Glückshormon Dopamin kontrolliert auch das Furchtgedächtnis
Furcht und Glück scheinen so gegensätzlich wie Tag und Nacht. Dennoch haben Forscher kürzlich in einer Studie herausgefunden, dass das Hormon Dopamin, welches bisher nur dafür bekannt war, Glücksgefühle auszulösen, auch dafür sorgt, dass sich bedrohliche Ereignisse im Gehirn stärker einprägen.
In dem Forscherteam waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Neurobiologen des Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien vertreten. Das Glückshormon Dopamin galt bislang in erster Linie als Vermittler von Belohnung und Motivation im Gehirn. Die Wissenschaftler fanden nun heraus, dass es auch eine wesentliche Rolle beim Abspeichern bedrohlicher Ereignisse spielt. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in dem Fachjournal „Nature Neuroscience“ publiziert.
Angst als Überlebensstrategie
Als wichtige Emotion haben Angst und Furcht das Überleben der Menschheit und auch das vieler Tiere gesichert. Wie Angst genau entsteht, gilt immer noch als nicht ausreichend verstanden. Die Forscher der jüngsten Studie sind der Entschlüsselung des Rätsels nun einen Schritt näher gekommen. Für Mensch und Tier ist es lebenswichtig, sich bedrohliche Ereignisse einzuprägen, damit sich diese möglichst nicht wiederholen. Der zuständige Bereich hierfür ist das Furchtgedächtnis.
Erinnerungen an Angst und Schrecken
Im Furchtgedächtnis werden Gerüche oder Geräusche gespeichert, die wir mit dem Wiederauftreten gefährlicher Situationen in Verbindung bringen. Dies könnten beispielsweise Geräusche eines nahenden Kampfes sein oder Gerüche von giftigem Essen. Auf diese Weise können wir entsprechend auf die Situation reagieren, um die Gefahr zu vermeiden oder uns darauf vorzubereiten.
Glück und Furcht Hand in Hand
Für den Menschen stellt die Unterscheidung von gefährlichen und ungefährlichen Umgebungssignalen eine überlebenswichtige Rolle dar. Das Team um den Neurobiologen Dr. Wulf Haubensak ging der Frage nach, welche körperlichen Prozesse dazu beitragen, dass wir dieses Furchtgedächtnis aufbauen und abrufen können. Ausgerechnet das Glücks- und Motivationshormon Dopamin scheint eine zentrale Rolle bei diesen Prozessen zu spielen.
Eine neue Klasse von Dopamin-Neuronen entdeckt
Die Wissenschaftler haben ihre Erkenntnisse bei Versuchen an Mäusen gewonnen. Diesen spielten sie einen bestimmten Ton als Umgebungsreiz vor. Danach erhielten sie einen milden Stromstoß in den Fuß. Mithilfe modernster High-Tech-Methoden konnten die Wissenschaftler die Mäuserhirne überwachen und identifizierten eine neue Klasse von Dopamin-Neuronen in der Mittelhirn-Region. Diese wurde immer dann aktiviert, wenn die Mäuse lernten, den Zusammenhang zwischen Ton und Fußschock im Furchtgedächtnis abzuspeichern.
Emotionales Lernen
Durch die Aktivierung der Neuronen wurde auch Dopamin in Gehirn freigesetzt. Und Zwar genau dort, wo sich die Zentrale für emotionales Lernen im Säugetiergehirn befindet, der sogenannten Amygdala. Dies führte laut den Forschern zu einer besonders effektive Abspeicherung des nun als bedrohlich empfundenen Tons im Langzeitgedächtnis. Das Dopamin viel mehr als nur der Botenstoff des Glücks ist, wurde bereits schon in vergangenden Studien erkannt. Diese Funktionsweisen sind aber bislang medizinisches Neuland.
Dopamin noch wichtiger, als bisher vermutet
„Diese Ergebnisse werfen ein ganz neues Licht auf Dopamin-Neuronen, die bisher nur als Signalgeber für Belohnung und Motivation angesehen wurden“, erläutert Dr. Florian Grössl, der Erstautor der Publikation, in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen. Die Studie identifiziere ein bislang unbekanntes neuronales Netzwerk, bestehend aus Dopamin-Neuronen und Nervenzellen der Amygdala, das für die Auswertung von Emotionen essenziell sei. Laut Grössl filtert Dopamin die überlebenswichtigen Umgebungsreize heraus und speichert sie im Gedächtnis ab.
Von Mäusen zu Menschen?
Die Forscher berichten, dass beim Menschen die Dopamin-Neuronen in gleicher Weise mit der Amygdala verbunden sind wie bei Mäusen. Die Wissenschaftler gehen fest davon aus, dass auch beim Menschen diese Prozesse über das Dopamin gesteuert werden. Dies könnte eine bahnbrechende Erkenntnis für die Behandlung psychischer Störungen wie beispielsweise der posttraumatischen Belastungsstörung oder krankhafter Angst sein. Zukünftige Untersuchungen sollen nun zeigen, ob sich eine Behandlung mit Dopamin-ähnlichen Medikamenten als Therapie solcher Erkrankungen eignet. (vb)
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