Großes Gehirn belastet Immunsystem und macht leichter krank
Eine neue Studie österreichischer und schwedischer Forscher legt nahe, dass ein großes Gehirn enorm viel Energie kostet und deshalb das Immunsystem schwächt. Ist der Preis für Klugheit also eine schlechtere Gesundheit?
Macht ein großes Gehirn schlau?
Zwar ging man lange davon aus, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Gehirngröße und der intellektuellen Leistung gibt, doch Wissenschaftlern zufolge wird dieser bis dato überschätzt. So berichteten Forscher vom Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien im vergangenen Jahr im Fachmagazin „Neuroscience and Biobehaviorial Reviews“, dass eine Metaanalyse von 88 Studien mit über 8.000 Testpersonen zeigte, dass es offenbar nur einen schwachen Zusammenhang zwischen Gehirngröße und Intelligenzquotient (IQ) gibt. Ein großes Gehirn muss also nicht unbedingt schlau machen. Möglicherweise macht es aber leichter krank, wie der österreichische Biologe Alexander Kotrschal nun mit Kollegen heraus gefunden hat.
Größeres Organ braucht mehr Energie
Dies deshalb, weil es mehr Energie verbraucht als ein kleines Denkorgan, die offensichtlich dem angeborenen Immunsystem fehlt, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur APA haben die Wissenschaftler die Effizienz des Immunsystems bei Guppys mit großen und kleinen Hirnen verglichen, indem sie diesen beliebten Aquariumfischen gegenseitig Schuppen mit der dazugehörigen Schleimschicht und Pigmentzellen transplantierten und danach die Abstoßungsreaktionen beobachteten. Den Forschern zufolge haben sowohl Gehirn als auch Immunsystem einen hohen Energiebedarf. Der hohe Verbrauch eines im Verhältnis zum Körper großen Hirns könnte dazu führen, dass das Immunsystem auf Sparflamme laufen muss.
Stärkere Abstoßungsreaktion des Immunsystems
Bei den Zierfischen mit kleinem Hirn war die Abstoßungsreaktion des angeborenen Immunsystems, das bereits beim ersten Aufeinandertreffen mit Eindringlingen und Fremdkörpern reagiert, stärker als bei großhirnigen Fischen, so die Wissenschaftler. „Das Gewebe um die transplantierten Schuppen ist erst ein wenig angeschwollen, dann ist die Schleimschicht trüb geworden und schließlich sind die Pigmentzellen der transplantierten Schuppe vom Immunsystem des Empfängers verdaut worden und verschwunden“, sagte Kotrschal, der am Department of Zoology der Universität Stockholm (Schweden) und dem Konrad Lorenz Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien arbeitet, gegenüber der APA. Wie er berichtete, sei nach etwas über einer Woche alles Fremdmaterial bis auf die eigentliche Schuppe „verdaut“ und mit Eigenmaterial überwachsen gewesen. „Die fremde Schuppe bleibt dann permanent ein Teil des Empfängers“, so Kotrschal.
Klugheit hat ihren Preis
Die Wissenschaftler führten drei Wochen nach der ersten Transplantation eine weitere durch, um zu beobachten, ob auch das spezifische (erworbene) Immunsystem, das sich das Aussehen von Fremdkörpern merken kann und sie beim nächsten Aufeinandertreffen rasch und effektiv bekämpft, in Fischen mit kleinen und großen Gehirnen unterschiedlich heftig reagiert. Sie stellten fest, dass dem nicht so war. Den Forschern zufolge zeigen diese Resultate, dass eine Investition in die Entwicklung eines größeren Hirns zu Lasten des angeborenen, aber nicht des erworbenen Immunsystems geht. Sie erklärten: „Schlaue Fische zahlen also offensichtlich für ihre Klugheit mit einem minderwertigeren Immunsystem.“ (ad)
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