Vor allem junge Menschen sind von der Internetsucht betroffen
27.09.2011
Laut einer Studie der Universitäten Lübeck und Greifswald sind über eine halbe Millionen Menschen in Deutschland süchtig nach dem Internet. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmans (FDP) kündigte in diesem Zusammenhang an, zukünftig einen Arbeitsschwerpunkt für diese Thematik zu setzen. Denn insbesondere Kinder und Jugendliche verbringen übermäßig viel Zeit vor dem PC-Bildschirm, um Onlinespiele zu spielen oder die Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen. Vielfach werden reale Freundschaften durch virtuelle Bekanntschaften ersetzt. Ist das Internet schuld oder die äußeren Umstände?
Laut der Studienergebnisse verbringen rund 560.000 Deutsche soviel Zeit in virtuellen Welten, so dass Wissenschaftler hierbei von einer Internetsucht sprechen. Die Online-Sucht ähnelt einer Drogensucht und nehme bereits Ausmaße an, die man zahlenmäßig mit der Cannabis-sucht vergleichen kann. Vielfach vernachlässigen die Betroffenen ihre sozialen Kontakte, gehen kaum noch zur Arbeit oder schwänzen die Schule. Die Internetsüchtigen verbringen die meiste Zeit des Tages in virtuellen Welten. Wird ihnen ein Internetzugang verwehrt, zeigen sich massive Entzugserscheinungen wie Depressionen, Ängste, Aggressionen oder innere Unruhe.
Große Sorgen bereiten den Forschern die Ergebnisse bei den Jugendlichen zwischen 14- und 24 Lebensjahren. Bereits 2,4 Prozent dieser Altersgruppe werden als Online süchtig eingestuft. Um so jünger die Probanden waren, um so gravierender zeigte sich die Abhängigkeit zum Internet. In der Altersstufe der 14- bis 16jährigen waren laut Angaben der Studienautoren bereits über 4 Prozent internetsüchtig.
Während in der Altersgruppe der Erwachsenen vor allem Männer eine Internetsucht zeigten, waren es bei den Kindern und Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren die Mädchen, die unter den Süchtigen die Mehrheit stellten. Die Wissenschaftler vermuten, dass hierbei das exzessive Nutzen von Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Schüler VZ eine ausschlaggebende Rolle spiele. Bei Jungen trugen überwiegend Onlinespiele zur Sucht bei.
Intenetsucht ist ein Symptom
Die therapeutischen Möglichkeiten scheinen allerdings begrenzt zu sein. Während Suchttherapien vor allem auf die totale Abstinenz abzielen, scheint dies bei der Internetsucht in Zeiten der digitalen Welt kaum möglich zu sein. Ob in der Schule oder am Arbeitsplatz, das Internet wird überall intensiv eingesetzt. Perspektivisch werden Therapien daraufhin arbeiten, ein normales Verhältnis zwischen der virtuellen und realen Welt zu schaffen, erklärte Bernd Müller, Psychotherapeut aus Langenhagen. „Wichtig ist das Selbstwertgefühl der Betroffenen zu stärken“. Denn viele der Betroffenen finden im Internet Zuspruch, der ihnen in der Offline-Welt verwehrt wird. So können sich vor allem Jugendliche in die Internetwelt flüchten, die anderswo nur Spott und Mobbing erfahren. Demnach muss die Therapie am Kern und nicht am Symptom ansetzen, sagt der Therapeut. Denn das Internet selbst mache nicht abhängig. Vielmehr sind es die äußeren Umstände, die zu exzessiven Internetkonsum führen. (gr)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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