Warum Menschen morgens ehrlicher als abends sind
01.11.2013
Ehrlichkeit und Moral sind von der Tageszeit abhängig. Das ergab eine Studie von zwei US-amerikanischen Forschern. Für ihre Untersuchungen wurden Studenten vor vier Aufgabe gestellt, für die sie jeweils mehr Geld erhielten, wenn sie dabei schummelten. Wie sich herausstellte, hatten die Probanden damit morgens deutlich größere moralische Bedenken als am Abend. Somit scheint sich im Laufe des Tages neben Ermüdungserscheinungen bezüglich der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit auch ein Nachlassen des Moralempfindens zu zeigen.
Morgen siegt die Ehrlichkeit häufiger über das Schummeln als nachmittags
Die meisten Studenten sind froh, wenn ihr Prüfungstermin nicht am frühen morgen stattfindet. Denn die Prüfer sind am Nachmittag müder und deshalb weniger kritisch und insgesamt milder gestimmt. Diesem Phänomen gingen jüngst die US-amerikanischen Wissenschaftler Maryam Kouchaki von der Harvard University und Isaac Smith von der University of Utah auf den Grund. „Sind Menschen morgens moralischer als nachmittags?“, fragten sich die Forscher. Im Rahmen ihrer Studie fanden die Psychologen heraus, dass diese Frage eindeutig mit „Ja“ zu beantworten ist, denn Menschen sind morgens ehrlicher als nachmittags.
Dem sogenannten „Morning Morality Effect“ kamen die Forscher auf die Spur, indem sie vier Experimente mit Studenten durchführten. Dabei hatten die Probanden jeweils die Möglichkeit, umso mehr Geld zu verdienen, je mehr sie dabei schummelten. Die Hälfte der Probanden wurde morgen zwischen acht und zwölf Uhr getestet, die andere Hälfte führte die Experimente in der Zeit von 15 und 18 Uhr durch. Das Ergebnis war eindeutig: Die Studenten, die die Aufgaben nachmittags erledigten, schummelten deutlich häufiger als die Gruppe, die am Morgen tätig war.
„Dieser „Morning Morality Effect“ wurde durch die Abnahme des moralischen Bewusstseins und der Selbstkontrolle am Nachmittag herbeigeführt“, erläutern die Forscher im Fachjournal „Psychological Science“.
Zu den Experimenten gehörte auch ein Wortergänzungstest, in dem die Probanden Wortteile wie „_ _ ral" zu vollständigen Wörtern ergänzen sollten. Auch daran konnten die Forscher ablesen, wie weit es bei den einzelnen Versuchsteilnehmern um die Moral bestellt war. Denn je häufiger Wörter wie Moral, Ethik und Ehrlichkeit gebildet wurden, desto größer sind die moralischen Bedenken zu schummeln. Dieser Versuch bestätigte die Ergebnisse der anderen Experimente: Morgens bildeten die Studenten viel häufiger Wörter aus dem Themenbereich Moral als nachmittags.
Im Laufe des Tages schwindet die Selbstdisziplin und somit die Moral
Die Psychologen erklären sich den „Morning Morality Effect“ durch das Schwinden der Selbstdisziplin im Laufe des Tages. Selbstbeherrschung ist nicht unerschöpflich und wird mit jeder Stunde weniger. Das haben verschiedene Studien gezeigt. Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit für unehrliches Verhalten. "Um so später es wird, um so schwieriger wird es auch, eigene Moral- und Wertevorstellungen einzuhalten."
Wie die Forscher weiter schreiben „zeigte sich der Effekt der Tageszeit auf unethisches Verhalten stärker bei Menschen mit einer geringeren Neigung dazu, die Moral auszuschalten. Diese Erkenntnisse markieren einen einfachen, aber allgegenwärtigen Faktor (d.h. die Tageszeit), der einen wesentlichen Einfluss auf moralisches Verhalten hat“. (ag)
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