Parodontitis schädigt nicht nur die Zähne, sondern kann auch lebensgefährliche Erkrankungen verursachen. Die erfolgreiche Behandlung schützt Zähne und Zahnfleisch und senkt zudem das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, wie eine aktuelle Studie zeigt. Wie man Parodontitis vorbeugen kann und was im Falle einer akuten Entzündung am besten hilft, erläutert Zahnarzt Stephan Pratsch, Parodontitis-Experte des Carree Dental in Köln.
Herr Pratsch, wodurch entsteht Parodontitis?
Zahnarzt Stephan Pratsch: Werden die Zähne schlecht geputzt, so vermehren sich die Bakterien im Mundraum explosionsartig und es kann zu Parodontitis kommen. Im Gegensatz zur Zahnfleischentzündung, der Gingivitis, ist der gesamte Zahnhalteapparat betroffen. Die chronische Entzündung des Zahnbetts lässt das Zahnfleisch über die Jahre zurückgehen und schadet langfristig dem gesamten Zahnhalteapparat inklusive Kieferknochen.
Welche gesundheitlichen Folgen sind noch möglich?
Über die Entzündungsherde im Zahnfleisch können die Keime in die Blutbahn gelangen und so unter anderem Diabetes, Gefäßverkalkungen und Herzinfarkte verursachen. Erwiesenermaßen leiden Menschen mit Parodontitis besonders häufig an Bluthochdruck. Dieser lässt sich durch eine erfolgreiche Parodontitis-Behandlung senken, wie eine aktuelle Studie deutscher Bluthochdruckforscher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein belegt.
Gibt es neben mangelhafter Zahnpflege weitere Risikofaktoren?
Neben unzureichender Zahnpflege sind Stress, Nikotin, Vitaminmangel und Stoffwechselerkrankungen wie etwa Diabetes weitere Risikofaktoren für eine chronische Entzündung des Zahnbetts.
Ist jedes Alter betroffen?
Nein, betroffen sind fast ausschließlich Menschen über 35. Man schätzt, dass etwa drei von vier Erwachsenen im Laufe ihres Lebens an Parodontitis leiden – häufig ohne es zunächst zu wissen.
Spielen die Gene eine Rolle?
Fest steht, dass eine Veranlagung dazu vererbt werden kann.
Was sind die typischen Symptome?
Stephan Pratsch: Anfangs macht sich die Entzündung durch Rötungen und Schwellungen des Zahnfleischs bemerkbar. Ein weiteres Alarmzeichen ist blutendes Zahnfleisch beim Zähneputzen. Dies spricht fast immer für eine Entzündung des Zahnbetts, also eine Parodontitis.
Was macht der Zahnarzt?
Stephan Pratsch: Bei einer Parodontitis entfernt der Zahnarzt zunächst die schädlichen Zahnbeläge (Plaque) und reinigt dann die Zahnfleischtaschen. Diese sind bei einer solchen Erkrankung typischerweise tiefer als üblich, und bieten somit Bakterien viel Raum, um sich ungestört zu vermehren. Deshalb müssen sie konsequent gereinigt und von Bakterien befreit werden.
Wie werden die Bakterien entfernt?
Stephan Pratsch: Gängige Praxis ist es, die Ablagerungen in den Taschen mit speziellen Werkzeugen manuell wegzukratzen. Eine Methode, die vom Zahnarzt erhebliche Kraftanstrengungen erfordert und Patienten oft als sehr unangenehm empfinden. Zudem werden bei diesem Eingriff nicht selten auch gesunde Teile der Wurzeloberfläche geschädigt und das Zahnfleisch verletzt.
Geht es auch schonender?
Weitaus angenehmer für beide Seiten präsentiert sich die Ultraschall-Curettage. Dieses äußerst schonende Verfahren erspart dem Patienten in vielen Fällen einen operativen Eingriff. Außerdem lassen sich die Beläge in den Taschen auch per Laser entfernen. Die Kosten dafür werden allerdings von der Kasse nicht übernommen. Begleitend können Antibiotika und desinfizierende Mundspülungen eine erneute Infektion verhindern.
Wie kann ich mich schützen?
Ein grundsätzliches Problem liegt in der frühzeitigen Diagnose: Durch ihren langsamen und anfangs schmerzlosen Verlauf bleibt die Parodontitis meist unauffällig und wird daher oft erst sehr spät erkannt – insbesondere wenn die Patienten nicht regelmäßig zur Vorsorge kommen. Wichtig zur Prävention ist zudem die gründliche Zahnpflege. Dabei die schwer zugänglichen Backenzähne besonders gründlich mit Zahnbürste, Zahnseide und Zahnzwischenraumbürsten reinigen. Denn hier sammelt sich erfahrungsgemäß viel Plaque an. (pm)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.