzungen in dem Hühnerfutter ermittelt werden, wie ein Sprecher des Ministeriums berichtet.
Wasser und Böden werden untersucht
Im Fokus der Ermittler des Chemischen Veterinär- und Untersuchungsamtes in Duisburg stehen nun Böden und Wasser. Experten der Behörde haben am Wochenende Proben der Bodenbeläge, Erde und der Wasseranlage entnommen. Zudem wurden weitere Eier für Untersuchungszwecke mitgenommen. Das Untersuchungsamt prüft auch, ob die Betriebe sowie die zuständigen Privatlabore ihren Meldeverpflichtungen nachgekommen sind oder ob Meldeverstöße vorliegen. Es könnten bereits im Vorfeld verseuchte Eier ausgeliefert worden sein, so der Verdacht.
Dioxin-Funde bereits seit Mitte März bekannt
Behörden hatten schon Mitte März bei einer Routinekontrolle den Dioxin-ähnlichen chemischen Stoff PCB (Polychlorierte Biphenyle) in Eiern eines Bio-Großbetriebes in Nordrhein-Westfalen entdeckt. Laut einer Mitteilung des nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministeriums produzieren die Legehennen des Biohofs täglich rund 25.000 Eier. Die Bioeier werden vordergründig an Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte versandt. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind Eier in den Handel gelangt, weshalb Gesundheitsbehörden vor dem Verzehr der Eier mit der Stempelnummer 0-DE-0521041 warnen. Verbraucher, die Eier in ihrem Kühlschrank mit angegebenen Kennzeichen noch lagern, sollten diese „nicht verzehren, sondern umgehend entsorgen“, so ein Sprecher der Gesundheitsbehörden. Dioxin besitzt im menschlichen Körper eine hohe Halbwertszeit, weil sich der Giftstoff in den Fettzellen anlagert. Als Langzeitfolge können Krebserkrankungen und neurologische Schäden entstehen. Zwar seien ermittelte Werte über dem Grenzwert, von einer akuten Gefahr für die Bevölkerung gehen die Ämter derzeit nicht aus. Andere Experten gehen grundsätzlich von einem relativen Gesundheitsrisiko durch Dioxin-Eier aus.
Auch zwei weitere Kleinbetriebe betroffen
Mit Besorgnis mussten die Behörden feststellen, dass auch zwei weitere Höfe betroffen sind. Tester hatten in einem Biohof sowie in einem Lern- und Kinderhof ebenfalls erhöhte Dioxin-Belastungen in den Eiern festgestellt. Die zulässigen Grenzwerte wurden um das vierfache überschritten, wie ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums bereits am Donnerstag mitteilte. Die Stadtverwaltung Duisburg spricht hingegen von einer doppelten Überschreitung des Grenzwerts. Das Ministerium hatte die Stadt scharf kritisiert, weil die Höfe nicht sofort nach dem Erstfund gesperrt wurden.
Fehler der Etikettierung führte zur Auslieferung weiterer Eier
Erst waren Verbraucherschützer davon ausgegangen, dass die Eier zuletzt am 7. März ausgeliefert wurden und damit längst in den Handel gelangt sind. Das Unternehmen hatte mitgeteilt, dass die angegebene Zeit das letzte Herstellungsdatum sei. Wenig später musste der Betrieb allerdings einräumen, dass auch danach durch einen Fehler der Etikettierung belastete Eier ausgeliefert wurden. Das bedeutet, etliche Verbraucher haben mit nunmehr mit großer Wahrscheinlichkeit verseuchte Eier konsumiert.
Vor einigen Tagen teilte auch ein Betrieb aus Euskirchen mit, verseuchte Eier gelagert zu haben. Der Betrieb hatte Euer aus dem Großbetrieb in Ostwestfalen-Lippe bezogen. Entgegen bisherigen offiziellen Mitteilungen könnten die Eier auch das Mindesthaltbarkeitsdatum „8.April“ tragen, wie ein Sprecher des Eierhofs „Hennes GmbH“ mitteilte. Bislang wurde immer vor Eiern mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum „31.März“ gewarnt. Nach der Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland–Emscher–Lippe (CVUA) konnten in den drei Eier-Proben des konventionell betriebenen Hof-Bereiches "keine Höchstwertüberschreitungen dioxinähnlicher PCB (Polychlorierte Biphenyle) festgestellt werden". Zwar weisen die Eier Belastungen auf, die seien aber "typisch ist für Hühnereier mit ubiquitärer Hintergrundbelastung". Zudem konnte das in den "belasteten Eierproben bereits festgestellte charakteristische Dioxin- und PCB-Profil in den neuen Proben nicht nachgewiesen werden".
Alle Betriebe bis auf weiteres gesperrt
Die betroffenen Betriebe wurden alle gesperrt und dürfen bis auf weiteres keine Eier mehr ausliefern. Bis der Grund für die Grenzüberschreitungen gefunden ist, dürfen die Höfe nicht mehr für den Vertrieb geöffnet werden. Ein Zusammenhang zwischen den drei Betrieben konnte bislang nicht ermittelt werden. Auch äußere Einflüsse wie Umweltbelastungen durch benachbarte Industrien werden überprüft.
Unterdessen hat sich der NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel gegen eine "Aufweichung der Dioxin-Höchstwerte" ausgesprochen. "Dioxin und andere Schadstoffe haben in Lebensmitteln nichts zu suchen", so der Minister. Es sei daher die Pflicht der Hersteller, die Schadstoffbelastungen zu minimieren. Zudem sei es nicht die Aufgabe der Politiker, "die Grenzwerte so zu gestalten, wie es bestimmte Lobbygruppen gerne hätten", kritisierte Remmel. Der Minister fordert daher von der Lebens- und Nahrungsmittelbranche größere Anstrengungen im Kampf gegen Dioxin-Belastung. "Die Verbände sollten ihre Kraft darauf konzentrieren, dass Lebensmittel nicht mit Schadstoffen belastet sind – und nicht auf die Aufweichung von Grenzwerten zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher." (sb)
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